Internet-PiraterieDiese Download-Sites sollen offline gehen
Der Chaos Computer Club Zürich hat eine Liste mit Download-Portalen veröffentlicht. Pikant: Sie wurde von der Swiss Anti-Piracy Federation als Zensur-Liste erstellt.

Die Schweizerische Vereinigung zur Bekämpfung der Piraterie hat eine schwarze Liste mit Download-Portalen erstellt, die gesperrt werden sollen.
Auf der Website des Chaos Computer Club Zürich prangt seit kurzem eine Linkliste, die die Unterhaltungsindustrie ins Mark trifft. Das Verzeichnis liest sich wie das Who is Who der Download- und Streaming-Portale. Zu finden sind einschlägig bekannte Webseiten wie thepiratebay.sx oder kinox.to, die seit Jahren das kostenlose Herunterladen von Filmen oder Musik ermöglichen. Nicht ohne Ironie ist, dass die Link-Sammlung von der Schweizerischen Vereinigung zur Bekämpfung der Piraterie erstellt worden ist.
Beim Chaos Computer Club lacht man sich ins Fäustchen, denn noch nie war es einfacher, Inhalte gratis aus dem Netz zu saugen. «Sperr- oder Zensurlisten sind immer eine Anleitung, welche Seiten interessant sind, um illegale Inhalte zu finden», sagt Hernani Marques vom CCCZH gegenüber 20 Minuten.
Doch was lief da schief? Die Swiss Anti-Piracy Federation, kurz SAFE, hatte die Sammlung mit ihrer Ansicht nach illegalen Download-Portalen erstellt und an die Teilnehmer des «Provider Day 2013» verteilt. Das Treffen der Internet-Firmen fand Ende Mai im Zürcher Technopark statt. Der Dachverband der Unterhaltungsindustrie SAFE warb dafür, dass Service-Provider wie Swisscom den Zugriff auf Download-Portale künftig sperren müssen. Dumm nur: An besagtem Event waren auch Mitglieder des Chaos Computer Club Zürich (CCCZH ) anwesend. Die Piraten-Jäger haben den Hackern die Download-Liste somit selbst ausgehändigt, bestätigt Marques vom CCCZH.
«Willkürliche Zensurliste»
Nun ist der Download-Guide (das Original-Dokument ist im Besitz von 20 Minuten) im Web frei zugänglich und somit das ideale Werkzeug für alle, die neue Download- und Streamingseiten ausprobieren möchten. Man wolle mit der Veröffentlichung der schwarzen Liste vor der drohenden Netz-Zensur warnen, sagt Marques. Die Hacker werfen den Piratenjägern vor, eine willkürliche Zensurliste zu erstellen, die laufend ergänzt werde. Die Swiss Anti-Piracy Federation hat auf eine Anfrage von 20 Minuten bislang nicht reagiert.
Für Marques ist das Sperren ganzer Websites, wie es die Swiss Anti-Piracy Federation vorschlägt, der falsche Weg. Der Chaos Computer Club Zürich sei nicht grundsätzlich dagegen, dass illegale Inhalte aus dem Internet getilgt werden. «Es ist aber untragbar, dass alle von SAFE aufgeführten Webseiten in den gleichen Topf geworfen und komplett gesperrt werden sollen», sagt Marques. Sein Argument: Über gewisse Websites, die auf der Abschussliste stehen, würden auch Filme, Musik oder Software verbreitet, die nicht urheberrechtlich geschützt seien.
Ein weiterer Kritikpunkt: Auf der schwarzen Liste figurierten auch Websites, die gegen keine Gesetze verstossen würden. Als Beispiel nennt Marques sogenannte Stream Ripping Services. Deren Vergehen ist laut SAFE, dass sie die Möglichkeit bieten, aus einem YouTube-Video eine MP3-Datei zu erstellen, die der Benutzer herunterladen kann. Auf YouTube gäbe es aber auch zahlreiche Videos, die nicht durch ein Urheberrecht geschützt seien, so Marques.
Beim Chaos Computer Club setzt man grundsätzlich ein Fragezeichen hinter die angedachten Zensurmassnahmen: Für versierte User sei es ein Kinderspiel, die Blockierung von Websites mit Hilfe von so genannten DNS-Sperren zu umgehen.
Bundesrat lässt Downloader an der langen Leine
Die Swiss Anti-Piracy Federation (SAFE) kämpft gegen illegale Downloads im Internet. Ihr Ziel: Wie in den meisten europäischen Staaten soll auch bei uns das Herunterladen von urheberrechtlich geschützten Inhalten strafbar werden. Das Problem der SAFE: Der Bundesrat lässt Downloader bewusst an der langen Leine. Das blosse Downloaden für den Privatgebrauch ist in der Schweiz daher nach wie vor legal. Davon ausgenommen ist Software.
Die Landesregierung schrieb Ende November 2012: Auf das kulturelle Schaffen in der Schweiz wirke sich das Herunterladen von Filmen oder Musik nicht nachteilig aus. Denn das Geld, das die Internetnutzer beim kostenlosen Herunterladen sparten, gäben sie weiterhin für den Konsum im Unterhaltungsbereich aus. Ins gleiche Horn bläst der Chaos Computer Club: SAFE vertrete nicht die Interessen der Schweizer Künstler, sondern reagiere mit den Zensurvorschlägen «auf den Druck der Content-Mafia in den USA».
Nichts verpassen
Das Ressort Digital ist auch auf Twitter vertreten. Folgen Sie uns und entdecken Sie neben unseren Tweets die interessantesten Tech-News anderer Websites.