«Windows 10 könnte in der Schweiz verboten werden»

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Edöb vs. Microsoft«Windows 10 könnte in der Schweiz verboten werden»

Der eidgenössische Datenschützer geht gegen das neue Microsoft-Betriebssystem vor. Das könnte drastische Konsequenzen haben.

Philipp Stirnemann
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Philipp Stirnemann
Microsoft hat mit Windows 10 ein neugieriges Update geliefert. Wer verhindern will, dass Daten rausgefunkt werden, sollte das Betriebssystem am besten mit einem lokalen statt einem Microsoft-Konto nutzen.
Ausserdem sollte man auf keinen Fall die Standard-Einstellungen für die Privatsphäre übernehmen, raten diverse Fachmagazine: Wenn man hier die Schieberegler auf Aus stellt, gewährt man ein paar der schnüffelnden Anwendungen gar keinen Einlass.
Die digitale Assistentin Cortana saugt die Daten über ihren Besitzer förmlich ein. Schweizer Windows-10-Nutzer betrifft das allerdings (noch) nicht. Denn hierzulande ist der Dienst noch nicht verfügbar.
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Microsoft hat mit Windows 10 ein neugieriges Update geliefert. Wer verhindern will, dass Daten rausgefunkt werden, sollte das Betriebssystem am besten mit einem lokalen statt einem Microsoft-Konto nutzen.

Keystone

Die Datensammelwut des neuen Microsoft-Betriebssystems Windows 10 ist dem obersten Schweizer Datenschützer (Edöb) ein Dorn im Auge. Wie der stellvertretende Datenschutzbeauftragte Jean-Philippe Walter am Montag in einem Gespräch mit der Zeitung «Le Temps» sagte, würde der Edöb gegebenenfalls gar vors Bundesgericht ziehen.

Ausgehend von einer Forderung der Piratenpartei Schweiz, Windows 10 genau unter die Lupe zu nehmen, hat sich der Edöb nun zumindest dazu entschlossen, falls notwendig eine Empfehlung zu erlassen. Sollen Schweizer Nutzer die Finger vom neuen Microsoft-OS lassen?

Vorerst kein Gerichtsverfahren

«Der eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte kann erst einmal kein Gerichtsverfahren gegen Microsoft eröffnen», sagt der auf IT-Recht spezialisierte Anwalt Martin Steiger. Er könne aber sehr wohl Abklärungen vornehmen beispielsweise über die Methoden zur Datenbearbeitung, die eine grössere Anzahl Personen in ihrer Persönlichkeit verletzen könnten. Steiger hält solche Abklärungen bei Windows 10 für sinnvoll. Der Edöb könnte etwa Auskünfte einholen oder Unterlagen einsehen.

«Je nach Ergebnis seiner Abklärungen wird der Edöb Microsoft empfehlen, Änderungen in Windows 10 vorzunehmen», so Steiger. Denkbar wäre etwa, dass Nutzer bei bestimmten Daten ausdrücklich in die Übertragung an Microsoft einwilligen (sogenanntes Opt-in) oder die Nutzer besser informiert werden müssen. Erst wenn Microsoft etwaige Empfehlungen des Datenschutzbeauftragten ablehne oder nicht einhalte, könnte der Edöb die Angelegenheit dem Bundesverwaltungsgericht als nächsthöhere Instanz zum Entscheid vorlegen. Die letzte Instanz wäre das Bundesgericht.

Präzedenzfall Street View

Sollte sich Microsoft nicht an die Empfehlungen halten, könnte dies gar das Ende von Windows 10 in der Schweiz bedeuten. «Ein Verbot von Windows 10 ist in der Schweiz theoretisch denkbar», warnt Rechtsanwalt Steiger. Allerdings rechnet der IT-Rechtsexperte nicht damit.

Bereits das Beispiel von Google Street View habe gezeigt, «dass der Edöb durchaus Zähne zeigen kann». Erst durch das Bundesgericht habe sich der US-Konzern damals davon überzeugen lassen, Street View in Einklang mit dem schweizerischen Datenschutzrecht anzubieten.

Keine Stellungnahme seitens Edöb

Aufgrund der laufenden Ermittlungen äussert sich der oberste Datenschützer der Schweiz derzeit noch nicht zum Fall Windows 10, wie eine Sprecherin des Edöb auf Anfrage mitteilt.

Der Edöb empfiehlt aber, dass sich Kunden gut überlegen, ob sie Windows 10 tatsächlich nutzen wollen. Ist das der Fall, sollen sie über die Systemeinstellungen die Datensammelwut von Microsoft so gut wie möglich unterbinden.

«Ein Verbot von Windows 10 ist in der Schweiz theoretisch denkbar», sagt der auf IT-Recht spezialisierte Anwalt Martin Steiger. (Foto: Daniela Grünenwald)

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