So poetisch kann ein Game sein

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Es werde LichtSo poetisch kann ein Game sein

Licht statt Dunkel: Das Ausnahmegame «Child of Light» bietet eine erhellende Abwechslung zur düsteren Gamewelt. Gesprochen wird darin in Versen.

Jan Graber
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Jan Graber

Vielspieler wissen es: Die Gamewelt ist ein düsterer Platz. Dämonen und Monster bevölkern dunkle Höhlen und Verliese, Helden stolpern durch schlecht erleuchtete Gänge, kämpfen sich durch zerfallende Welten und bröckelnde Häuserschluchten und gehen mit Stahl, Schneid und Feuerkraft gegen die vielseitige Bedrohung der Menschheit vor. Abgesehen von wenigen Ausnahmen ist die Stimmung alles andere als erhellend, Niedertracht und Mordlust beherrschen die Gameuniversen.

Monster, Dämonen und fiese Fabelwesen spielen zwar auch im Abenteuerspiel «Child of Light» eine wichtige Rolle, ebenso wie die Schwarze Königin, die sich Mond, Sonne und Sterne unter den Nagel gerissen hat: Sie will Lemuria in ewiges Dunkel stürzen. In dieser Welt findet sich eines Nachts die Prinzessin Aurora wieder – nachdem sie in ihrer echten Welt gestorben ist: In der Nacht, als sich ihr Vater mit einer neuen Frau vermählt, entschläft die Prinzessin unversehens. In Lemuria trifft sie auf einen kleinen Leuchtball namens Igniculus, der sie fortan begleitet und ihr bei ihren Aufgaben hilft, sowie auf weitere schräge Gestalten, die sich dem Mädchen mit der Krone ebenfalls anschliessen und ihr in Kämpfen zur Seite stehen.

Schön wie ein Märchen

Anders aber als in vielen Spielen ist die Welt Lemuria kein destruktiv wirkender, ausschliesslich feindlicher Ort. Der Spieler steuert Aurora durch von Hand gezeichnete, stimmungsvolle Level, die an sich schon kleine Kunstwerke darstellen und eine märchenhafte Welt zeigen. Sie kann fliegen und gehen und ist auf der Suche nach einem Weg zurück. Doch sie muss dafür das Licht finden. Es gilt, verwinkelte und versteckte Orte zu entdecken, die bisweilen von fiesen Fabelwesen bewacht werden.

Kommt Aurora in Kontakt mit einem dieser Wesen, beginnt ein rundenbasierter Kampf: Jeder Figur, egal ob Freund oder Feind, steht in jeder Runde eine Aktion zu: ein Angriff, eine magische Attacke, Trinken eines Heilmittels oder zum Beispiel Beschleunigen der Zeit, um schneller zum Zug zu kommen. Diese Art des Messens ist sonst eher ein Element nerdiger Rollenspieler. In «Child of Light» sind die Kämpfe aber auch von Gelegenheitsspielern zu meistern. Aurora kann den Kämpfen aber auch ausweichen, einfach, indem der Igniculus die Gegner blendet, während sie vorbeifliegt. Allerdings erhält Auroras lustige Truppe so auch keine Upgradepunkte, und ohne diese sind die härteren Bosskämpfe kaum zu bestehen.

Die Kraft der Poesie

Den besonderen Charme von «Child of Light» machen jedoch nicht die Kämpfe, sondern die Szenen dazwischen aus, der poetische Umgang mit dem Thema Tod und Leben. Die Bewohner von Lemuria unterhalten sich ausschliesslich in Gedichtform – die Sätze reimen sich. Untermalt wird das Spiel von einem brillanten Soundtrack, der eine leichtfüssige und dennoch melancholische Atmosphäre schafft. Die handgezeichneten, sich verzweigenden Levels motivieren zu Entdeckungsreisen und dem Sammeln von hilfreichen Tränken für die nicht immer leicht zu meisternden Kämpfe.

Kurz: «Child of Light» ist ein mutiges Spiel, mit dem die Entwickler des Herausgebers Ubisoft eine alternative Stimmung zu den üblichen düsteren und blutrünstigen Games zu setzen versuchen. Das Spiel bringt das Thema Tod besser auf den Punkt als so mancher Killerkracher. Der Spieler spürt, dass in «Child of Light» Herzblut und Liebe fürs Detail steckt. Das Game, das für PC, PS4 und Xbox One erschienen ist, gehört damit zum Schönsten und Poetischsten, in das Spieler aktuell eintauchen können.

Gametrailer «Child of Light»

(YouTube)

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