Staatliche ÜberprüfungWie die Handydaten zum Täter führen können
In zwei aktuellen Schweizer Kriminalfällen werten Ermittler die Mobilfunkdaten Tausender Handynutzer aus. So funktioniert die digitale Fahndung.

Behörden können einzelne Handys bis auf zehn Meter genau orten. (Symbolbild AFP)
Kein AnbieterWeder ein Massen-Gentest unter 355 Männern noch Aufrufe in der Bevölkerung und eine Belohnung von 10'000 Franken konnten die Ermittler im Vergewaltigungsfall von Emmen LU zum Täter führen. Deshalb überprüft die Staatsanwaltschaft jetzt sämtliche Handynummern und deren Besitzer, die zur Tatzeit in der Nähe mit ihrem Mobiltelefon eingeloggt waren. Auch die Ermittler von Rupperswil werten die Handydaten der Nutzer aus, die sich zum Zeitpunkt des Vierfachmordes in der Nähe des Tatorts aufhielten.
Wie die Auswertung von Handydaten funktioniert, welche Daten überprüft werden können und auf wie viele Meter genau ein Smartphone geortet werden kann, erfahren Sie hier.
In welchem Fall rücken die Telekomanbieter Handydaten ihrer Kunden raus?
«Jede Überwachung muss sowohl vom Dienst Überwachung Post- und Fernmeldeverkehr (ÜPF) des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements als auch einem Zwangsmassnahmengericht genehmigt werden», sagt Swisscom-Pressesprecher Armin Schädeli. Ein Untersuchungsauftrag gehe vom ÜPF zu den Mobilfunkanbietern. Um welchen Kriminalfall es sich dabei handle, sei für die Mobilfunkanbieter nicht erkennbar.
Welche Handydaten werden gespeichert?
Gemäss geltendem Bundesgesetz betreffend die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Büpf) müssen Telekomunternehmen sogenannte Mobilfunk-Randdaten aufbewahren und den Strafverfolgungsbehörden gegebenenfalls zur Verfügung stellen. Randdaten dokumentieren unter anderem, welches Handy wann, wo, wie lange und mit wem kommuniziert hat. Inhalte von Telefongesprächen, Kurznachrichten oder Mails werden nicht gespeichert.
Wie lange müssen Handydaten abgespeichert werden?
Gemäss dem derzeit in Revision befindlichen Büpf müssen Telekomanbieter die Handydaten aller Nutzer sechs Monate lang abspeichern. Allerdings liegt die Vergewaltigung von Emmen schon über ein halbes Jahr zurück. Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass die Auswertungen in diesem Fall schon seit längerem in Gang sind und erst jetzt kommuniziert wurden.
Speichern Telekomanbieter Daten länger als ein halbes Jahr?
Davon ist auszugehen. Rechtlich gesehen käme man zwar nur sechs Monate lang an Handydaten heran. «Wegen Rechnungsstellungen, aber auch zu Werbezwecken dürften Provider Kundendaten wohl länger speichern», so der IT-Forensiker.
In welchem Radius um eine einzelne Antenne werden Handys erfasst?
Das hängt gemäss Bloch vor allem von der Umgebung ab. In urbanen Gebieten sei der Radius kleiner, während er in wenig besiedelten Gegenden grösser sei. «Es kann aber sein, dass ein Handybesitzer aufgrund der Lastverteilung seitens der Provider gar nicht über den nächstgelegenen Funkmasten verbunden ist», so Bloch. Deshalb wertet die Staatsanwaltschaft nicht nur die Daten einer Antenne, sondern von mehreren in der Umgebung eines Tatorts aus.
Wie genau kann ein Handy geortet werden?
Auch das sei sehr unterschiedlich und hänge von der Umgebung ab, sagt IT-Forensiker Bloch. «Je mehr Antennen in der Nähe aufgestellt sind, desto genauer kann der Ort bestimmt werden.»
In urbaner Umgebung könne man jemanden auf zehn bis
zwanzig Meter genau lokalisieren.