Rheinland-PfalzSalafist soll Bombenbauer (13) betreut haben
Ein Deutsch-Iraker (13), der 2016 einen Nagelbombenanschlag verüben wollte, wurde offenbar wochenlang von einem islamistischen Extremisten betreut.
Im deutschen Bundesland Rheinland-Pfalz kam es bei der Betreuung eines minderjährigen IS-Anhängers zu einer folgenschweren Panne: Um den heute 13 Jahre alten Deutsch-Iraker, der Ende 2016 auf einem Weihnachtsmarkt in Ludwigshafen eine Nagelbombe zünden wollte, kümmerte sich offenbar über Wochen ein Psychologe, der selbst der salafistischen Szene angehört.
Wie der Sender SWR berichtet, lebt der Jugendliche an einem der Öffentlichkeit unbekannten Ort, wo er rund um die Uhr betreut wird. Einer seiner Betreuer war demnach ein 30-jähriger Psychologe aus Baden-Württemberg, der auf Facebook Salafisten-Videos und anti-israelisches Material teilt, eine vom Verfassungsschutz beobachtete Moschee in Mannheim besucht und in der Vergangenheit an der in Deutschland inzwischen verbotenen Koran-Verteilaktion «Lies» teilnahm. Seinem Schützling soll der Betreuer auch Koran-Unterricht erteilt und mit ihm gebetet haben.
Sechs Wochen Kontakt
Aufgefallen waren die Aktivitäten des Mannes bei einer Sicherheits- und Zuverlässigkeitsüberprüfung des Landeskriminalamtes. Laut SWR sind solche Sicherheitsüberprüfungen nicht gesetzlich vorgeschrieben, wurden im Fall des 13-Jährigen von den Behörden aber für alle Betreuer veranlasst. Weil der Psychologe kurzfristig rekrutiert wurde, lagen die Ergebnisse seiner Überprüfung erst vor, als er schon sechs Wochen Kontakt zu dem Buben gehabt hatte.
Dabei kamen Erkenntnisse ans Licht, «die den Verdacht begründeten, dass eine Nähe zu islamistischen Kreisen bestehen könnte», zitiert der SWR das rheinland-pfälzische Jugendministerium. Der Psychologe sei darauf noch am gleichen Tag aus dem Betreuungsteam abgezogen worden. Gearbeitet hatte der Mann für einen sogenannten freien Jugendhilfeträger, also für eine private Einrichtung, die das Jugendamt Ludwigshafen mit der Betreuung des straffällig gewordenen Teenagers betraut hatte.
Kontrollen im Kanton Zürich
Das Jugendministerium wollte gegenüber 20 Minuten keine Stellung beziehen, hat aber laut SWR in diesem Fall inzwischen Konsequenzen gezogen: Bei Neueinstellungen in der Betreuung des 13-Jährigen sollen die Sicherheitsüberprüfungen künftig stattfinden, bevor der Mitarbeiter seine Arbeit aufnimmt.
Wie «Die Rheinpfalz» schreibt, hatte der Psychologe nach Einschätzung des Ludwigshafener Jugendamtes keinen entscheidenden Einfluss auf den Buben. Der 13-Jährige habe den Mann als «Weichei» bezeichnet, ihn also nicht ernst genommen.
In der Schweiz ist die Betreuung straffällig gewordener Jugendlicher kantonal unterschiedlich geregelt. Im Kanton Zürich etwa sind Kontrollen üblich. «Sämtliche Mitarbeitende der Jugendstrafrechtspflege des Kantons Zürich werden vor Stellenantritt einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen», sagt Sarah Reimann von der Oberjugendanwaltschaft zu 20 Minuten. Für externe Betreuungspersonen werde ein guter Leumund vorausgesetzt. Die gleichen Regelungen gelten auch, wenn ein privater Träger staatliche Aufgaben übernimmt, wie das in Rheinland-Pfalz der Fall war.
Der SWR über die Betreuungs-Panne.