Echte AuswirkungenDie «Sims» können auch Ihr Leben verändern
Doofes Puppenspiel oder das beste Game der Welt? Die Lebenssimulation «Die Sims» ist gerade auch bei Frauen sehr beliebt. Ein Zürcher Forscher ging dem Erfolg auf den Grund.

Toast auf ein besseres Leben: Die Lebenssimulation «Die Sims» kann als Probenbühne für ein alternative Rolle im richtigen Leben dienen.
Eigentlich sollten sie ja nur eine Nebenrolle spielen: Im Jahr 2000 wurden die «Sims» vom Entwicklerstudio Maxis als Spin-off der beliebten Städtebausimulation «SimCity» ins Leben gerufen - als kleines Spiel zum erfolgreichen Bruder. Es sollte nicht lange dauern und die Lebenssimulation, die Spieler (und vor allem Spielerinnen) als Voyeure das menschliche Treiben beobachten lässt, übernahm die Hauptrolle.
Vor allem bezüglich der Verkaufszahlen liessen die «Sims» das Städtebau-Game - und gleich auch alle anderen PC-Spiele - um Längen hinter sich: Von allen «Sims»-Spielen zusammen wurden laut Publisher Electronic Arts über 100 Millionen Stück verkauft. Von der «Die Sims 3»-Reihe inklusive allen Add-ons gingen fast 20 Millionen Stück über den Tresen (Quelle: vgchartz.com). Auch das jüngste Werk «Die Sims 4» setzte sich nach Verkaufsbeginn am 4. September 2014 an die Spitze der PC-Charts und hat sich zum Zeitpunkt dieses Artikel beinahe eine halbe Million Mal verkauft.
Gekauft wurde das Spiel früher zum grösseren Teil von Frauen: 2003 schätzte der Publisher Electronic Arts den Frauenanteil der «Sims»-Spieler auf rund 60 Prozent. Heute sei die Spielergruppe ausgeglichen, sagt Andreas Müller, Senior PR Manager GSA der «Sims». Während sich Männer eher für die baulichen Aspekte interessieren, nutzen Frauen das Game eher, um Geschichten zu erzählen.
Wie im echten Leben
Ist es der Puppenhauseffekt, der das Spiel beliebt macht? Spielt der Voyeurismus eine Rolle? Oder sind es die lustige Sprache Simlish und das herzige Verhalten? Der Medienforscher Florian Lippuner von der Universität Zürich sieht den Erfolg beim weiblichen Publikum vor allem darin, dass die Lebenssimulation nicht primär auf männliche Themen wie Kampf und Macht getrimmt ist. «Das Geschehen spielt nicht in einer fremden, furchteinflössenden Welt, sondern quasi in den eigenen vier Wänden», sagt er. «Die Sims» sind näher am echten Leben, was vor allem Frauen anspreche.
Der Reiz von «Die Sims» liegt laut dem Medienwissenschaftler in der Möglichkeit, das soziale Umfeld entweder getreu dem echten Leben abzubilden oder aber eine alternative Welt zu erschaffen, um neue Rollen auszuprobieren und soziale Beziehungen zu testen. Dies kann Auswirkungen aufs echte Leben haben, wie Lippuner aus eigenen Forschungen weiss.
«Die Sims» als Spiegelbild
Als Beispiel nennt er eine junge Frau, die wegen zerrütteter Familienverhältnisse über «Die Sims» einen Ausweg aus ihrer Ohnmacht gesucht und die Familienverhältnisse im Spiel nach ihren Wünschen abgebildet hat. So konnte sie auch ihrer Wut Ausdruck verleihen und sich in der Familiensituation besser zurechtfinden. Die Frau habe sich im Spiel zudem eine neue Rolle und ein anderes Aussehen verschafft, weil sie mit ihrem realen Auftreten als braves Mädchen unzufrieden war. Sie fühlte sich darin so wohl, dass sie sich auch im wirklichen Leben optisch dem digitalen Spiegelbild annäherte. «Das Spiel war die Probebühne für den einsetzenden Wandel», sagt Lippuner.
Das Spiel kann denn auch die Selbstreflexion fördern. Indem Spielerinnen und Spieler in verschiedene Rollen schlüpfen, halten sie sich einen Spiegel vor und das eigene Verhalten wird mit demjenigen der künstlichen Figuren in bestimmten Situationen verglichen. Aber zuvorderst geht es in «Die Sims» natürlich um Unterhaltung. «Und manchmal einfach auch nur um eine Fortführung des ‹Theäterlens› aus der Kindheit», schliesst der Wissenschaftler.
Gametrailer «The Sims 4»
(Youtube)
«Die Sims 4»
Die Lebensimulation «Die Sims 4» ist am 4. September für PCs erschienen. In der Simulation erstellen Spieler ihre eigene Gamefigur - den Sim -, schaffen ihr ein Lebensumfeld inklusive einem Zuhause und lassen sie in sozialen Kontakt zu anderen Sims treten. Spieler müssen dafür Sorge tragen, dass es dem Sim gut geht und er gedeiht. Spielern steht es frei, Fanatsiefiguren zu schaffen oder ein Ebenbild des eigenen Lebens zu kreiern.