Wer hats erfunden?Apple zeigt geheime iPhone-Prototypen
Der Apfel-Konzern verlangt von Samsung eine Milliarden-Entschädigung, weil der Erzrivale abgekupfert habe. Als Beweis enthüllt Apple alte Prototypen. Doch die Koreaner drehen den Spiess um.
Jetzt geht es für Apple und Samsung um die Wurst. Ab nächster Woche versuchen die Streithähne die Geschworenen vor dem Bezirksgericht in San Jose in Kalifornien davon zu überzeugen, dass die Gegenpartei bei der Entwicklung von Smartphones und Tablets kopiert.
Welche Argumente die Anwälte vorbringen werden, lässt sich bereits im Vorfeld anhand der eingereichten Prozessunterlagen erahnen. Beide Parteien mussten eine Flut von internen Dokumenten zugänglich machen, die sie wohl lieber unter Verschluss gehalten hätten. Apple versucht mit Fotos älterer Prototypen seiner iPhones und iPads zu beweisen, dass Samsung kopiert hat. Samsung hat ebenfalls Entwürfe aus dem Hause Apple vor Gericht eingereicht, die zeigen sollen, dass sich der Rivale schon zuvor bei Nokia, Motorola und Co. bedient hat.
So argumentiert Apple
Die Kalifornier verlangen von den Südkoreanern 2,5 Milliarden Dollar Entschädigung, da das Galaxy S und Galaxy Tab äusserlich kaum vom alten iPhone und iPad zu unterscheiden seien und «die intuitive Benutzeroberfläche» abgeschaut sei. Um diese Behauptung zu untermauern, will sich Apple Samsungs interne Dokumente zu Nutze machen, «die eine eindeutige Sprache sprechen». In der Klageschrift heisst es unverblümt, dass den Koreaner die Ähnlichkeit mit den Apple-Produkten vollkommen bewusst war und dass das Thema im Konzern diskutiert worden sei.
In den Dokumenten für das Gericht hebt Apple Passagen hervor, die zeigen sollen, dass Samsung von mehreren Firmen gewarnt worden sei. So habe Google Samsung bereits im Februar 2010 darauf hingewiesen, dass die Galaxy Tabs dem iPad «zu sehr ähneln». 2011 habe Samsungs Design-Team selbst erwähnt, dass es «bedauerlich» sei, dass das Galaxy S älteren iPhone-Modellen «gleiche». Während einer Evaluierung des Designs hätten mehrere bekannte Designer Samsung darauf hingewiesen, dass die Form des Galaxy S zu sehr dem iPhone 3GS gleiche. «Man muss nur das Samsung-Logo abdecken und schon ist es schwierig, irgendeinen Unterschied zwischen den Geräten zu finden», so der Tenor der externen Prüfer. Weitere Munition liefern Berichte, die zeigen sollen, dass Kunden Galaxy Tabs zurück in die Läden brachten, da sie die Tablets für iPads hielten.
Ist das iPhone von Sony abgekupfert?
Die Indizien gegen Samsung scheinen auf den ersten Blick erdrückend. Eine Fülle neuer Dokumente, die am Donnerstag aufgetaucht sind, könnten Apples Vorwürfe aber wie ein Kartenhaus zusammenbrechen lassen. Laut Samsung sollen interne Apple-Dokumente beweisen, dass sich der Rivale bei Sony bedient habe. Anfang 2006 habe ein Apple-Manager einen Artikel an Steve Jobs und Chef-Designer Jonathan Ive weitergeleitet, in dem ein Sony-Designer ein eckiges Gerät mit Display und abgerundeten Ecken vorstelle.
Nachdem Apple das Design der Japaner gesehen habe, hätten die Kalifornier den eigenen Prototypen fallen gelassen und das iPhone nach den Plänen von Sony konzipiert. Auf einem aufgetauchten Prototyp prangt anstelle des Sony-Schriftzugs gar der Name «Jony», vermutlich in Anlehnung an Jony Ive, den legendären Apple-Designer (siehe Diashow). Samsung kann mit diesen Fotos kaum beweisen, dass Apple den Japanern abgekupfert hat, zumal kein existierendes Gerät kopiert wurde. Immerhin könnte die Jury aber der Argumentation folgen, dass es ganz normal sei, sich bei neuen Modellen an der Konkurrenz zu orientieren.
Samsung: «Wir habens erfunden!»
Laut Samsung sollen eigene Dokumente aufzeigen, dass man bereits 2006 an rechteckigen Smartphones mit abgerundeten Ecken, grossen Displays und Benutzeroberflächen mit gitterförmig angeordneten Icons gearbeitet habe. In internen E-Mails gebe Apple zu, dass seine Stärke nicht in der Entwicklung neuer Technologien, sondern in der erfolgreichen Kommerzialisierung bestehe. Schliesslich kehrt Samsung den Spiess um und beschuldigt Apple, seine Patente zu verwenden, ohne dafür zu bezahlen. «Apple hätte kein einziges iPhone verkaufen können ohne Samsungs patentierter Technologie», heisst es in den Prozessunterlagen.
Der Ausgang des Verfahrens ist derzeit völlig offen, für beide Seiten aber von zentraler Bedeutung. Es geht um den lukrativen Smartphone-Markt in den USA.
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