Nokia könnte schon 2013 in Geldnöte geraten

Aktualisiert

Geldsorgen im NordenNokia könnte schon 2013 in Geldnöte geraten

Die Cash-Reserven schmelzen im Rekordtempo dahin. Zwar sitzt der Handy-Gigant noch auf fünf Milliarden Euro, schlagen die neuen Windows-Smartphones aber nicht bald ein, wirds bereits nächstes Jahr brenzlig.

von
owi

Vor fünf Jahren thronte Nokia unangefochten auf dem Handy-Thron. Das eigene Betriebssystem Symbian für die damals noch neuen Smartphones schlug sich bestens gegen das BlackBerry, Palm und Geräte mit Windows Mobile von Microsoft. Die Nokia-Aktie schoss 2007 fast durchs Dach und die Finnen häuften über zehn Milliarden Euro in der Portokasse an.

Doch längst sind die goldenen Zeiten vorbei: Nach 14 Jahren unangefochtener Nokia-Dominanz mischen Apple und Samsung den lukrativen Smartphone-Markt auf. Ende April musste Nokia einen gigantischen Verlust von 1,11 Milliarden Franken mitteilen. Mit 82,7 Millionen wurden fast ein Viertel weniger Geräte verkauft. Der durchschnittliche Preis eines Mobiltelefons sackte um 22 Prozent auf rund 60 Franken ab. Von Januar bis März soll Samsung daher erstmals knapp mehr Handys und Smartphones verkauft haben als die Finnen.

Fünf Milliarden in fünf Jahren vernichtet

Die Barreserven von Nokia schmelzen derzeit dahin wie Schnee an der Frühlingssonne. Die Nachrichtenagentur Reuters wollte daher von 30 Finanzanalysten wissen, wie ernst es um den Konzern wirklich bestellt ist: Von den über zehn Milliarden Euro Reserven im Jahr 2007 sind Nokia heute weniger als fünf Milliarden geblieben. Im Durchschnitt gehen die Analysten davon aus, dass Nokia in den nächsten drei Quartalen nochmals zwei Milliarden Euro «verbrennen» wird.

Da die Verkäufe der Symbian-Smartphones förmlich einbrechen, einfache Handys immer billiger und weniger gefragt sind und der Verkauf der neuen Windows-Phone-Smartphones (Lumia 800/900) erst langsam in Schwung kommt, rechnen die Analysten mit dem Schlimmsten. Geht die Geldvernichtung weiter, könnte der Konzern in zwei Jahren Pleite sein.

Der Glaube der Investoren schwindet. Die Nokia-Aktie befindet sich auf einem 16-Jahre-Tief und wichtige Rating-Agenturen haben sie bereits auf Ramsch-Niveau heruntergestuft. «Ich würde die Möglichkeit nicht ausschliessen, dass Nokia noch weiter herabgestuft wird», sagte Finanzanalystin Nancy Utterback gegenüber Reuters. Der Konzern sei in einer Negativspirale und es sei schwierig, da herauszukommen.

Lumia – ein Hoffnungsschimmer

Nokia versucht derzeit mit der neuen Lumia-Reihe, verloren gegangenes Terrain zurück zu erobern. Die Finnen sind hierzu vor gut einem Jahr eine Allianz mit Microsoft eingegangen. Microsoft liefert das Betriebssystem Windows Phone, Nokia produziert die Hardware. Bisher liefert die Kooperation gemischte Resultate: Während sich das Top-Modell Lumia 900 in den USA über den Erwartungen verkaufen soll, fällt in Europa das Interesse der Kunden am kleineren Lumia 800 bescheiden aus.

Die Partnerschaft der Giganten könnte sich dennoch auszahlen. Gerät Nokia tatsächlich in finanzielle Nöte, könnte Microsoft die Hausbank spielen, vermuten einige Analysten. Die Finnen müssten sich nicht teures Geld vom Markt borgen, sondern könnten von Microsoft ein tiefer verzinstes Darlehen erhalten. Da die meisten führenden Smartphone-Hersteller derzeit auf Googles Betriebssystem Android setzen, hat Microsoft jedes Interesse, Partner Nokia am Leben zu erhalten.

Trotz der schwierigen Situation rechnen die Analysten im Durchschnitt mit 20 Millionen verkauften Lumia-Smartphones 2012. Mit der Einführung von Windows 8 für PCs und Tablets gegen Ende Jahr könnte auch das Interesse an Windows Phone 8 merklich steigen. Die Finanz-Auguren prophezeien daher ein starkes Wachstum auf 46 Millionen Lumia-Phones im Jahr 2013.

Vom Pionier zum Herausforderer

Zwar war Nokia der Smartphone-Pionier, das eigene Betriebssystem Symbian konnte gegen das iPhone und die Android-Handys aber nicht bestehen. Nokia ist es erst Anfang 2012 gelungen, seine Symbian-Handys auf iPhone- und Android-Niveau zu bringen (20 Minuten Online berichtete). Auch der geplante Symbian-Nachfolger MeeGo kam erst Ende 2011 auf den Markt, vermutlich zwei Jahre zu spät, um den Siegeszug von iPhone und Android ernsthaft zu gefährden. Zu einem früheren Zeitpunkt hätte das Nokia N9 mit MeeGo eine starke Rolle spielen können, ist es doch eines der ersten Smartphones, die ohne Hardware-Button auskommen.

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