Die Superzelle kommtEin Blick in die Zukunft der Smartphone-Akkus
Sie sind meistens leer, wenn man sie dringend benötigt: Akkus sind das Nadelöhr der mobilen Technik. Neue Technologien sollen Gadgets bald in bärenstarke Superzellen verwandeln.
Vorbei sind die Zeiten, als Handy-Akkus die ziegelsteingrossen «Knochen» mehrere Tage mit Strom versorgten. Mit der Einführung des Smartphones ist die mobile Stromversorgung zum Flaschenhals der digitalen Gesellschaft geworden. Hochauflösende Displays, stromfressende Komponenten und rechenintensive Apps sind Gründe dafür, dass Smartphone-Akkus immer dann leer sind, wenn sie am nötigsten gebraucht werden.
Die Smartphone-Hersteller sind sich dieser Probleme bewusst. Mit energieeffizienten Komponenten und speziellen Stromspar-Modi, die beispielsweise das Display auf schwarz-weiss umstellen und stromfressende Funktionen eindämmen, wird versucht, dem schnellen Entleeren entgegenzuwirken. Entsprechende Energiesparmodi gibt es etwa bei Geräten von Samsung oder HTC. Die Hersteller versprechen, dass damit selbst bei geringer Akkuladung die Laufzeit verlängert wird. Parallel wird in Laboren am Akku von morgen geforscht.
Der vergängliche Akku
Bevor wir einen Blick in die Zukunft werfen, sollte man jedoch verstehen, wie heutige Akkus funktionieren. Der am häufigsten verbaute Stromspeicher ist die Lithium-Ionen-Batterie, die man von Tablets, Smartphones, Notebooks oder Elektroautos kennt. Die Akkus haben eine hohe Energiedichte (die Menge an Energie, die pro Kilogramm Batterie gespeichert werden kann), keinen Memory-Effekt (Akkus müssen nicht vor jedem Aufladen ganz leer sein) und eine geringe Selbstentladungsrate. Allerdings ist die Technologie bei weitem nicht perfekt.
Lithium-Ionen-Akkus können in Flammen aufgehen – und haben eine vergleichsweise kurze Lebensdauer. Wer ein etwa zwei bis drei Jahre altes Smartphone besitzt, weiss, dass der Akku bei weitem nicht mehr so leistungsfähig ist wie bei einem neuen Gerät.
Der Akku, der in einer Sekunde geladen ist
Doch: Forscherteams rund um die Welt arbeiten am Akku der Zukunft. So auch Wissenschaftler der University of Illionis: Im letzten Jahr haben sie ihre weiterentwickelte Lithium-Ionen-Technologie vorgestellt, die 30-mal so viel Leistung haben wie herkömmliche Akkus und bis zu 1000-mal so schnell geladen sind. Die Leistungssteigerung wird durch eine dreidimensionale Mikrostruktur im Inneren des Akkus erreicht. So soll ein Smartphone innerhalb einer Sekunde aufgeladen sein, versprechen die Forscher. Bereits in ein bis zwei Jahren soll der Super-Akku marktreif sein.
Auch Wissenschaftler der Universität Stanford haben die letzten acht Jahre an einem neuen Akku geforscht, der ähnlich wie ein Granatapfel aufgebaut ist. Die Ladung wird darin in Anoden aus Silizium gespeichert – was zehnmal mehr Energie verspricht.
Das bisherige Problem mit Silizium: Die Anoden wurden bei mehrmaligem Laden brüchig. Mit dem Granatapfel-Aufbau konnte das Problem gelöst werden. «Unser Experiment zeigt, dass selbst nach 1000 Lade- und Entladezyklen die Kapazität des Akkus noch bei 97 Prozent liegt», sagt Stanford-Professor Yi Cui. Bis die neue Technologie marktreif ist, dauert es allerdings noch einige Zeit.
Hoffnungsträger Graphen
Als vielversprechende Alternativen gelten auch Lithium-Schwefel- oder sogenannte Lithium-Luft-Zellen. Die Verbindung mit Schwefel erlaubt praktisch die Verdoppelung der Energiedichte – was in extrem leistungsfähigen Akkus resultiert. Experten rechnen damit, dass solche Akkus erst in 10 bis 15 Jahren in Geräten verbaut werden. Sogenannte Metall-Luft-Akkus maximieren die Energiedichte um den Faktor drei bis vier. Anstatt mit einer Flüssigkeit, wie bei herkömmlichen Batterien, reagieren die Metallelektroden (Lithium, Natrium, Zink) dieser Akkus mit dem Sauerstoff in der Luft, um Strom zu erzeugen. Unter anderem forscht IBM an dieser Technologie, mit dem Ziel ein leistungsfähiges E-Auto herzustellen.
Als Hoffnungsträger der Akku-Forscher gilt auch das Material Graphen. Es ist 300 Mal härter als Stahl, biegsamer als Gummi und das dünnste leitende Material überhaupt. Die Forschung steht hier noch am Anfang, da das Material erst 2004 entdeckt wurde. Doch: Der Stoff hat das Potenzial, die mobile Technologie der Zukunft massgeblich zu prägen.
Der biegsame Akku
Auch Hersteller LG tüftelt an neuen Akku-Typen. Die Tochterfirma LG Chem arbeitet daran, Akkus zu entwickeln, die in ein Kabel passen. Diese Akkus sind biegsam und könnten somit auch das Design von modernen Smartphones beeinflussen. Besonders geeignet sollen die Kabel-Akkus für tragbare Gadgets, wie Smartwatches sein. Bereits in zwei bis drei Jahren sollen die ersten flexiblen LG-Akkus auf den Markt kommen. Auch Nokia hat im letzten Jahr ein Patent für einen faltbaren Akku eingereicht. Da dieser Akku aus mehreren Zellen besteht, können diese flexibel miteinander verbunden werden.
Strom aus der Luft
Und dann wäre da noch die kabellose Stromversorgung. Wirklich neu ist das Konzept nicht: Nikola Tesla, der Vater des Wechselstroms, hat schon vor über 100 Jahren eine drahtlos betriebene Glühbirne präsentiert. Teslas Vision war damals ein weltumspannendes kabelloses Stromnetz. Zwar wurde das bis dato nicht realisiert, doch ein Traum bleibt Wireless-Power nicht. Ossia, ein Start-Up aus dem Silicon Valley, hat kürzlich gezeigt, wie mit der Technologie Smartphones, Tablets und Co. in Zukunft ohne Kabel geladen werden können. «Wir haben die letzten sechs Jahre im Geheimen an der Technologie gearbeitet», sagt Hatem Zeine, CEO von Ossia. Die Erwartungen sind hoch: Das System soll effizient und sicher sein – und «alles verändern, was bisher über die drahtlose Stromversorgung bekannt war», so der CEO.
Hatem Zeine demonstriert die Cota-Technologie. (Video: Youtube.com/GeekWire)
Bis oben erwähnte Technologien in Geräten verbaut sind, wird allerdings noch eine Weile vergehen. Bis dahin bleibt allen Smartphone- und Tablet-Besitzern nichts anderes übrig, als mit den vorhandenen Energiereserven zu haushalten – und bei Bedarf das Display dunkler zu stellen oder Dienste wie WLAN, GPS oder Bluetooth bei Bedarf auszuschalten.