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Passagierjet in Not«Ein Fallschirm bringt in dem Fall gar nichts!»

Leser Marc M. dachte, es wäre sinnvoll, Flugzeugpassagiere mit Fallschirmen statt mit Schwimmwesten auszurüsten. Doch dieser Gedanke wird ihm schnell ausgetrieben. Aus mehreren Gründen.

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Bei einem Flugzeugabsturz einfach alle zusammen rausspringen und mit dem Fallschirm langsam auf die Erde zurückkehren? Das bleibt wohl leider nur eine Wunschvorstellung.

Bei einem Flugzeugabsturz einfach alle zusammen rausspringen und mit dem Fallschirm langsam auf die Erde zurückkehren? Das bleibt wohl leider nur eine Wunschvorstellung.

Leser Marc M. hält es für unwahrscheinlich, dass ein Flugzeugpilot in einer Notsituation die Maschine sicher auf Wasser landen kann und die Passagiere dank der Schwimmwesten gerettet werden können. Deswegen stellt er die Frage: «Warum gibt es keine Fallschirme statt der Schwimmwesten an Bord einer jeden Maschine?»

Kaum war die Frage der Leserschaft von 20 Minuten Online gestellt, rasselte es Erklärungen. Zwar gaben ein paar wenige zu, sich die Frage auch mal gestellt zu haben, an die Realisierbarkeit glaubt jedoch kaum einer - aus verschiedenen Gründen.

Ein logistisches Problem

Ein Grossteil der Leser glaubt, dass die Fallschirme deshalb nichts bringen, da es rein organisatorisch nicht möglich ist, alle Passagiere der Reihe nach aus dem Flugzeug zu bringen. So schreibt G. Strabovski: «Eine Evakuation von mehr als 100 Leuten in der Luft ist unrealistisch. Es bestünde die Gefahr, dass die Passagiere eigenhändig in unpassender Höhe Türen öffnen würden, um sich in Sicherheit zu bringen, obwohl die Höhe zum Abspringen nicht ideal wäre. Dazu kommt, dass Passagiere beim Rausspringen den Flügel und oder die Düsen des Flugzeugs touchieren könnten. Und die Leute würden sich wohl gegenseitig zu Tode trampeln, wenn Panik ausbricht und alle zum Ausgang eilen.»

Anschliessend fügt er einen weiteren Aspekt hinzu, den ebenfalls zahlreiche Leser - vor allem professionelle Fallschirmspringer - erwähnten: «Ausserdem ist das Steuern und Landen eines Fallschirms nicht so einfach.» Doch eigentlich stellt sich gar nicht die Frage, ob die Passagiere es schaffen, der Reihe nach geordnet das Flugzeug zu verlassen. Denn es gibt noch ein viel grösseres Problem, welches Martin versucht zu beleuchten: «Passagierflugzeuge fliegen viel zu schnell und beim öffnen der Türe würden die Leute einfach hinausgeschleudert.»

Der niedrige Druck reisst alles aus der Maschine

Tatsächlich ist es aber nicht die Geschwindigkeit, die für das Hinausschleudern verantwortlich ist. Etwas genauer erklärt Drazenko Djuricic das Problem: «Passagierflugzeuge verkehren in Höhen, wo es kaum noch Sauerstoff gibt und es bitterkalt ist. Ausserdem herrscht Unterdruck, es ist gar nicht möglich, das Flugzeug zu öffnen, ohne dass nicht alles, was nicht niet- und nagelfest ist, aus dem Flieger hinausgespült wird. Ein Absprung aus dieser Höhe ist ohne spezielle Vorrichtung wie eine Luftschleuse und Schutzanzüge (wie bei Kampfpiloten üblich) gar nicht machbar.»

Simon Eggler greift das gleiche Problem auf und liefert einen Lösungsansatz: «Ein Abspringen aus einer Passagiermaschine ist wegen der Bauweise der Druckkabine und der Konstruktion der Türen schon rein technisch nicht so einfach möglich. Theoretisch müsste das Dach des Verkehrsflugzeugs wie bei einem Kampfjet abgesprengt werden und die Passagiersitze bräuchten eine Schleudersitzausrüstung.»

Mit ihrem Wissen darüber, dass man bei einem Flugzeug besser nicht einfach mal eine Tür oder ein Fenster öffnet, zeigen sich die Leser übrigens schlauer als US-Präsidentschaftskandidat Mitt Romney, der sich darüber neulich empörte, dass man beim Fliegen nicht mal ein wenig Sauerstoff durchs Fenster hineinlassen könne. Er wisse wirklich nicht, warum das so sei.

Es muss eine andere Lösung her

Wenn Fallschirme auch nicht alle Leben retten können, muss es doch eine andere Lösung geben - findet zumindest Frank de la Rive Box: «Statt dass jeder Passagier einen eigenen Fallschirm erhält, sollte man endlich mit der Weiterentwicklung und Produktion von Grossfallschirmen beginnen, die in der Lage sind, ein beschädigtes Flugzeug sicher auf die Erde zurückzubringen. Diese Technik etabliert sich seit Jahren in der Kleinfliegerei. Doch in der kommerziellen Luftfahrtindustrie gilt immer noch die Devise: Lieber totschweigen als sich zu diesem heiklen Thema bekennen, denn das hiesse nachrüsten und das kostet Geld.»

Lesen Sie im Anschluss alle Antworten der Leser (die erste wurde wohl von einem interessierten Leser aus der Romandie verfasst):

Welche Frage brennt Ihnen unter den Nägeln?

Warum trinken im Flugzeug so viele Passagiere Tomatensaft? Warum geht bei manchen Menschen der Bauchnabel nach innen, bei anderen aber nach aussen? Oder woher kommt eigentlich die Redewendungen «etwas den Garaus machen»? Über welche Dinge des Alltags haben Sie sich schon immer gewundert? Für welches Phänomen hätten Sie gerne eine Erklärung? Mailen Sie Ihren Vorschlag mit dem Betreff «1001 Fragen» an community@20minuten.ch.

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