Tag der ArbeitTränengas und Wasserwerfer am 1. Mai
Tausende von Menschen haben am Sonntag demonstriert. Nicht überall ist der Tag der Arbeit friedlich verlaufen.
Nicht nur in der Schweiz, auch in vielen anderen Teilen der Welt gingen am sonntäglichen Tag der Arbeit Tausende von Menschen auf die Strasse. In einigen Städten kam es dabei zu Auseinandersetzungen mit den Beamten.
In Berlin und Hamburg nahm die Polizei Demonstranten fest, die Beamte mit Steinen und Flaschen beworfen hatten. Die Hamburger Polizei berichtete von einem «massiven Bewurf» der Einsatzkräfte, sie setzte Wasserwerfer ein, um einen Demonstrationszug aufzulösen. Es seien gefährliche selbstgebastelte Sprengkörper aus Böllern und Spraydosen sichergestellt worden, teilte sie mit.
Auch bei der alljährlichen linken Demonstration in Berlin-Kreuzberg wurden Polizisten beworfen. Es habe zwei Festnahmen gegeben, wie ein Polizeisprecher sagte. Die Lage sei abgesehen von einzelnen Zwischenfällen aber weitgehend friedlich geblieben.
Fast 25'000 Beamte in Istanbul
In der türkischen Metropole Istanbul wurden in den Vierteln Sisli und Bakirköy Demonstranten mit Tränengas und Wasserwerfern auseinandergetrieben. An dem für Proteste symbolträchtigen Taksim-Platz im Zentrum der Stadt kam es zu Handgemengen, als Beamte dort eine Kundgebung verhindern wollten. Dort waren am 1. Mai 1977 bei Protesten 34 Menschen getötet worden. Ein 57-jähriger Passant wurde am Sonntag von einem Wasserwerfer überfahren und tödlich verletzt, als er am Rande der Auseinandersetzungen eine Strasse überqueren wollte. In Sozialnetzwerken kam es zu wütenden Kommentaren, Ermittlungen wurden aufgenommen. Im Rahmen der strengen Sicherheitsvorkehrungen kreisten auch Polizeihelikopter über der Stadt.
In der Grossstadt waren am Sonntag Polizeiangaben zufolge 24'500 Beamte im Einsatz. 207 Personen seien in der ganzen Stadt festgenommen worden. «Niemand hier trägt Waffen oder Bomben», sagte ein Gewerkschaftsmitglied. Die Menschen wollten lediglich ihre Meinung auf die Strasse tragen, doch der Staat hindere sie daran.
Tränengas auch in Paris
Die Spannung im Land war nach den jüngsten Anschlägen, die entweder auf das Konto kurdischer Kämpfer oder der Terrormiliz Islamischer Staat gingen, gross. In der Hauptstadt Ankara nahm die Polizei vier mutmassliche IS-Mitglieder fest, die angeblich Demonstranten einer Mai-Kundgebung angreifen wollten. Im übrigen Land verliefen die Demonstrationen ohne Zwischenfälle. In der osttürkischen Stadt Gaziantep nahe der syrischen Grenze wurden die Kundgebungen nach einem tödlichen Anschlag abgesagt.
Die Mai-Kundgebungen in Frankreich standen ganz im Zeichen der geplanten Arbeitsmarktreform, die in den vergangenen Wochen eine Serie von Streiks und Protesten ausgelöst hatte. Erst am Donnerstag war es dabei auch zu Ausschreitungen gekommen. Am Sonntag blieb es zunächst weitgehend friedlich. In Paris und anderen Städten marschierten Gewerkschaftler und linke Studenten ebenso auf wie Anhänger der rechtsextremen Front National.
Später kam es doch zu Krawallen: Gegen mehrere Vermummte, die auf Sicherheitskräfte losgehen wollten, ging die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern vor. «Jeder hasst die Polizei», rief die Gruppe gewaltbereiter Demonstranten. «Zieht das Arbeitsgesetz zurück», skandierte der grösste Demonstrationszug, der am Pariser Bastille-Platz gestartet war. Am Abend kam es auf der Place de la Nation zu Ausschreitungen. Aus einer Gruppe von mehreren hundert vermummten Demonstranten wurden Einsatzkräfte beworfen, wie die Polizei mitteilte. Ein Polizist und ein Demonstrant seien leicht verletzt worden, 18 Menschen seien festgenommen worden. Am späteren Abend löste sich die Kundgebung auf.
Unterschiedliche Bilder in London und Moskau
Im Stadtzentrum von London demonstrierten Tausende Menschen. Der Chef der Labour-Partei, Jeremy Corbyn, nutzte die Gelegenheit, um den Aufstieg rechtsextremer Gruppen in Europa zu verdammen. Dabei sprach er vom Dach eines roten Londoner Busses aus. Seine Partei hatte sich kürzlich Vorwürfen des Antisemitismus ausgesetzt gesehen.
In Moskau prägten vor allem Regierungsanhänger das Strassenbild. Zehntausende schwenkten russische Flaggen und protestierten für bessere Gehälter und mehr Jobchancen für Junge. Direkte Kritik an Präsident Wladimir Putin gab es nicht. Parallel zu den Kreml-treuen Demonstranten gingen bei kleineren Demonstrationen auch linke Gruppen auf die Strasse. Der 1. Mai fiel in diesem Jahr mit dem auch in Russland gefeierten orthodoxen Osterfest zusammen.
Beamte verhinderten Demo in Ägypten
In Kairo hinderte die Polizei nach Angaben eines unabhängigen Gewerkschafters Hunderte Arbeiter daran, sich zu einer Kundgebung zu versammeln. Rund 650 Menschen hätten dort das Gebäude der Journalistengewerkschaft für eine Pressekonferenz betreten wollen, sagte Kamal Abbas vom Zentrum für Gewerkschaften und Arbeiterdienste. Dutzende Beamte in Uniform und Zivil sperrten die Gegend ab. Human Rights Watch forderte die Regierung auf, unabhängige Gewerkschaften zuzulassen und dem jahrzehntealten System der offiziellen Einheitsgewerkschaft ein Ende zu setzen.
In Manila gerieten rund 2000 linke Demonstranten in Handgemenge mit der Polizei, die sie von der US-Botschaft fernhalten wollten. Auch ein Wasserwerfer kam zum Einsatz, als einige den Polizeikordon durchbrachen. Die Organisatoren meldeten 20 Verletzte. Nach zwei Stunden lösten sich die Proteste aber auf. Festgenommen wurde niemand.
Der Ruf nach dem besseren Lohn
Anderswo auf den Philippinen standen die Demos zum Tag der Arbeit im Zeichen der Präsidentschaftswahl am 9. Mai. «Wir werden sehen, was aus den süssen Versprechungen wird, wenn einer von ihnen Präsident ist», sagte Gewerkschaftsführer Elmer Labog über die Kandidaten.
Demonstranten in Taiwan forderten eine Reduzierung der Arbeitszeit und Erhöhung der Gehälter. Sie beklagten, dass die steigenden Gewinne der Unternehmen keinerlei Niederschlag in ihren Löhnen fänden. Viele kritisierten zudem die wirtschaftliche Annäherung Taiwans an den Rivalen China unter dem scheidenden Präsidenten Ma Ying Jeou. Diese hat ihrer Ansicht nach nur einigen wenigen genutzt. (fal/sda)