Zerstören Emojis die Sprache?

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Moderne HieroglyphenZerstören Emojis die Sprache?

Der Emoticon-Erfinder sagt, Emojis stellten einen Rückschritt ins Zeitalter der Hieroglyphen dar. Führen die Piktogramme zu Spracharmut?

von
Stephanie Sigrist
Egal, ob man gerade isst, Sport treibt, musiziert oder auf dem WC sitzt: Dank Smartphone-Emojis ist es möglich, das Umfeld mit nur einem Bildschriftzeichen über die aktuelle Beschäftigung zu informieren.
Der Vater der Emoticons, Scott Fahlman, jedoch ist überhaupt nicht glücklich darüber, was aus seiner Erfindung geworden ist. Emojis würden uns zurück in die Steinzeit führen, kritisiert der Computer-Wissenschaftler.
Laut Christa Dürscheid, Professorin für deutsche Sprache an der Universität Zürich, ist es allerdings nicht möglich, ganze Sätze in Emojis auszudrücken.
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Egal, ob man gerade isst, Sport treibt, musiziert oder auf dem WC sitzt: Dank Smartphone-Emojis ist es möglich, das Umfeld mit nur einem Bildschriftzeichen über die aktuelle Beschäftigung zu informieren.

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Wie könnte man im Internet scherzhafte Beiträge kennzeichnen und sie somit von ernsthaften Aussagen unterscheiden? Diese Frage stellte sich der Computer-Wissenschaftler Scott Fahlman im Jahr 1982. Nach der Kombination von drei Sonderzeichen war schliesslich das lachende Emoticon :-) geboren, das schnell Einzug in Online-Plattformen und in E-Mails hielt. Inzwischen ist das simple Symbol durch Emojis abgelöst worden.

Fahlman jedoch ist laut Digi Day alles andere als glücklich darüber, was aus seiner Erfindung geworden ist. «In den 1990er-Jahren tauchten plötzlich überall die gelben Smileys auf, die ich ziemlich hässlich finde.» Es sei überhaupt nicht kreativ, gelbe Kreise mit einem lachenden Gesicht zu zeichnen. Ein Dorn im Auge sind dem Amerikaner auch animierte oder pornografische Emojis. Der Erfinder der Emoticons bezeichnet den Einsatz der heutigen Bildschriftzeichen als Rückschritt in das Zeitalter der Hieroglyphen. Führt die vermehrte Verwendung von Piktogrammen bei der Online-Kommunikation also zu einer Spracharmut?

Gefühle besser ausdrücken

Christa Dürscheid, Professorin für deutsche Sprache an der Universität Zürich, hat im letzten Jahr die Auswirkungen von WhatsApp auf den Sprachgebrauch untersucht und beschwichtigt: «Emojis werden vor allem in der privaten, informellen Kommunikation genutzt.» Dürscheid bezeichnet die Bildschriftzeichen als Erweiterung des Spektrums der geschriebenen Sprache und als Spielerei. «Sie lockern persönliche Nachrichten auf und bieten eine zusätzliche Möglichkeit, etwas zum Ausdruck zu bringen», so die Professorin.

Tennisspieler Roger Federer erzählt gerne Geschichte mit Emojis.

Dies sei aber nur einem beschränkten Kontext möglich, da sich durch Emojis nur konkrete Wörter abbilden liessen. Ganze Sätze könnten nicht ausschliesslich aus solchen Piktogrammen gebildet werden, sagt Dürscheid. Als Beispiel nennt sie die Frage «Willst du mit mir Kaffee trinken gehen?». Das heisse Getränk lasse sich in Form einer Kaffeetasse ausdrücken, doch für das Wort «wollen» etwa gebe es kein Symbol. Auch aus diesem Grund würden die Bildschriftzeichen eine Spielerei bleiben. Bewerbungen beispielsweise werden auch künftig ohne Emojis verfasst werden, ist sich Dürscheid sicher.

Herausforderung für die Leser

Schaffen Sie es, einen ganzen Satz nur aus Emojis zu bilden? Machen Sie einen Screenshot von Ihren Sätzen und fügen Sie ihn in untenstehendes Formular ein.

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