Das taugt Nokias Megapixel-Maschine

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Der erste TestDas taugt Nokias Megapixel-Maschine

Sind 41 Megapixel für ein Handy sinnvoll? Die Skepsis unter Foto-Fans ist gross. Wir haben den Pixel-Protz exklusiv getestet und zeigen, was das Nokia 808 wirklich drauf hat.

Oliver Wietlisbach
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Oliver Wietlisbach

Vor zehn Jahren tauchten die ersten Handys mit Kameras auf. Digitale Kompaktkameras vollständig ersetzen können aber auch die Smartphones der neusten Generation nicht. Bei schlechten Lichtbedingungen, etwa in dunklen Räumen, versagen sie auf ganzer Linie. Auch auf einen optischen Zoom, bei dem mehrere Linsen vor- und zurückbewegt werden, müssen Handy-Knipser verzichten. In den immer dünneren Smartphones ist für eine anständige Kamera-Technik schlicht kein Platz vorhanden.

Nokia und der deutsche Partner Carl Zeiss - bekannt für Präzisions-Objektive - stellen die Welt der Smartphone-Kameras nun aber mit dem neuen Nokia 808 PureView auf den Kopf. Kurz gesagt ist die PureView-Kamera die Kombination eines grossen Bildsensors mit einer extrem hohen Auflösung von 41 Megapixeln und einer Hightech-Optik von Carl Zeiss. Fünf Jahre haben die beiden Unternehmen im Geheimen an der Kamera-Technik der Zukunft getüftelt.

Als erstes Schweizer Medium konnte 20 Minuten Online der ersten 41-Megapixel-Handykamera bereits Wochen vor dem Verkaufsstart auf den Zahn fühlen. Das «Revolutionäre» am Nokia 808 sind indes nicht die gigantischen Megapixel-Zahlen, sondern die neuartige PureView-Technologie (Datenblatt), die im Nokia 808 steckt.

Auf Kompaktkamera-Niveau

Der neu entwickelte Bildsensor von Carl Zeiss liefert zwar 41 Megapixel, die gigantische Auflösung dient aber nicht primär zum Knipsen übergrosser Fotos. Die 41 Megapixel werden genutzt, um aus einer grossen Aufnahme automatisch ein kleineres, aber besseres Foto zu erstellen. Nokia empfiehlt Aufnahmen mit drei bis acht Megapixeln. Die kleineren Fotos werden quasi verdichtet und sind somit deutlich schärfer als herkömmliche Handy-Fotos. Wir konnten uns bei einem Foto-Shooting bei Carl Zeiss in Deutschland selbst von der Qualität der PureView-Kamera überzeugen (siehe Diashow). Die Aufnahmen können bei Flickr in höherer Qualität angeschaut werden.

Sind 41 Megapixel sinnvoll?

Mit den bislang in Smartphones verbauten Kameras machen gewaltige Auflösungen keinen Sinn. Digitale Spiegelreflexkameras haben grosse Bildsensoren, die viel Licht einfangen. In Smartphones fehlt jedoch der Platz für genügend grosse Sensoren. Handy-Fotos leiden daher alle am gleichen Übel: Ist die Auflösung hoch, aber der Sensor aus Platzgründen zu klein, entstehen Bildfehler und das Foto wirkt körnig.

«Details, die die Linse nicht aufnehmen kann, können später nicht wieder hergestellt werden, egal, wie viele Megapixel die Kamera hat», sagt Juha Alakarhu von Nokia. Er hat mit einem Team von fast 400 Angestellten die PureView-Technologie entwickelt (siehe Video).

Quelle: YouTube/Nokia

So funktioniert das Pixel-Wunder

Um mit einem Handy Fotos in Kompaktkamera-Qualität zu erzielen, braucht es einen neuen Ansatz: Die PureView-Kamera ist 50 bis 70 Prozent kleiner als eine konventionelle Kamera mit optischem Zoom. Nokia kann daher einen deutlich grösseren Sensor im Nokia 808 verbauen, der mehr Licht und somit auch mehr Details einfängt.

Nebst der Hardware spielt die Software eine entscheidende Rolle für die so noch nicht gesehene Qualität von Handy-Bildern: Die Entwickler bei Nokia verwenden für die PureView-Kamera das sogenannte Pixel-Oversampling: Hierbei werden sieben einzelne Pixel zu einem einzigen Super-Pixel zusammengefasst, der mehr Bildinformationen enthält. Das Resultat: Dank der 41 Megapixel lässt sich in einem Fünf-Megapixel-Bild das typische Rauschen von Handy-Bildern herausfiltern und es kann bis zu 3-fach in das Foto hineingezoomt werden, ohne die sonst üblichen Qualitätsverluste beim Digitalzoom. Das Nokia 808 ist somit das erste Smartphone, das verlustfreies Zoomen erlaubt, wie man es von einem optischen Zoom gewohnt ist.

Die hohe Fotoqualität erkauft sich Nokia mit dem etwas klobigen Gehäuse. Das relativ schwere Smartphone ist an der Stelle, wo die Kamera verbaut ist, mit knapp 18 Millimetern ein eher dicker Brocken. Dennoch passt das 4 Zoll grosse Display problemlos in die Hosentasche.

Die Zukunft heisst Windows

Als Betriebssystem kommt Nokias Auslauf-Betriebssystem Symbian zum Zug. Die Entwicklung von PureView begann vor fünf Jahren und war von Anfang an auf die damals dominante Symbian-Plattform ausgerichtet. Mittlerweile spielt Nokias Betriebssystem nur noch eine untergeordnete Rolle. Die Finnen haben daher Anfang 2011 bekanntgegeben, künftig auf Windows Phone von Microsoft zu setzen. Die Zeit hat anscheinend nicht gereicht, die PureView-Kamera in die neuen Windows-Phones zu integrieren.

Symbian ist zwar mit dem neusten Update auf die Version Belle auf dem Niveau von Android und iOS angekommen, viele hätten sich aber wohl ein Windows-Smartphone mit PureView-Kamera gewünscht. «Mehr Geräte mit PureView werden kommen», lautet die vage Aussage von Nokia diesbezüglich. Die Vermutung liegt auf der Hand, dass es sich um Smartphones mit Windows Phone 8 handeln wird.

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