Verliebt in «Diablo» oder Apples iPhone

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Gamer in EkstaseVerliebt in «Diablo» oder Apples iPhone

Apple ist der Meister darin, doch auch Spiele wie «Diablo 3» lassen ihre Fans im Kollektiv hyperventilieren. Was hinter einem solchen Hype steckt? Ein Mix aus Exklusivität und Hormonen.

von
Jan Graber

Der letzte ist erst ein paar Tage her: Letzte Woche gab es einen Hype. Doch diesmal standen nicht Apple-Jünger Kopf, sondern die Game-Community. Der Auslöser für die millionenfache Synchron-Hysterie: Das PC-Spiel «Diablo 3». Über zehn Jahre mussten Fans auf das neue Abenteuer warten. Als es erschien, kam die Veröffentlichung einem Heilsversprechen gleich.

Der Hype um «Diablo 3» ist indessen nur einer in einem sich stets wiederholenden Spiel: Jedes Jahr bringen Gamepublisher mehrere heiss ersehnte Titel auf den Markt, die bereits Monate vor der Veröffentlichung in Fankreisen zum sogenannten «Buzz» führen: dem Twittern, Chatten und Bloggen über das Spiel. Jedes kleinste Detail wird gierig aufgesogen. Damit der Hype just zur Veröffentlichung kulminiert, wird zudem eine massive Marketingmaschinerie angeworfen. Doch was braucht es, damit die kollektive Begeisterung für ein «simples» Produkt entflammt?

Auf der Suche nach dem Kick

«Die Menschen lieben emotionale Achterbahnfahrten», sagt Karin Frick, Forschungsleiterin im Gottlieb Duttweiler Institut, einer Organisation, die sich mit Trends auseinandersetzt. Die Suche nach dem sich stets wiederholenden Kick sei eine der Hauptursachen für Hypes. «Wir sind gefühlsgesteuerte Wesen», sagt die Forscherin. Eine Form von Alltagsflucht will sie dahinter nicht sehen, sondern vielmehr die Lust auf die stetige Stimulation.

Mit dem Internet und den Social-Media-Netzwerken ist der Kreislauf der Hype-Zyklen zudem schneller geworden. «Die härteste Konkurrenz für einen Hype ist der nächste Hype», sagt Frick. Social-Media-Plattformen würden die sozialen Prozesse beschleunigen.

Apple und H&M zelebrieren den Hype

Hypes lassen sich bei allen Bereichen feststellen, die eine Gemeinschaft von Liebhabern finden. Für ein neues iPhone campen Fans stundenlang vor dem Shop, eine limitierte Designer-Edition von H&M führt ebenso zu Schlangen vor dem Laden. Zusätzlich angeheizt wird das Fieber mit Lancierungspartys und Mitternachtsverkäufen, wo sich Fans die Füsse plattstehen, um an ein begehrtes Exemplar zu kommen.

Den schärfsten Liebespfeil, den Marketingprofis im Köcher haben, heisst Verknappung. Gibt es von einem Produkt nicht genügend Stück, wird die Begehrlichkeit erst recht geweckt – so sehr, dass der Preis für manche Konsumenten keine Rolle mehr spielt. Viel wichtiger ist es, dass sie zu den Ersten gehören, die das Produkt in den Händen halten. Es geht um Status: Wer zuerst ist, erhofft sich die Anerkennung durchs Umfeld.

Das Tal der Enttäuschung

Marketing alleine reicht dazu allerdings nicht. Nur wenn ein Game bereits eine treue Fangemeinde hat, kann der «Buzz» entstehen. So führte die Lancierung des ersten Gametrailers von «Call of Duty: Black Ops 2» zu einer Vervierfachung der Suchanfragen, Blogeinträge und Social-Media-Messages, weil die frühen «Call of Duty»-Spiele bereits eine eingeschworene Shooter-Gemeinschaft gefunden hatten.

Ebenso schnell wie ein Hype entsteht, kann er kippen. In der Trendforschung spricht man hierbei vom «Tal der Enttäuschung» - etwa, wenn das Produkt die Erwartungen nicht erfüllt oder gravierende Mängel aufweist. Beispiel «Diablo 3»: Weil zum Spielstart wegen dem immensen Ansturm die Server abrauchten, konnten unzählige das Game am Anfang nicht spielen. Prompt droschen die Enttäuschten auf den Entwickler Blizzard ein. Ihrem Ärger machten sie Luft, indem sie «Diablo 3» in Bewertungssystemen wie auf Amazon mit nur einem von fünf Sternen bewerteten.

Verliebte Gamer

Mit der tatsächlichen Qualität des Games haben die schlechten Bewertungen kaum etwas zu tun. Vielmehr geht es um pure Emotionen. «Hypes sind vergleichbar mit dem Verliebtsein», weiss Frick. Eine Untersuchung habe gezeigt, dass bei Hypes dieselben Hormone im Spiel sind wie bei Frischverliebten. Bezeichnend ist deshalb, dass der Ärger über technische Mängel meist schnell wieder verfliegt. Die Liebe ist stärker, genauso wie bei Frischverliebten, die die negativen Seiten ihrer Partner so lange ausblenden, bis die Phase der Verliebtheit vorbei ist. Aber Gamefans fiebern bis dahin sowieso bereits wieder dem nächsten Must-have-Game entgegen.

Gametrailer «Diablo 3»

Quelle: YouTube.com

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