Sex-Roboter«Von Maschinen werden wir niemals geliebt»
Was passiert, wenn Technologie in die intimsten Bereiche der Menschen Einzug hält? Ein Schweizer Roboter-Experte gibt Auskunft.
Geschlechtsverkehr läuft heute noch meist so ab wie seit Anbeginn der Zeit: Zwei Menschen vollziehen zusammen den Akt. In Zukunft könnten beim Sex aber auch Roboter eine Rolle spielen. Ein Gedanke, der nicht nur in Filmen thematisiert wird, sondern auch in der Wissenschaft Fragen aufwirft.
Letzte Woche fand am Goldsmith College in London ein Kongress zum Thema «Liebe und Sex mit Robotern» statt. Mit dabei war Professor Oliver Bendel von der Fachhochschule Nordwestschweiz. Im Interview spricht er über die künftige Rolle der Technologie im Liebesleben der Menschen:
Sex mit einer Maschine – was sind die Vor-, was die Nachteile?
Vorteile sind, dass die Maschine immer verfügbar ist, dass sie nach den eigenen Wünschen gestaltet werden kann und nicht altert. Ein Nachteil ist, dass Roboter für die meisten Menschen schlicht nicht anziehend, sondern im Gegenteil abstossend sind. Die meisten wollen echte Menschen haben, sie spüren, sie umarmen. Sie wollen lieben und geliebt werden. Von Maschinen werden wir aber niemals geliebt.
Bräuchte ein Sex-Roboter eine Art Moral?
Die Thematik fällt in meinen Forschungsbereich. Ich entwickle Maschinen, die sich in unserer Abwesenheit moralisch so verhalten, wie wir dies auch tun würden. Einem Sex-Roboter könnte man also durchaus Grundzüge einer Moral beibringen. Er sollte den Besitzer nicht schwer verletzen, auch wenn dieser es verlangt. Und er sollte sich verweigern, wenn es etwa um fragwürdige Handlungen an anderen Personen geht. Bei komplexeren Fragen bin ich mehrheitlich skeptisch. Im Bereich der selbstfahrenden Autos wird man beispielsweise kaum eine befriedigende Lösung finden, wie sich diese bei drohenden Unfällen entscheiden sollen.
Hätten Menschen mit einem ständig verfügbaren Roboter mehr Sex, oder würde das Verlangen abnehmen?
Einige Menschen hätten sicherlich mehr Sex. Vor allem für diejenigen, die aus unterschiedlichen Gründen bisher kaum die Möglichkeit haben, könnte es eine Bereicherung sein. Für die meisten Menschen wäre es jedoch eine Verarmung und eine Zumutung. Damit verurteile ich solche Roboter und ihre Entwickler nicht – im Gegenteil. Es gibt einfach eine bestimmte Nische, so wie für die eine oder andere Vorliebe auch. Manche Menschen wären von Robotern auch in körperlicher Hinsicht überfordert, denn Maschinen können immer, Menschen nicht. Man hat vielleicht so oft Sex mit der Maschine, dass es für den Partner nicht mehr reicht. Das wäre sehr schade. Aber ich glaube nicht, dass das viele Menschen betreffen wird.
Inwiefern würde eine solche Verfügbarkeit von Sex-Robotern zwischenmenschliche Beziehungen verändern?
Wenn Sex-Roboter gelegentlich Anwendung finden – so wie Sexspielzeug –, wird das keinen grossen Einfluss haben. Wenn aber die Anwendung zur Sucht wird, dann kommt es, wie bei den meisten Süchten, zu negativen Effekten. Partnerinnen und Partner könnten enttäuscht sein oder sich sogar doppelt gedemütigt fühlen: Sie wurden betrogen, aber nicht mit einem Menschen, sondern mit einer Maschine. Da in diesem Bereich kaum empirische Forschung existiert, muss man hier weitgehend spekulieren. Ich habe mit zwei Studentinnen gesprochen, die ihre Abschlussarbeit zu diesem Thema schreiben. Aber sie finden kaum Personen, die sich dazu befragen lassen, und Benutzer von Sex-Robotern schon gar nicht. Zudem finden ihre Freunde und ihre Familien das Thema merkwürdig. Dabei ist es aus wissenschaftlicher Sicht sehr interessant.
Weil die Vögel es nicht von den Dächern zwitschern
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Die Zukunft des Sex
Der britische Zukunftsforscher Ian Pearson glaubt, dass Sex mit Menschen schon bald der Vergangenheit angehören könnte. Schon 2050 würden Sex-Roboter den Menschen den Rang abgelaufen haben. Der Sex-Markt werde bis dann etwa sieben Mal so gross sein wie heute, schreibt er in einer Studie.