Von einem der auszog ... - Teil IICablecom: Alles wird gut!
Die Cablecom nimmt gegenüber 20 Minuten Online Stellung zur verschleppten Portierung der Telefonnummer eines Redaktors und zum generellen Zustand des Kundendienstes. Eine neue Software sei der Kern der jüngsten Probleme – aber von nun an werde alles besser.
Wie kann es sein, dass in einem Schweizer Unternehmen Zustände herrschen, wie man sie allenfalls in einem Entwicklungsland erwarten würde? Der Fall eines 20-Minuten-Online-Redaktors (mein Fall), der innerhalb von vier Monaten erfolglos zweimal beim Cablecom-Kundendienst angerufen und einen eingeschriebenen Brief geschickt hat, erscheint geradezu lächerlich. In Internet-Foren beklagen sich Dutzende Menschen, sie hätten in kürzerer Zeit zigmal angerufen – aber es geschah einfach nichts, um scheinbar banale Probleme, wie falsche Rechnungsstellung, zu lösen.
Cablecom erklärt zu meinem Fall: «Bei der beantragten Nummernportierung kam es zu einer Verkettung von Problemen. Sie war auf den 22. Juli terminiert, wurde aber nicht ausgeführt, weil infolge der Softwareumstellung Probleme mit der Übernahme von Rufnummern auftraten. Wir konnten diese Aufträge nicht eruieren und stiessen erst mit Ihrer Anfrage darauf.» Gemäss Mediensprecher Hugo Wyler war ich nicht der Einzige, bei dem es zu Problemen mit der Nummernportierung kam. Detaillierte Zahlen gibt das Unternehmen nicht bekannt. Insgesamt erhalte der Cablecom-Kundenservice in einer Woche rund 50-60 000 Anrufe. Die Anliegen betreffen laut Wyler zum grössten Teil Routinevorgänge wie Adressberichtigungen, Rechungsauskünfte oder Produktwechsel – aber auch Reklamationen. Nach Einführung einer neuen Kundensoftware im August 2008 stieg die Zahl von September bis Ende Jahr über dieses Niveau an, seither hätten sich die Anrufe wieder im normalen Bereich eingependelt.
Ich erwiderte, mir erscheine es doch etwas merkwürdig, dass meine beiden Anrufe im August und September nach Behebung der Softwareprobleme nicht zu einer Auslösung der Portierung geführt hätten. Ausserdem hatte ich Mitte Dezember ja noch einen eingeschriebenen Brief mit Kündigungsdrohung geschickt. Wiederum gab es keinerlei Reaktion seitens Cablecom. Und das Unternehmen geht auch auf die Details meiner Rückfrage nicht ein.
Die Priorisierung von Kundenfällen ist abhängig von einer Reihe Parametern
Wie sieht es denn im Allgemeinen mit der Abarbeitung der Beschwerden aus? «Die Priorisierung von Kundenfällen im Backoffice ist individuell und abhängig von einer Reihe Parametern», antwortet die Cablecom. Ein fünf Monate alter Fall und angedrohte Kündigung genügen offenbar noch nicht, um ihn prioritär abzuwickeln.
Immerhin riskierte die Cablecom bei mir neben dem Verlust eines Kunden auch noch Zahlungen für den Swisscom-Anschluss, den ich weiterhin berappen musste, weil die Cablecom es versäumt hatte, ihn zu kündigen. Mir wurde versprochen, mein neues Kommunikationsunternehmen schreibe mir die Swisscom-Gebühren gut für die Zeit, bis der Wechsel besiegelt ist. Natürlich war die Rede von höchstens zwei Monaten. Wenn die Cablecom nun einräumt, den Vertrag nicht erfüllt zu haben und die vorzeitige Auflösung auf Ende Januar gewährt, dann müsste sie eigentlich auch die vollen Swisscom-Gebühren übernehmen, von Juli bis Januar, total 175 Franken. Das ist aber nicht so, für den Swisscom-Anschluss gibts nichts. Stattdessen erlässt mir Cablecom ihre Grundgebühren für die gesamte Zeit und gewährt eine «Kulanzgutschrift» von 43 Franken, total 150 Franken. Ganz nachvollziebar finde ich das nicht, aber was solls. Dreimal leer schlucken, weiter gehts.
Seit dem Jahreswechsel sei alles besser
Die Cablecom nimmt zum aktuellen Zustand ihres Kundendienstes wie folgt Stellung: «In aller Regel können die Kunden und Kundinnen seit dem Jahreswechsel wieder auf einen geregelten Service zählen. Unser Callcenter ist gut erreichbar und bei den Servicepoints (Shops) sind ausser zu Stosszeiten kaum Wartezeiten zu verzeichnen. Die Nachfrage im Shop am Hauptsitz in Zürich ging um einen Drittel zurück.» Hugo Wyler führt dies auf weniger Problemfälle zurück, welche Cablecom zu lösen habe.
Die neue Kundensoftware werde Vorteile bringen, denn «Damit liefern wir unseren Kunden nur noch eine einzige Rechnung für Digital-TV, Internet und Telefonie und die Zahlungs- und Mahnprozesse sind kundenfreundlicher geworden. Die Zusammenführung der Kundendaten erleichtert auch die Arbeit im Callcenter. Dies macht sich inzwischen bemerkbar.» Ausserdem habe das Unternehmen einen Shop in Zürich ausgebaut und in Bern und Basel zwei neue eröffnet. Diese seien gut aufgenommen worden. Damit steigt die Zahl der Servicepoints auf sechs. «Personelle Kapazitäten wurden in allen Verarbeitungsbereichen erhöht», gibt Cablecom zudem bekannt.
Wird es nun tatsächlich besser?
Es trifft gewiss zu, dass die Einführung neuer Technologien fast immer mit Problemen behaftet ist. Darüber hinaus muss realistischerweise davon ausgegangen werden, dass in einem grossen Unternehmen mit über eineinhalb Millionen Kunden zwangsläufig das eine oder andere schief laufen wird.
Nachdenklich stimmt jedoch, dass Cablecom schon seit Jahren negativ auffällt und gemäss der Konsumentenzeitschrift «Beobachter» auch schon seit Jahren Besserung in Aussicht stellt. 2008 registrierte die Konsum-Hotline der Zeitschrift 442 Klagen wegen Cablecom. Damit landet der Kommunikationsriese auf Rang 2 der «Flop 5 der Unternehmen». In den letzten zwei Jahren hatten (betrügerische) Internetfirmen die Cablecom von Platz 1 verdrängt. Fairerweise soll hier gesagt sein, dass es die Swisscom mit 263 klagenden Kunden auf Platz 3 und die Sunrise mit 198 Klagen auf Platz 5 der Anwärter für den «Prix Blamage» des Beobachters geschafft haben.
Lesen Sie hier Teil 1!
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Cablecom verliert bei Telefonie und Internet
Gemäss veröffentlichen Zahlen hat die Cablecom im dritten Quartal 2008 Kunden verloren. Und zwar rund 2000 im Internet und 1000 in der Telefonie. 8000 sind jedoch beim digitalen Fernsehen dazugekommen. Minus 4000 beim analogen: Ebensoviele müssen sich also als Neukunden bei Cablecom-Digital-TV angemeldet haben. Der Rückgang bei den Internet- und Telefonkunden ist ein herber Schlag für Cablecom, denn bislang ging es stets steil aufwärts von 270 000 auf 455 000 Kunden beim Internet zwischen 2004 und 2007, und von 103 000 auf 288 000 bei der Digitaltelefonie. 2007 hatte Cablecom 1 298 000 Kunden beim analogen Fernsehen und 253 000 beim digitalen.