Gamer-TalkshowDie «stinkenden Gamer» diskutieren
Nach der Reportage über schlecht riechende Gamer wehte RTL ein Shit-Hurrican aus dem Netz entgegen. Der Privatsender musste zu Kreuze kriechen. Nun folgt die Aufarbeitung in der Gamer-Szene.
Mit einem diffamierenden Beitrag über angeblich stinkende Freaks hat sich RTL im vergangenen Sommer in die Nesseln gesetzt. Das Boulevard-Magazin «Explosiv» bediente sämtliche Klischees aus der Mottenkiste: Der Gamer ist ungepflegt und stinkt. Er hat keine Freundin und bestimmt auch keine Freunde. Um das zu beweisen, wurde ein Kamerateam an die Spiele-Messe «Gamescom» entsannt. Die Mission: Die Linse gezielt auf die skurrilsten Gamer halten und sie als asoziale, potenzielle Amokläufer darstellen (20 Minuten Online berichtete).
Der tendenziöse Beitrag entwickelte sich zum Bumerang: Im RTL-Forum und mit Tausenden E-Mails droschen wütende Gamer tagelang auf die Moderatoren des RTL-Magazins «Explosiv» ein. Es folgten Hass-Gruppen auf Facebook, anonyme Beschimpfungen und die Fachpresse warf sich mit Rache-Video-Beiträgen und Kommentaren schützend vor ihre Klientel. Schliesslich ging RTL in die Knie und entschuldigte sich. «Die Verallgemeinerung und Überzeichnung des Beitrags war ein Fehler. Wenn wir damit Gefühle verletzt haben sollten, entschuldigen wir uns ausdrücklich dafür.»
Die Gamer schiessen zurück
Quelle: YouTube/RealTimeLiesInc
Nun erfolgte die Aufarbeitung des sommerlichen Shitstorms anlässlich der Gamer-Talkshow «Games Culture Circle» in Berlin: «RTL hat mit diesem Beitrag nicht irgendeine Subkultur angegriffen, sondern einen Grossteil der Bevölkerung und denen gesagt: Ihr stinkt alle», wird René Walter vom Blog «Nerdcore» im Tech-Portal golem.de zitiert. Eine Meinung, die wohl über 90 Prozent der Leser von 20 Minuten Online in ihren Kommentaren teilten.
Sind Gamer dünnhäutig?
Mit einem halben Jahr Abstand werden aber auch selbstkritische Stimmen laut: War die Wucht der Reaktionen aus der Gamer-Community nicht doch ein wenig übertrieben? Gilt gar auch hier das Sprichwort «Getroffene Hunde bellen?».
Talkgast, Gamer und Medienwissenschaftler Mathias Mertens wunderte sich etwa, dass «keine Gelassenheit da ist, dass man sagt, das kann man auch einfach mal ignorieren». Ihm falle auf, dass sich die Szene immer dann zusammenrotte, wenn bestimmte Reizwörter in den Medien fallen – beispielsweise Amokläufer oder halt angeblich stinkende Gamer. Selbst bei alltäglichen Begriffen wie «Gamefreak» fühlen sich manche Zocker auf den Schlips getreten. Andererseits würde sich wohl kein Zeitungsleser dagegen wehren, als «Musikfreak» tituliert zu werden.
Einem möglichen Grund für die dünne Haut mancher Gamer kam die Diskussionsrunde denn auch auf die Spur: Ständig gibt's verbale Prügel von Eltern, Lehrern und Medien. Und von den Politikern sowieso. Es sei daher kein Wunder, dass die Gamer-Community rasch und heftig zurückschiesse.
Nicht wenige Gamer scheinen sich zu gefallen in der Opferrolle
einer angeblich verallgemeinernden und Vorurteile schürenden Berichterstattung. Ein Gast im Publikum meinte gar, dass Gamer selbst voller Vorurteile seien. Dies zeige sich etwa in der überheblichen Ablehnung der selbsternannten Gamer-Elite gegenüber den zahlreichen Gelegenheitsspielern.
Was ist ein Gamer?
Quelle: YouTube/lillylotus
Die RTL-Reportage von der Gamescom
Quelle: YouTube/dislikeRTL
So berichtete 20 Minuten Online von der Gamescom
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