SchwarzmarktWaffenhändler nutzen Facebook im grossen Stil
Im Nahen Osten floriert der Verkauf von Waffen in privaten Facebook-Gruppen. Einige der Waffen könnten aus der Schweiz stammen.

Maschinengewehre wie die AK-47 sind auf Waffenumschlagsplätzen gefragt.
Keystone/AP/Khalil HamraSeit Ende Januar verbietet Facebook auf seiner Plattform den Handel mit Waffen. Eine aktuelle Recherche von Armament Research Services (Ares), einer Sicherheitsberatungsfirma, zeigt, dass auf Facebook der illegale Waffenhandel weiterhin floriert.
In Ländern, in denen terroristische Gruppen wie der Islamische Staat (IS) oder al-Qaida aktiv sind, stiessen die Experten auf zahlreiche Gruppen, in denen im grossen Stil Waffen gesucht und zum Verkauf angeboten wurden.
Schweizer Herkunft möglich
Allein in Libyen registrierte Ares 250 bis 300 Facebook-Posts pro Monat, in denen es ganz konkret um Waffenverkäufe ging. Nic Jenzen-Jones, Direktor von Ares, sagte gegenüber der «New York Times»: «Wir konnten rund 6000 Verkäufe dokumentieren, wahrscheinlich liegt die tatsächliche Zahl aber viel höher.» Dabei bezog er sich allerdings nicht auf Libyen allein, sondern auf Facebook-Gruppen aus dem gesamten Mittleren Osten.
Auf Anfrage von 20 Minuten sagte Jenzen-Jones: «Es gab eine kleine Anzahl an Waffen, bei denen wir vermuten, dass sie ursprünglich aus der Schweiz stammen.» Weil aber auf den Fotos der Waffen keine eindeutigen Erkennungsmerkmale wie eine Produktionsnummer erkennbar seien, sei es unmöglich, sie an ihren Ursprung zurückzuverfolgen. So könnte es sich um andere Waffen handeln als vermutet. Oder sie könnten zwar mit einer Schweizer Lizenz, aber in einem anderen Land produziert worden sein. «Hätten wir konkrete Hinweise, würden wir die Schweizer Behörden kontaktieren, so können wir das aber nicht.»
Waffen aus libyschen Armee-Beständen
Eine Unterscheidung wird in dem Bericht zwischen leichten Waffensystemen sowie Handfeuerwaffen und Gewehren gemacht. In die erste Kategorie fallen Waffen, die nicht oder nur schwer von einer Person allein transportiert und bedient werden können, also schwere Maschinengewehre, Raketenwerfer sowie Anti-Luft- und Anti-Panzerfahrzeug-Waffen, sogenannte Manpads. Allein in Libyen wurden laut «New York Times» seit September 2014 97 Transaktionen solcher Waffen registriert.
Neben Libyen sind Syrien, der Irak und Jemen weitere Länder, in denen der Waffenhandel in den sozialen Netzwerken floriert. Zwar habe es diese Schwarzmärkte auch davor schon gegeben, durch Facebook sei es für Käufer und Verkäufer aber viel einfacher geworden, einander zu finden.
In Libyen stammt das Material vor allem aus den alten Armee-Beständen, die nach dem Sturz von Muammar al-Ghadhafi in die Hände von verschiedenen Rebellengruppen und Terrornetzwerken gefallen sind. Im Irak und in Syrien tauchen oft Waffen auf, die ursprünglich von den USA an Rebellengruppen oder die irakische Armee geliefert wurden.
Nachfrage ist grösser als Angebot
Kleinere Waffen und anderes militärisches Material wie Nachtsichtkameras, Schutzkleidung oder Uniformen sind zwar in viel grösserer Zahl vorhanden, aber auch viel gesuchter. Hier versuchen nicht nur Terroristen und andere Gruppen Waffen zu kaufen, sondern auch Privatpersonen, die sich zum eigenen Schutz bewaffnen wollen. Laut Ares ist die Nachfrage vor allem bei Handfeuerwaffen und Gewehren grösser als das Angebot. So wurden gemäss den Experten schon für kleine Waffen Preise zwischen 2000 und 7000 US-Dollar verlangt.
Alle diese Gruppen und Transaktionen sind auf Facebook verboten. Ares und die «New York Times» meldeten Facebook sieben Gruppen, die sie im Zuge ihrer Nachforschungen beobachtet hatten. Sechs davon wurden inzwischen geschlossen. Monika Bickert von Facebook sagte gegenüber der Zeitung, man sei auf die Mitarbeit der fast 1,6 Milliarden Nutzer angewiesen. «Wir haben es deshalb so einfach wie möglich gemacht, verdächtige Seiten und Regelverletzungen zu melden.»
Dass soziale Netzwerke für illegalen Waffenhandel genutzt werden, überrasche nicht, das Ausmass sei aber ein «Augenöffner». Das sagte Nicolas Florquin von Small Arms Survey, einem internationalen Forschungszentrum, das am Ares-Bericht mitgearbeitet hatte, zu der Zeitung. «Offensichtlich muss man der Überwachung und Kontrolle viel mehr Aufmerksamkeit schenken.»