Muss ich dem Lehrmeister das Handy abgeben?

Aktualisiert

Lieber Phil GeldMuss ich dem Lehrmeister das Handy abgeben?

Fabio (18) soll tagsüber sein Handy seinem Lehrmeister abgeben. Ist das erlaubt?

Der Arbeitgeber darf ein Handyverbot am Arbeitsplatz aussprechen. Das Einziehen der Handys geht in der Regel aber zu weit.

Der Arbeitgeber darf ein Handyverbot am Arbeitsplatz aussprechen. Das Einziehen der Handys geht in der Regel aber zu weit.

Lieber Phil Geld

Wir Lehrlinge hatten neulich mit unserem Lehrmeister eine Sitzung. Er teilte er uns mit, dass wir unsere Handys sowie Smartphones tagsüber abgeben müssen und es nur noch während der Mittagspausen sowie nach Feierabend wiederbekommen. Ist das zulässig? Und was passiert, wenn ich in einem Notfall nicht erreichbar bin?

Lieber Fabio

In der Schweiz hat bisher noch kein Gericht über diese Frage entschieden. Vor einigen Jahren hat aber ein deutsches Arbeitsgericht entschieden, dass der Arbeitgeber ohne Weiteres ein Verbot für die Benützung von Handys und Smartphones am Arbeitsplatz erlassen kann. Im konkreten Fall stellte sich das Arbeitsgericht sogar auf den Standpunkt, dass ein solches Verbot gar nicht ausgesprochen werden müsse. Vielmehr wurde vorgebracht, dass sich das Verbot der aktiven und passiven Handynutzung während der Arbeitszeit schon aus der Arbeits- und Treuepflicht des Arbeitnehmers ergebe.

Nach Schweizer Arbeitsrecht ist die private Handy- oder Internetnutzung am Arbeitsplatz grundsätzlich eine Pflichtverletzung des Arbeitnehmers. Ausser in Notfällen oder bei nicht aufschiebbarer Dringlichkeit darf ein Arbeitnehmer sein Handy am Arbeitsplatz nicht benutzen.

Dein Argument mit dem Notfall greift allerdings nicht. In einem echten Notfall kann der Lehrbetrieb telefonisch erreicht werden. Zudem gewährleistet der Besitz eines Handys noch keine dauerhafte Erreichbarkeit.

Ein entsprechendes Verbot des Arbeitgebers für die Handynutzung wäre daher rechtens. Ein Verstoss könnte grundsätzlich eine Verwarnung, Kündigung oder gar eine Schadenersatzforderung zur Folge haben.

Das Einziehen und Wegschliessen von privaten Gegenständen am Arbeitsplatz geht aber weit über ein Verbot der Telefonbenützung hinaus. Ob ein solches Vorgehen zulässig ist, bleibt letztlich Ermessensfrage. Nach Art. 321d OR darf der Arbeitgeber Weisungen erteilen. Der Arbeitnehmer muss diese Weisungen so weit befolgen, wie ihm nach Treu und Glauben zumutbar ist. Diese Bestimmung gilt für den normalen Arbeitsvertrag, genauso aber auch für den Lehrvertrag.

Aus meiner Sicht geht es über das Zumutbare hinaus, dass der Arbeitgeber präventiv in das Eigentum der Lehrlinge, beziehungsweise seiner Arbeitnehmer, eingreift. Das wäre – wenn überhaupt – nur dann gerechtfertigt, wenn die Einziehung sachlich gerechtfertigt wäre, etwa aus Datenschutz- oder Sicherheitsgründen. In einem gewöhnlichen Lehrbetrieb sollte aber ein gewöhnliches Verbot ausreichen. Die Wegnahme der Geräte bis Arbeitsschluss als Sanktion wäre hingegen zulässig.

Dass die präventive Einziehung von Handys und Smartphones unverhältnismässig ist, ergibt sich in meinen Augen aus Art. 321d II OR in Verbindung mit Art. 2 ZGB.

Würde aber eine Weigerung, das Handy abzugeben, zu einer Kündigung führen, wäre die Kündigung wohl ungerechtfertigt.

Freundlich grüsst

Phil Geld

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