Studie zeigtSchweizer Eltern misstrauen Games
2,2 Millionen Gamer gibt es in der Schweiz, doch die Skepsis ist längst nicht verflogen. Fast die Hälfte der Eltern glaubt, Games machen ihre Kinder aggressiv.

Games sind längst kein Kinderkram mehr. Schweizer Gamer sind inzwischen durchschnittlich 35 Jahre alt.
Bereits 41 Prozent der Erwachsenen Schweizer sind Gamer – Tendenz steigend. In absoluten Zahlen sind das 2,2 Millionen. Diese eindrückliche Zahl nennt der Schweizer Branchenverband der Spieleindustrie SIEA, der sich auf eine internationale Konsumenten-Studie bezieht.
Wenn Peter Züger, Präsident der SIEA, von Gamern spricht, hat er allerdings nicht nur klassische Gamer vor Augen. Gamer also, die regelmässig am PC oder auf Spielkonsolen zocken. In die 2,2 Millionen fliessen vielmehr alle 16- bis 64-Jährigen ein, die in den letzten zwölf Monaten ein Spiel angerührt haben, egal ob auf dem PC, Smartphone oder Spielkonsolen.
Der harte Kern der Gamer ist aber weit kleiner. In der gleichen Studie sagt nur jeder Fünfte, wöchentlich zu spielen und lediglich jeder Vierte gibt an, sich für Games zu interessieren. Der Branchenverband SIEA wendet insofern eine äusserst grosszügige Definition an, wenn er 41 Prozent der Bevölkerung zu den Gamern zählt. Und trotzdem: Populäre Download-Spiele für Smartphones oder Webbrowser-Games haben den Anteil der Bevölkerung, der mehr oder weniger regelmässig mit Games in Berührung kommt, in nur vier Jahren massiv erhöht.
Schweizer sind besonders Games-kritisch
Die Botschaft der SIEA ist klar: Games seien in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Doch ist das so? Geniessen Games mittlerweile dieselbe Akzeptanz wie Filme oder Bücher? Die am Dienstag von der SIEA präsentierte Studie lässt Zweifel aufkommen. So befürworten 28 Prozent der befragten Eltern strengere Altersvorgaben für Videospiele als für Filme. Umgekehrt verlangen nur sechs Prozent rigidere Vorschriften für Filme im Vergleich zu Games. Im Alltag wird ein bluttriefender Quentin-Tarantino-Film à la Kill Bill weit eher abgesegnet als ein ähnlich brutales Videogame. «Bei Games und Filmen sollte mit den gleichen Massstäben gemessen werden», sagt hingegen SIEA-Präsident Züger. Er beruft sich auf die Wissenschaft, die Gewaltfilme tendenziell gar als gefährlich beurteile.
Im Vergleich zum Ausland sei die Schweiz keine Gamer-Hochburg, was die Skepsis der Eltern erkläre, glaubt Züger. Die Debatte um Videogames habe in der Schweiz erst spät eingesetzt, als vor wenigen Jahren die sogenannten Killerspiele in den Fokus der Medien rückten. Die negative Berichterstattung sei noch in den Köpfen der Menschen. Das verbreitete Misstrauen zeigt sich darin, dass 43 Prozent der Schweizer Eltern glauben, dass Games ihre Kinder aggressiver machen. Zum Vergleich: Im Nachbarland Deutschland vertreten nur zwölf Prozent diese Meinung.
Elektronische Spiele werden allgemein in Europa weit positiver wahrgenommen. Die kritische oder vielleicht auch verantwortungsvolle Haltung in der Schweiz zeigt sich auch bei anderen Antworten: 60 Prozent der Eltern behaupten, die Jugendschutzeinstellungen von Spielkonsolen bei ihren sechs- bis neunjährigen Kindern aktiviert zu haben. In Europa geben weniger als 30 Prozent der Eltern diese Antwort. Mit Alters-Einstellungen lässt sich beispielsweise verhindern, dass Spiele für Erwachsene auf einer Playstation oder Wii gespielt werden können.
Branche setzt auf Selbstverantwortung
Seit 2006 verpflichtet sich der Schweizer Spielehandel auf freiwilliger Basis auf den Verkauf von Gewaltspielen an Kinder und Jugendliche zu verzichten und die Vorgaben des europaweiten Alterseinstufungssystem PEGI zu respektieren. «97 Prozent der Händler haben den Verhaltenskodex unterschrieben», sagt Züger. Seine Durchsetzung würde stichprobenartig überprüft. Für den SIEA-Präsidenten ist die freiwillige Selbstkontrolle der effizienteste Weg zu einem wirksamen Jugendschutz. Die Branche sei auf dem richtigen Weg. Herausforderungen sieht Züger allenfalls bei der Schulung des Verkaufspersonals. Temporär arbeitende Verkäufer könnten zu wenig für das Thema Jugendschutz sensibilisiert sein.
Der Ball liegt beim Bund
Auf die Finger schaut der Spielebranche der Bund. Bis Ende 2014 werde unter anderem die Wirksamkeit der freiwilligen Selbstkontrolle evaluiert, sagt Thomas Vollmer, Leiter Jugendschutzprogramme beim Bundesamt für Sozialversicherungen. Er erwartet für 2015 eine Entscheidung des Bundesrats, wie der Jugendschutz künftig gehandhabt werden soll – weiter auf freiwilliger Basis oder gesetzlich verankert.
Dass Händler, die Kindern Gewaltspiele verkaufen, künftig auch strafrechtlich belangt werden könnten, will die SIEA akzeptieren. «Generelle Verbote von Gewaltspielen sind hingegen problematisch, da so erwachsene Gamer entmündigt werden», sagt Züger. Die Praxis in Deutschland, wo sogenannte Killerspiele verboten werden können, zeige, dass Indexlisten zu Einkaufslisten werden.
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