DAB+ statt UKW«Digitales Radio ist besser für die Umwelt»
Die Schweiz gehört in Sachen Digitalradio zu den führenden Ländern Europas. Ralf Reynolds vom britischen Gerätehersteller Pure erklärt, warum Digitalradio nicht nur etwas für alte Knacker ist.
Die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) hat Grund zum Jubeln: Digitalradio, gefördert von der SRG-Tochter MCDT AG, erreicht hierzulande 2,4 Millionen Hörer. Im Juli wurde das millionste Empfangsgerät verkauft. Bei den Herstellern hat die britische Firma Pure die Nase vorn, deren Mutterkonzern Imagination Technologies eine 80-köpfige Entwicklungsabteilung betreibt und alle grossen Marken wie Apple und Nokia mit Multimedia-Technologie beliefert. «Wir designen alles selbst», sagt Ralf Reynolds, Regionaldirektor von Pure, im Gespräch mit 20 Minuten Online.
Herr Reynolds, Digitalradios sind teuer und kompliziert, stimmts?
Ralf Reynolds: Wenn einfache UKW-Radios für 15 Franken im Verkaufsregal neben leistungsfähigeren Digitalradios stehen, kann dieser Eindruck entstehen. Doch das ist nicht die ganze Wahrheit.
Sondern?
Digitalradios sind in der Regel zwar teurer in der Anschaffung, doch sie bieten ein beträchtliches Sparpotenzial, weil der Energieverbrauch tief ist. Die wenigsten Leute wissen, dass sie mit einem herkömmlichen UKW-Radio einen Stromfresser im Schlafzimmer haben. Ein Digitalradio kann sich allein schon wegen der Stand-by-Zeiten in eineinhalb Jahren rechnen.
Digitalradios sind umweltfreundlicher?
Das gilt nicht nur auf Konsumentenseite, sondern auch auf der Seite der Sender-Betreiber. Wenn die gesamte Wertschöpfungskette betrachtet wird, ist Digitalradio nicht nur wirtschaftlicher, sondern auch umweltfreundlicher: Digitalradio benötigt pro Programm lediglich zehn Prozent der Energie, den das Radiohören über UKW verbraucht.
Aber die Bedienung ist komplizierter.
Nein, im Gegenteil. Digitalradios sind einfacher zu bedienen. Sie bieten einen störungsfreien Empfang und eine hohe Klangqualität. Alle empfangenen Programme werden automatisch aufgelistet und mit Namen angezeigt. Das Suchen nach der idealen Frequenz entfällt.
Ist Digitalradio in Zeiten von Streaming und Internetradio ein Medium für die junge Generation?
Es wird gesagt, dass der Rundfunk die jungen Leute verpasst. Wir stellen aber fest, dass der Altersdurchschnitt sinkt. Früher waren die meisten Kunden im Alterssegment 65+. Heute ist der durchschnittliche Käufer 35 bis 45 Jahre alt.
Was ist mit den Jüngeren?
Das hängt vom Angebot der Spartensender ab. Die meisten Leute finden zum Rundfunk zurück, wenn es intelligent gemachtes Radio gibt. Ab einem gewissen Alter werden regionale Informationen aus der eigenen Umgebung gewünscht.
Wo kann man in der Schweiz Digitalradio hören?
Sowohl beim Skifahren wie auch zuhause: Outdoor beträgt die Abdeckung trotz der schwierigen Topografie des Landes 99 Prozent, in den Haushalten über 90 Prozent. Die SRG hat gute Arbeit geleistet, Respekt!
Wie steht es um den Empfang in Tunnels?
Einige Tunnels sind bereits mit entsprechenden Signalen ausgerüstet, weitere sind im Verlauf von 2013 geplant. Moderne Auto-Digitalradios wechseln heute schon automatisch von DAB+ auf UKW, wenn es kein Signal gibt.
Was muss ich beim Kauf eines Digitalradios beachten?
DAB+ ist heute Standard. Mittlerweile sind über 200 Modelle in allen Preisklassen erhältlich. Am besten informiert man sich im Internet und achtet auch auf die unabhängigen Gütesiegel. Auch der Fachhandel bietet eine grosse Auswahl an Digitalradios an.
Warum ist im iPhone kein Digitalradio drin?
Das ist technisch machbar und wird auch kommen, davon bin ich überzeugt. Zwar können einige Smartphones bereits Digitalradio empfangen, doch bekannte Hersteller wie Apple und Samsung haben noch keine Empfänger eingebaut. Das hängt wohl auch mit den Mobilfunk-Providern zusammen: Die wollen es nicht, weil sie nichts am Digitalradio verdienen.
Was sind die vielversprechendsten technischen Trends?
Das Angebot an Digitalradio-Programmen wird laufend erweitert. Grosses Potenzial besteht bei den Zusatzdiensten: Bild und Text, der auf dem Display angezeigt wird – so können die Radiosender zum Beispiel die Plattencover der abgespielten Musik einblenden. Auch Verkehrs- und Navigationsinformationen können so verbreitet werden. Ausserdem können die Sender mit den Hörern kommunizieren und Wettbewerbe und Abstimmungen durchführen.