Spielschmiede EtterDer mysteriöse Schweizer Gamedesigner
Er zeigt sein Gesicht nicht öffentlich, gibt kaum Interviews und lässt lieber seine Arbeit sprechen: Der vielseitige Schweizer Christian Etter will mit «Drei» die Gamewelt erobern.

Will (beinahe) anonym bleiben: Schweizer Gamedesigner Christian Etter.
Strahlend fällt der sonnige Herbsttag in den grossen, weiss getünchten Raum. In stiller Konzentration arbeitet ein Dutzend Leute an Computern, in einer Ecke stehen professionelle Fotolampen, in einem anderen Teil hat ein Künstler seine Staffelei aufgestellt und malt Portraits. In einem separaten Raum knallen die Bälle eines Tischfussballspiels, es herrscht die Aufbruchsstimmung von Startup-Unternehmen in der ehemaligen Schreinerei am nördlichen Rand von Zürich Wiedikon.
Scheitern als Teil des Wegs
Hier ist auch das Reich von Christian Etter und seinen drei Mitarbeitern des Etter Studios. Während manche Spielentwickler alles tun, um ins mediale Rampenlicht zu kommen, gibt es auch solche wie Christian Etter, die ihr Gesicht am liebsten nicht öffentlich zeigen: Sie arbeiten im Stillen vor sich hin, lancieren ihre Ideen ohne Aufhebens. Herausgebracht wurde von Etter Studios das iOS-Game «Drei», dessen Prototyp vom Pro-Helvetia-Förderprogramm Gameculture.ch für die Gestaltung, das witzige, universell verständliche Spielprinzip und die geometrische Brillanz mit einem stolzen Betrag unterstützt wurde. Nun ist «Drei» weltweit im Appstore erschienen. Bis es so weit war, erlebte «Drei» indessen einen ähnlich harzigen Start, wie Etters einstigen Businesspläne.
Denn der 1983 geborene, bei der NZZ ausgebildete Polygraph gründete bereits als Zwanzigjähriger seine erste Firma im digitalen Bereich – um mit wehenden Fahnen wieder unterzugehen. «Ich hatte weder Ahnung von Finanzen noch von Management, das Unternehmen war ein Desaster», sagt Etter lachend. Womit er bereits vom digitalen Space genug hatte, nach Kolumbien reiste und Sozialarbeit leistete. Bis ihm das Geld ausging.
Von der Werbung zum Game
Was ihn zurück nach Europa und ins Epizentrum der Werbung brachte: Er fand eine Stelle bei der renommierten Werbeagentur Saatchi & Saatchi in Mailand und erkannte, dass die italienische Welt der Werbung nicht sein Ding war. Er wechselte zu Benetton und fand sich wenig später in England als Senior Creative Designer einer Produktionsfirma wieder. «Hier bekam ich mein erstes graues Haar», sagt Etter. Kurzerhand entschied er sich, dass er nicht mit Vierzig den ersten Herzinfarkt haben wollte. Etter kehrte in die Schweiz zurück, gründete seine eigene kleine Firma, hatte mit Aufträgen aus der Technologie- und Werbeindustrie erste Erfolge und zählt mittlerweile renommierte Unternehmen zu seinen Kunden.
Er brachte indessen auch eine Idee aus England mit: diejenige für ein Game, dem der Turmbau von Babylon zugrunde liegt. Ursprünglich für ein grosses, amerikanisches Unternehmen entworfen, von diesem aber abgelehnt und danach auch von anderen potenziellen Kunden als «furchtbar» (Zitat Etter) empfunden, konnte er für das Spiel keinen Abnehmer finden. Dennoch liess ihn die Idee auch in der Schweiz nicht los. Weil er sowieso den Weg von der Werbung weg und hin zur Herstellung eigener Produkte suchte, entschloss er sich, das Game selbst umzusetzen. Im Schweizer Gamedesign-Genie Mario von Rickenbach fand er einen geeigneten Partner und die zwei entwickelten «Drei».
Gamen ohne Sprachbarrieren
Der Clou von «Drei»: Das Multiplayer-Game funktioniert parallel in 18 Sprachen und erlaubt weltweit Spielern, ohne Sprachbarrieren miteinander im Ko-op-Modus zu spielen. «Ich habe Arabisch ebenso eingebaut wie zum Beispiel romanisch», sagt Etter. Ihn störe, dass das Internet vorwiegend in Englisch funktioniere und kulturelle Eigenheiten in Vergessenheit geraten. Zwar bietet die sprachliche Einheit auch Vorteile, den Einheitsbrei, der aus der Globalisierung resultiert, empfindet er jedoch als schade.
Auf einen Nenner will folgerichtig auch er nicht bringen lassen. Als nächstes Projekt möchte er ein eigenes Möbelsystem lancieren. «Danach steht eine interaktive Version eines Kurzfilms auf dem Programm», sagt er abschliessend.
Gametrailer «Drei»
(YouTube)