Täter auf freiem FussVideo zeigt, wie Polizisten einen Mann totschlagen
Ein Video schockiert Belgien: Darauf ist zu sehen, wie Polizisten im Januar 2010 einen verwirrten Häftling zu Tode prügelten. Keiner der Beamten wurde bisher vom Dienst suspendiert.
Eine Fernsehreportage hat am Donnerstagabend die Öffentlichkeit in Belgien entsetzt: In der Sendung «Panorama» des Fernsehsenders VRT wurden die letzten Stunden im Leben von Jonathan Jacob nachgezeichnet, der vor drei Jahren in einer Polizeizelle im flämischen Mortsel zu Tode gekommen war.
In der Reportage wurden erstmals auch die Bilder der Überwachungskamera gezeigt, auf denen zu sehen ist, wie Jacob von Beamten des «Bijzondere Bijstandsteam (BBT)», einem Einsatzkommando der Polizei, schwer misshandelt wird.
«Vollkommen inakzeptabel»
Der Fall dominierte am Freitag die Schlagzeilen der flämische Presse. Die belgische Innenministerin Joëlle Milquet sagte den Medien, was passiert sei, sei fürchterlich. Es sei «vollkommen inakzeptabel, dass bisher kein einziger Polizist suspendiert wurde.» Der christdemokratische Parlaments-Abgeordnete Michel Domst sagte laut HLN.be, dieses Ereignis habe «einen gesellschaftlichen Schock verursacht.»
Der 26-jährige Jonathan Jacob war am 6. Januar 2010 von Polizisten aufgegriffen worden, weil er offenbar unter Drogeneinfluss stand. Die Beamten brachten den jungen Mann, der Amphetamin genommen hatte, auf den Polizeiposten von Mortsel, einem Vorort von Antwerpen. Dort wurde Jacob von einem Hausarzt untersucht und auf dessen Anweisung in ein psychiatrisches Zentrum verlegt. Da er sich dort aber nicht in eine Zelle einschliessen lassen wollte und sich aggressiv verhielt, verweigerte das Zentrum die Aufnahme. Man brachte ihn darauf zurück auf den Polizeiposten und schloss ihn in einer Zelle ein.
Blendgranate und Faustschläge
Da der verwirrte, verängstigte und aggressive Mann sich nicht beruhigte und einen Polizisten leicht verletzte, wurde entschieden, ihm ein Beruhigungsmittel zu spritzen, um ihn doch noch in das psychiatrische Zentrum verlegen zu können. Dazu forderten die Polizisten das «Bijzondere Bijstandsteam (BBT)» aus Antwerpen an. Diese Spezialeinheit warf eine Blendgranate in die Zelle und stürmte sie dann. Sechs mit Schilden und Helmen ausgerüstete Beamte warfen sich auf den nackten Mann und drückten ihn nieder, um ihn zu immobilisieren und ihm die Spritze zu verabreichen. Ein Polizist schlug ihn dabei fünfmal hart mit der Faust. Erst nachdem der Arzt ihm die Spritze gegeben hatte, stellte man fest, dass Jacob nicht mehr atmete. Aus dem Autopsiebericht ging hervor, dass er an inneren Blutungen starb, verursacht durch einen Leber- und Bauchaderriss.
Erst Anfang Februar dieses Jahres hat die belgische Justiz reagiert und endlich mehrere Betroffene vor Gericht geladen: einen Psychiater und den ehemaligen Direktor des psychiatrischen Zentrums, die sich geweigert hatten, Jacob aufzunehmen, sowie den Polizisten, der ihm die Faustschläge verabreicht hatte.