Brennende SmartphonesSamsung fertigt Galaxy-Note-7-Opfer ab
Nutzer des fehlerhaften Galaxy Note 7, die teilweise schwere Verbrennungen erlitten, fühlen sich von Samsung schlecht behandelt.
Der Südkoreaner Kim Young Seon sass neben seiner Freundin im Auto, als sein nagelneues Samsung-Handy Galaxy Note 7 plötzlich Feuer fing. Sie hätten vor lauter Rauch kaum noch atmen können, erzählt er dem «Spiegel». Ein merkwürdiges Zischen und Knacken sei zu hören gewesen.
Seither leidet Kim ständig unter Kopfschmerzen. «Ich schlafe nachts sehr schlecht», sagt er. Seine Freundin leidet seither unter Angstzuständen.
Wie auch bei anderen geschädigten Nutzern hat das Unglück bei Kim nicht nur körperliche, sondern auch seelische Narben hinterlassen. Als der Chef einer kleinen Baumaschinenfirma dem Magazin von dem Vorfall erzählt, bricht er immer wieder in Tränen aus.
«Ich habe Angst vor Samsung»
Das liegt womöglich auch daran, dass Samsung die Opfer des Handy-Desasters nicht gerade freundlich behandelt: «Wenn ich ins Servicezentrum von Samsung gehe und nur das Wort Note ausspreche, setzen die Berater plötzlich betont gleichgültige Mienen auf», berichtet Kim.
Noch während er im Spital in Seoul lag, schickte der Konzern zwei Mitarbeiter vorbei. Statt sich für den Vorfall zu entschuldigen, drängten sie Kim dazu, ihnen das defekte Note 7 auszuhändigen. Unklar ist auch, ob der Mobilfunkanbieter die Spitalkosten übernehmen wird. Man werde erst darüber befinden, wenn er die Quittungen eingereicht habe, teilte ihm der Konzern mit.
Kim würde den Handyanbieter am liebsten auf Schadenersatz verklagen. «Aber ich habe Angst vor Samsung», gesteht er. Der Einfluss des Unternehmens reiche sehr weit. Grosse heimische Medien hätten sogar die Berichterstattung über seinen Fall verweigert.
«Unsere Sammelklage ist erst der Anfang»
Das gleiche Schicksal ist auch dem Koreaner Ko Young Yeel widerfahren. Er nimmt allen Mut zusammen und zieht mit rund 540 weiteren Note-7-Kunden gegen Samsung vor Gericht. «Unsere Sammelklage ist erst der Anfang», sagt er im «Spiegel». Anders als in den USA können die Kläger in Südkorea allerdings keine hohen Entschädigungen erwarten.
Auch der Koreaner Son Jae Sam und seine Frau Chang Sun Sun wurden verletzt, als ein Note 7 Feuer fing. Wie bereits Kim erhielt auch er im Spital Besuch von zwei Mitarbeitern des Konzerns, die sein Gerät einziehen wollten. «Ich bin froh, dass ich mich geweigert habe», so Son. «Das ist mein Beweisstück, falls ich vor Gericht ziehe.» Abgebrannte Kopfkissenbezüge, Bettdecken und Narben auf der Haut zeugen ebenfalls vom Unglück.
Seit dem Vorfall leiden auch sie unter Kopfschmerzen. «Ich kann nur noch mit Tabletten schlafen», sagt die Frau. Sie fühle sich oft ängstlich und nervös. Auf Hilfe wartet das Paar vergebens. «Sobald wir nur den Namen Note 7 oder Samsung erwähnen, reagieren die Ärzte verschlossen», sagt Son. Keiner wolle etwas mit der Sache zu tun haben.
Samsung nimmt Stellung
Als Son Bilder von seiner Frau mit eingebundenen Armen und Schultern ins Internet stellte, habe er von einem Unbekannten eine Warnung erhalten: «Lösche den Eintrag, sonst bekommst du vielleicht keine Entschädigung.»
Das sieht Samsung anders. Man nehme jeden Einzelfall «sehr ernst» und arbeite «rund um die Uhr», um die Sache aufzuklären, teilte der Konzern gegenüber dem «Spiegel» mit. Man habe jedem einzelnen Kunden die volle Unterstützung angeboten.
Verkauf gestoppt
Anfang September hatte Samsung nach zahlreichen Zwischenfällen die Brandgefahr infolge von Akkuproblemen beim Note 7 eingeräumt und eine weltweite Austauschaktion angekündigt. Der Verkauf wurde danach gestoppt.
Finanziell dürfte der Konzern die Krise überstehen – denn Samsung ist Südkorea: ob Staubsauger, Smartphones oder Speicherchips. Mit seinen Produkten trägt Samsung rund ein Fünftel zur gesamten Volkswirtschaft Südkoreas bei.