Love@HomeSex im Netz gesucht, Liebe gefunden
Partnervermittlungsbörsen im Internet boomen. Ein paar wenige Klicks und die grosse Liebe ist schon da? Von wegen. Zumindest Andreas ist es da ganz anders ergangen.
Verändert das Internet unser Liebes- und Sexualverhalten? Über diese Frage diskutieren Paartherapeut Klaus Heer, Sexualberater Bruno Wermuth und Sibylle Lichtensteiger vom Stapferhaus in Lenzburg.
«Also den Papa, den hab ich in der Stadthalle bei einem Fastnachtsball kennengelernt. Wir haben zusammen getanzt - den ganzen Abend. Später hat er mich heimgebracht.» So oder ähnlich beginnen die Geschichten, wenn Eltern ihren Kindern erzählen, wie sie sich damals getroffen und verliebt haben. In aller Regel stehen dabei Feste, Tanzveranstaltungen oder Ferien im Mittelpunkt. Kein grosser Unterschied zu heute, oder? Eben doch!
Denn neben all den Ausgangs-Bekanntschaften, dem unerwarteten Verlieben bei spontanen Kissenschlachten oder den Wir-standen-beim-Festival-nebeneinander-und-haben-plötzlich-geknutscht-Geschichten gibt es heute einen grossen Anteil an Drückebergern: Wenn es darum geht, wie sie die Partnerin oder den Partner kennengelernt haben, weichen sie aus. Sie nuscheln etwas, scherzen oder geben die Standard-Floskel «Ach, das ist eine lange Geschichte» von sich. Meist ein untrügliches Zeichen dafür, dass die Liebe mit der Zauberformel http:// begann. Oder ist es am Ende gar nicht wirklich Liebe?
Statt Liebeslust gabs Forumsfrust - mit Folgen
Andreas D. (Name der Redaktion bekannt), der aus dem Schweizer Rheinfelden stammt und heute in Stuttgart lebt, hatte einen klaren Plan, als er ein Drei-Monats-Abo bei Parship abschloss: «Ich wollte in dieser Zeit einfach möglichst viele Dates haben - und möglichst viel Sex», gibt er unumwunden zu. Eigentlich liegt seine Geschichte schon eine ganze Weile zurück. Doch in seinem Bekanntenkreis kommt sie immer wieder gerne zur Sprache. Denn sein Projekt sorgt für Erheiterung unter den Kollegen. Es kam damals natürlich alles ganz anders. Und nein: Es war keine Liebe auf den ersten Blick. Im Gegenteil.
«Das erste Treffen war eine Katastrophe. Sie war eine absolute Langweilerin und kriegte den Mund nicht auf. Das war schon ein echter Ablöscher.» Beim zweiten Date läufts nicht viel besser: «Die hat vorher verschwiegen, dass es sich - nimmt man die Körperfülle - eigentlich um zwei Dates handelt.» Er glaubt sich im falschen Film und wechselt zu einer anderen Partnerbörse.
Letztlich ergeht es ihm dort nicht besser. Die Liste der Enttäuschungen wird länger und länger, die wilden Sexabenteuer bleiben aus. Weil er es leid ist, noch mehr Geld auszugeben, während sich das Liebesspiel mit geilen Mädchen lediglich in seiner Fantasie abspielt, meldet er sich auf diversen Gratisportalen an. Von Seitensprung bis Fetisch ist alles dabei. Und immerhin: Ein Date endet tatsächlich im Bett - doch das wars auch schon. Er ist enttäuscht von den Singlebörsen. Macht seinem Frust in einem Internetforum Luft. Sein Beitrag hat innerhalb kürzester Zeit hunderte von Kommentaren. Es entstehen lange Diskussionen über Sinn und Unsinn von der Liebessuche im Netz. Eine die ebenfalls kräftig mitdiskutiert und sich echauffiert ist Katrin. Ironie des Schicksals: Sie ist seine heutige Partnerin.
Wenn Herzen auf Maushöhe schlagen
Das Internet ist zu einer wichtigen Kontaktbörse geworden. Die Jungen lernen sich in Chatforen und Social Network Sites kennen. Die über 30-Jährigen lassen sich die Partnersuche mehr kosten. Sie zahlen die Vermittlungsplattformen im Netz monatlich. Sich kennenlernen, sich verlieben – im Netz springt der Funke über die Zeilen. Es funkt erstmal im Kopf und nicht im Bauch. Es prickelt - auch ohne Augen- und Duftkontakt.
Doch Hand aufs Herz: Taugt eine Liebe, die aus einem Internetflirt entsteht überhaupt etwas? Kann das Bild des anderen, das beim Chatten entsteht, überhaupt in der Realität standhalten? Kommt es nicht zwangsläufig immer zu herben Enttäuschungen, weil auf Facebook eben alles ganz anders geklungen hat, als sich später herausstellt? Oder ist das Internet gar die ehrlichste aller Kennenlern-Optionen, weil man hier nicht vom Wesentlichen abgelenkt wird? Was ist Ihre Erfahrung? Was haben Sie bei der Suche nach Liebe im Internet so erlebt?
Schreiben Sie Ihre Geschichte unten hin. Ausgewählte Beiträge werden bei der Live-Diskussion «Liebe@Home» am Montag 30.5.2011, 18.00 -19.00 Uhr im Stapferhaus aufgegriffen. Mit dabei: Bruno Wermuth alias Doktor Sex und Klaus Heer (Paartherapeut). 20 Minuten Online streamt die Veranstaltung live (siehe Infobox rechts).
Live-Stream von LIEBE@HOME
Online-Partnervermittlungen boomen. Sex ist der meist eingegebene Suchbegriff bei Google. Ein Seitensprung ist bloss ein Klick entfernt. Wie wirkt sich das auf unser Liebes- und Sexleben aus? Trägt der uneingeschränkte Zugang zu Pornos zur sexuellen Freiheit bei? Oder erzeugt die Allgegenwart von pornografischen Bildern vor allem Frust, weil das Sexleben im realen Leben kein Pornofilm ist?
Bruno Wermuth (Sexualpädagoge) und Klaus Heer (Paartherapeut) gehen der Frage nach, wie sich im Internetzeitalter unser Sexual- und Paarungsverhalten verändert. Moderiert wird die Sendung von Sibylle Lichtensteiger, Geschäftsführerin Stapferhaus Lenzburg.
Datum: Montag 30.5.2011, 18.00 - 19.00 Uhr.
Ort: Lenzburg: Ausstellung HOME, Zeughaus Lenzburg, Ringstrasse West 19
20 Minuten Online streamt die Diskussion live im Web.