Alles nur leere Drohungen?

Aktualisiert

Street View vs. DatenschutzAlles nur leere Drohungen?

Google hat die Forderungen des Eidgenössischen Datenschützers Hanspeter Thür nicht erfüllt. Ob Thür, wie angedroht, vor Gericht gehen wird, will er zurzeit nicht verraten. Google sieht einem etwaigen Konflikt gelassen entgegen.

von
mbu

Google hat gestern dem Datenschutzbeauftragten die geforderte Antwort geliefert und die Schritte erläutert, die unternommen würden, um dessen Bedenken betreffend Street View zu begegnen. Schaut man sich die einzelnen Punkte genau an, wird klar, dass Google die geforderten Massnahmen noch nicht vollständig erfüllen kann. So sind nach wie vor unverwischte Gesichter und Autonummern zu finden (20 Minuten Online berichtete).

Google gelobt Besserung, will eine bessere Filtersoftware einsetzen und die bestehende verfeinern. Bei der geforderten Verminderung der Kamerahöhe will sich Google auf keine Kompromisse einlassen: «Ein niedrigerer Mast würde bedeuten, dass die Kamera sich näher an der Kopfhöhe der Fussgänger befindet», begründet der Konzern den Entscheid in einer Medienmitteilung.

Thür ignoriert Anfrage

Der Eidgenössische Datenschützer drohte im Vorfeld mit dem Gang ans Bundesverwaltungsgericht, falls sich Google nicht kooperativ zeigen sollte. Dazu will er sich zurzeit aber nicht mehr äussern. Eine Anfrage von 20 Minuten Online ignorierte er. Ein Mitarbeiter verwies stattdessen auf seine Webseite. Dort heisst es lediglich: «Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte Hanspeter Thür hat gestern im Laufe des Nachmittags die Antwort von Google, Inc. auf die Empfehlung vom 11. September 2009 in Sachen Online-Dienst Google Street View erhalten. Er wird die Stellungnahme nun auswerten und in den kommenden Wochen über allfällige weitere Schritte informieren.»

Noch gestern verriet Thür gegenüber 20 Minuten Online, dass er das Ultimatum nicht verlängern werde und der Gang ans Bundesverwaltungsgericht nach wie vor eine Option sei. Ob er seine Drohungen allerdings auch wahr macht, wird sich erst in den kommenden Wochen zeigen.

«Keine 100-prozentige Garantie»

In einer Telefonkonferenz von heute Mittag sagte Peter Fleischer, Datenschutzbeauftragter von Google, gegenüber 20 Minuten Online, es könne keine 100-prozentige Garantie geben, dass nicht auch künftig unverwischte Bilder gefunden werden könnten: «Die verwendete Filtertechnologie ist lernfähig und wird immer besser. Eine Analyse hat ergeben, dass der Filter zurzeit bei etwa 98 Prozent der Bilder greift. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Fehlerquote weiterhin zu dezimieren. Der Persönlichkeitsschutz verlangt auch keine Perfektion, es geht um das Verhältnis. Aus diesem Grund sind wir davon überzeugt, dass ein Gericht zu unseren Gunsten entscheiden würde.»

Rotlichtviertel werden separat abgelichtet

Google kündigte in einer Stellungnahme an, dass besonders sensible Bereiche einer Stadt künftig speziell berücksichtigt würden. «So werden zum Beispiel Rotlichtviertel zu Zeiten abfotografiert, in denen man davon ausgehen kann, dass nicht viele Leute unterwegs sind. Zusätzlich könnten wir die heiklen Regionen mehrmals abfahren und die Fotos verwenden, auf welchen möglichst wenig oder keine Personen abgelichtet wurden», sagte Fleischer.

«Street View bleibt online»

Für Fleischer ist das Abschalten von Street View in der Schweiz keine Option: «Es gibt für uns keinen Grund, darüber auch nur nachzudenken. Schliesslich erfreut sich Street View extremer Popularität. Seit wir den Dienst in der Schweiz lanciert haben, ist das Wachstum in Google Maps um 80 Prozent gestiegen.»

Haben auch Sie auf Street View Bilder gefunden, auf denen Gesichter und Autokennzeichen nach wie vor zu erkennen sind? Schicken Sie uns den Link zu Ihrer Entdeckung auf feedback@20minuten.ch.

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