Wie lassen sich weitere Tragödien verhindern?

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EU-PläneWie lassen sich weitere Tragödien verhindern?

Rund 1600 Menschen sind dieses Jahr schon im Mittelmeer ertrunken. Politiker und Hilfsorganisationen fordern Massnahmen. Wo treffen sie sich?

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Der verhaftete Kapitän der «Gregoretti»: Der 27-jährige Tunesier Mohammed Ali Malek.
Sein mutmasslicher Gehilfe: Der 26-jährige Syrer Mahmud Bikhit.
21. AprilEiner der wenigen Überlebenden des Flüchtlingsdramas vom 19. April wird in Catania (Sizilien) an Land gebracht.
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Der verhaftete Kapitän der «Gregoretti»: Der 27-jährige Tunesier Mohammed Ali Malek.

Keystone/AP/Alessandra Tarantino

Die jüngsten Flüchtlingsdramen im Mittelmeer schockieren die Welt. Allein in der vergangenen Woche haben 11'000 Menschen ihr Leben riskiert, um von Afrika und dem Nahen Osten nach Südeuropa zu gelangen, meldet die Hilfsorganisation «Ärzte ohne Grenzen». Menschenrechtsorganisationen kritisierten in den vergangenen Tagen die EU für ihre Flüchtlingspolitik stark. Nun macht Europa das Problem zur Chefsache. Eine Kommission will am Donnerstag bei einem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs einen Zehn-Punkte-Plan vorstellen.

Wie decken sich die Vorschläge der EU mit den Forderungen von Politikern und Menschenrechtsorganisationen? Ein Überblick:

Mehr Seenothilfe

Die EU will den Grenzüberwachungsprojekten Triton und Poseidon mehr Geld geben. Zudem könnte das Gebiet, auf dem die Schiffe unterwegs sind, vergrössert werden.

Das trifft sich mit der Sichtweise des UNO-Hochkommissars für Menschenrechte, Zeid Raad al-Hussein: eine gut ausgerüstete Such- und Rettungsmission, die in einem grösseren Gebiet tätig ist.

Kampf gegen Schlepper

Die Polizeibehörde Europol, die Grenzschutzagentur Frontex und die Justizbehörde Eurojust sollen gemäss EU bei ihren Ermittlungen gegen Schlepper besser zusammenarbeiten. So sollen Schlepper-Boote beschlagnahmt und zerstört werden.

Nicht genug, meint das Hilfswerk «Watch the Med»: Das Geschäft der Schlepper soll ganz kaputtgemacht werden. Das gehe nur, wenn die EU den Transport der Flüchtlinge selbst übernimmt. «Wir fordern eine sofortige direkte Fährverbindung für Flüchtlinge aus Tripolis und anderen Orten Nordafrikas nach Europa», sagt Organisationschef Helmut Dietrich zum «Tagesspiegel». Auch UNO-Flüchtlingskommissar António Guterres fordert legale Fluchtwege und humanitäre Visa.

Bearbeitung von Asylanträgen

Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) soll nach dem Willen der EU-Kommission Teams in Italien und Griechenland aufstellen, um Asylanträge schnell zu bearbeiten.

Das will UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon auch: Er rief die EU am Montag dazu auf, ihre Unterstützung für Italien, Griechenland und Malta zu beschleunigen.

Verteilung in Europa

Angedacht ist ein EU-weites, freiwilliges Pilotprojekt zur Verteilung der Flüchtlinge. In einem ersten Schritt könnte es 5000 Plätze für schutzbedürftige Personen geben.

Hier sind sich europäische Politiker uneins. Bei einem EU-Innenminister-Treffen im vergangenen Oktober konnten sie sich knapp auf eine freiwillige Verteilung von Flüchtlingen einigen — und das nur, wenn Italien alle Asylbewerber registriert. Das Problem: Rom ist damit aufgrund des riesigen Flüchtlingsstroms völlig überfordert. Die UNO-Flüchtlingsorganisation UNHCR fordert zudem eine Wiedereinführung des Botschaftsasyls.

Schneller abschieben

Ein neues Programm unter der Koordination der EU-Grenzschutzagentur Frontex soll dafür sorgen, dass illegale Einwanderer zügig wieder in ihre Heimatländer zurückgeschickt werden.

Frontex-Chef Fabrice Leggeri fordert die EU auf, politisch Verfolgten zu helfen und Wirtschaftsflüchtlinge in ihre Länder zurückzuschicken.

UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon will mehr: Er plädiert für eine allgemeine Anerkennung des Rechts auf Asyl für Kriegsflüchtlinge.

Hilfe in den Herkunftsländern

Die Kommission schlägt eine Zusammenarbeit mit Ländern rund um Libyen vor, das wichtigste Transitland für Bootsflüchtlinge.

Das unterstützen gleich mehrere Politiker. Der britische Premierminister David Cameron, Polens Regierungschefin Ewa Kopacz, Italiens Premier Matteo Renzi und Tschechiens Ministerpräsident Bohuslav Sobotka sind der Meinung, dass man die Situation in den Herkunftsländern verbessern müsse, um den Flüchtlingsstrom zu stoppen.

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