Gadgets als RuhigstellerSchon Babys leiden an iPad-Entzug
Tablets und Smartphones haben nicht nur die Erwachsenen fest im Griff. Schon Kleinkinder legen ein Suchtverhalten an den Tag: Nimmt man ihnen die Gadgets weg, fühlen sie sich traurig und einsam, so eine Studie.

Smartphones und Co. ziehen die Kleinen in Bann.
Elektronische Medien bergen laut einer Studie des britischen Verbraucherforschungsinstituts Intersperience grosse Gefahren für Kleinkinder: Rund die Hälfte der Kinder unter 12 Jahren fühlt sich ohne Internet traurig und einsam. Bereits wird darüber debattiert, ob die so genannte «Internetstörung» in das Diagnostische und statistische Handbuch psychischer Störungen eingeführt werden soll. Weiter zeigt die Studie, dass Eltern bereits Säuglingen zur Beschäftigung Touchscreen-Geräte wie das iPad in die Händchen drücken – ohne daran zu denken, dass bei «Entzug» Rebellion droht.
Auch in der Schweiz «spielen Kinder immer häufiger mit Tablets und Smartphones», so Gregor Waller vom Departement Angewandte Psychologie der ZHAW. Doch die speziell für Babys und Kinder konzipierten Apps (siehe Box) – etwa für das iPhone – bleiben nicht ohne Folgen: «Kinder können eine emotionale Bindung zum Gerät aufbauen», sagt Waller weiter. So warnt Mela Kocher vom Schweizerischen Institut für Kinder- und Jugendmedien: «Die Eltern sollten sich davor hüten, Gadgets als Ruhigsteller einzusetzen.» Stattdessen sei eine intensive Auseinandersetzung mit dem Kind überaus wichtig. Und: «Bei einem Kind, das ausschliesslich mit dem Tablet oder Smartphone spielt, werden gewisse Entwicklungsschritte verlangsamt», so Waller. Das Kind könne Dreidimensionalität weniger gut einschätzen und macht zu wenig Erfahrung mit unterschiedlichen Oberflächenstrukturen.
Und ist das Kind erst einmal ans Unterhaltungsprogramm auf dem iPhone gewöhnt, bringt man es kaum wieder davon weg. Waller rät deshalb: «Rebelliert das Kind, müssen die Eltern ihre Erziehungsverantwortung wahrnehmen und das Gerät wegsperren.»

Apps gezielt für Kleinkinder und Babys
Smartphone statt Teddybär und Malbuch: Marco Hüttenmoser, Erziehungswissenschafter bei der Forschungsstelle Kind und Umwelt, weiss, warum bereits Kleinkinder von gewissen Apps gefesselt sind: «Es werden gezielt bewegte Bilder und Töne eingesetzt, die für die Babys und Kinder besonders interessant und anziehend sind.» Hier die beliebtesten Apps:
- «White Noise» soll das Baby «innert nur sieben Minuten» in den Schlaf singen.
- «Talking Baby Hippo» spricht alles nach, was das Kind sagt.
- «Zebra Paint»: Damit können 4-Jährige mit «Fingerfarben» malen.
- «Kids-Piano»: Auf der digitalen Tastatur können Kinderlieder geklimpert werden.
- «Zoola» soll dem Kind Tierstimmen näherbringen.
- «Shape Builder»: Das Puzzlespiel für Kinder im Vorschulalter soll das Hirn trainieren.