Das hält der Google-Chef vom Datenschutz

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KlartextDas hält der Google-Chef vom Datenschutz

Dass Suchmaschinen Peinliches enthüllen, liegt laut Eric Schmidt, CEO des Markführers, daran, dass Bürger Peinliches tun. Diese Ansicht brachte ihm die Empörung zahlreicher Experten ein.

Henning Steier
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Henning Steier

Quelle: YouTube

Immer wieder wird Suchmaschinen wie Google vorgeworfen, Dinge ans Licht der Web-Öffentlichkeit zu bringen, die eigentlich besser verborgen geblieben wären. In einem Interview mit dem US-Sender CNBC hat Google-Boss Eric Schmidt nun klargestellt, was er davon hält: «Wenn es etwas gibt, von dem man nicht möchte, dass es die Welt erfährt, dann sollte man es nicht tun. Es ist wichtig zu wissen, dass Suchmaschinen wie Google Informationen eine Weile speichern. In den USA betrifft uns auch der Patriot Act. Das heisst: Es ist möglich, dass wir den Behörden diese Informationen zur Verfügung stellen.» Der Patriot Act war kurz nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 vom Kongress verabschiedet worden. Unter anderem können dank ihm Geheimdienste Bürger leichter überwachen.

Schmidts im obigen Video zu sehende Äusserung brachte ihm zahlreiche negative Kommentare ein. Gawker.com warf Schmidt Heuchelei vor, denn er habe Reporter des Branchendienstes CNET etwa ein Jahr lang nicht zu Google-Veranstaltungen eingeladen, weil sie unter anderem das Gehalt, den Wohnort und Details zu Parteispenden des Firmen-Chefs veröffentlicht hatten. Die Informationen hatten sie bei Google gefunden. Sicherheitsexperte Bruce Schneier zitierte in seinem Blog seinen Essay von 2006, in dem es unter anderem hiess, Privatsphäre sei ein Menschenrecht. Ihr Schutz sei Voraussetzung für ein Leben, in dem Respekt und Würde garantiert seien. «Wenn wir ständig beobachtet werden, verlieren wir unsere Individualität, denn alles lässt sich aufzeichnen und protokollieren», schrieb Schneier. Den Blog techdirt.com erinnerte Schmidts Zitat an ein immer wieder in Diskussionen um die Ausweitung behördlicher Ermittlungsmöglichkeiten vorgebrachtes Argument: «Wer nichts Falsches tut, braucht sich keine Sorgen zu machen.»

Umstrittene Standardeinstellung

Unlängst hatte Google im offiziellen Blog mitgeteilt, dass ab sofort jeder Nutzer personalisierte Suchergebnisse angezeigt bekommt. Das Unternehmen wertet dazu Daten von auf dem User-Rechner gespeicherten Cookies aus, die erst nach 180 Tagen gelöscht werden. Der Suchmaschinenanbieter sieht also, welche Webseiten der Nutzer am häufigsten besucht hat. Bei der nächsten Suche werden diese als wichtiger eingestuft. Bislang stand diese Funktion nur eingeloggten Anwendern zur Verfügung, welche in ihren Einstellungen das Web-Protokoll eingeschaltet hatten. Nun ist sie per Standardeinstellung für alle User aktiviert.

Auf den Hilfeseiten von Google ist zu lesen, wie man das Web-Protokoll ausschaltet. Löscht man anschliessend allerdings seine Browser-Cookies, muss man die Einstellung erneut vornehmen. Googles Angebot erntet negative Kritik von Datenschützern. So sagte Marc Rotenberg, Chef des Electronic Privacy Information Center in Washington, der New York Times: «Google verfolgt nun standardmässig auch das Suchverhalten von Nutzern, die sich bewusst gegen einen Account entschieden haben.» Cnet-Blogger Tom Krazit bemängelte, dass das Feature nicht als Opt-in-Variante konzipiert wurde, Nutzer sich also bewusst für seine Nutzung entscheiden könnten.

Gestern fand vor dem deutschen Bundesgerichtshof die mündliche Verhandlung zur Klage einer Künstlerin aus Weimar statt. Sie wirft Google vor, ihre Urheberrechte zu verletzen. Denn in der Bildersuche werden Miniaturansichten ihrer Werke präsentiert. Google-Anwalt Axel Rinkler bezeichnete die Suchmaschine als eine für das Web notwendige Infrastruktur und sah daher keine Rechtsverletzung. Richter Joachim Bornkamm gab zu bedenken, dass wer eine Seite ins Netz stelle, in der Regel auch gefunden werde wolle. Das Urteil wird erst in einigen Wochen erwartet. Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass die Künstlerin den Prozess als kostenlose Werbung für ihre Werke nutzt. Denn mit geringem Aufwand kann jeder Seitenbetreiber verhindern, dass seine Website von Google gefunden wird. Eine Anleitung findet man auf einer Hilfeseite des Suchmaschinenanbieters.

Streit um Street View

Wie 20 Minuten Online berichtete, ist Google hierzulande wegen seines Panorama-Dienstes Street View ins Visier des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten geraten. Hanspeter Thür hat das Unternehmen vors Bundesverwaltungsgericht gebracht. Google habe die Umsetzung seiner Empfehlung in Sachen Street View mehrheitlich abgelehnt, begründete Thür seinen Entscheid. Thür hatte von Google verschiedene Massnahmen zum besseren Schutz der Privatsphäre in Street View gefordert. Viele Gesichter und Autonummern seien aus Sicht des Datenschutzes nicht genügend unkenntlich gemacht. Ausserdem würden Menschen in sensibler Umgebung gezeigt.

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