ETH findet ultimative Fahndungsformel

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Per Stichprobe zum UrsprungETH findet ultimative Fahndungsformel

Wer hat das Gerücht auf Facebook losgetreten? Wo war der Ursprung der Vogelgrippe? Welche Terrorzelle ist gefährlich? Die ETH weiss Antworten. Dank Mathematik.

owi/sda
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Mit einer mathematischen Formel kommen ETH-Forscher Krankheiten, Terroristen oder Virenprogrammierern auf der ganzen Welt auf die Schliche.

Mit einer mathematischen Formel kommen ETH-Forscher Krankheiten, Terroristen oder Virenprogrammierern auf der ganzen Welt auf die Schliche.

Mit einer neu entwickelten Formel können Lausanner Forscher die Quelle von Gerüchten, aber auch von Straftaten oder Epidemien in Netzwerken aufspüren. Mit dem Algorithmus lässt sich zum Beispiel eine Person bestimmen, die auf Facebook ein Gerücht gestartet hat, das an 500 Freunde und deren Freunde gesendet wurde. Es genüge, die Nachrichten von 15 bis 20 Kontakten und den Zeitfaktor zu berücksichtigen, um den Weg der Information zu ihrem Ursprung zurückzuverfolgen, erklärt Forschungsleiter Pedro Pinto.

Die mathematische Suchformel, die er und seine Kollegen an der ETH Lausanne entwickelt haben, kann in völlig unterschiedlichen Netzwerken nach der ursprünglichen Quelle fahnden. Neben sozialen Netzwerken können auch Terrornetzwerke und Transportsysteme durchleuchtet werden, um beispielsweise den Ursprung einer Epidemie zu finden. «Dabei müssen wir nur bei einer begrenzten Zahl von Mitgliedern des Netzwerks lauschen», sagt Pinto in einem Communiqué der Hochschule.

Epidemien auf der Spur

Für die Schnüffel-Formel gibt es viele Einsatzmöglichkeiten: Interesse dürfte die Polizei haben: Sie könnte etwa eruieren, wer auf Facebook zuerst zu einer Demonstration oder Massenparty aufgerufen hat. Auch repressive Staaten wie China oder Russland, die gegen kritische Meinungen auf Facebook oder Twitter vorgehen, könnten sich für das neue Fahndungs-Tool interessieren.

Die neue Fahndungsmethode der ETH Lausanne könnte aber auch Menschenleben retten. Etwa, wenn sie hilft, die führenden Köpfe in Terrornetzwerken zu identifizieren oder dem Ausgangspunkt einer Epidemie auf die Spur kommt. Die Herkunft einer Epidemie konnte die Formel bereits korrekt identifizieren: Die Forscher testeten ihre Methode mit Daten zu einer früheren Epidemie in Südafrika. «Indem wir die Netzwerke des Wassers, der Flüsse und des menschlichen Transportsystems modellierten, konnten wir herausfinden, wo die ersten Infektionsfälle aufgetaucht waren», sagt Pinto.

Per Stichprobe zum Ursprung

Für einen weiteren Test simulierte Pintos Team Telefongespräche im Vorfeld der Anschläge vom 11. September 2001. «Allein mit den Informationen aus der Presse konnte unser System das Terroristen-Netzwerk rekonstruieren und drei Verdächtige liefern – von denen sich einer als Kopf der Operation herausstellte.»

Auf die gleiche Weise könnten Ermittler in immer komplexeren kriminellen Netzwerken Straftäter aufspüren. Informatiker könnten den Ursprung von Spam-Nachrichten oder Computerviren eruieren. Auch bei Terroranschlägen wie der Sarin-Gas-Attacke in der Tokioter U-Bahn 1995 würde eine Stichprobe genügen, um den Ursprung des Angriffs rasch zu identifizieren und entsprechende Massnahmen zu ergreifen, sagt Pinto.

Im Rückblick hat die Methode ihr Können also unter Beweis gestellt. Laut Pinto kann sie aber auch präventiv eingesetzt werden, etwa um Krankheitsausbrüche schneller zu entdecken.

Alle in Netzwerken verbunden

Auch Werbefirmen könnten ihre Botschaften beim «viralen Marketing», das wie Mundpropaganda über soziale Netzwerke funktioniert, besser steuern. Wenn die Meinungsmacher zu einem bestimmten Thema auf Facebook, Twitter oder Google+ identifiziert sind, lassen sich Botschaften gezielter verbreiten.

Die denkbaren Einsatzmöglichkeiten der ETH-Suchformel sind fast grenzenlos. Alle Menschen, egal ob Demonstranten, Partygänger, Terroristen, Kriminelle, Krankheitsträger oder Konsumenten, sind stets in Netzwerken verbunden. Sind einige Personen bekannt, lassen sich auch die Anführer ausfindig machen.

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