SicherheitslückeSchweizer Gefängnisse rüsten gegen Drohnen auf
Mit Drohnen ins Gefängnis geschmuggelte Waffen, Drogen und Handys werden vermehrt zum Problem. Spezielle Systeme sollen die Fluggeräte erkennen.
Ausbruchswerkzeug in bester Trickfilm-Manier in einer Geburtstagstorte ins Gefängnis zu schmuggeln, ist Schnee von gestern. Denn: Um Handys, Drogen und Waffen in geschlossene Anstalten zu liefern, nutzen Kriminelle vermehrt Drohnen. Auch in der Schweiz wurden bereits Vorfälle verzeichnet.
Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Pöschwies im Kanton Zürich habe bisher zwei solche Fälle registriert, «die allerdings nur als Versuche zu werten sind», wie Rebecca de Silva, Sprecherin des kantonalen Amts für Justizvollzug, sagt. Obwohl die Drohnen nicht mit Schmuggelware bepackt waren, nehme man die Vorfälle sehr ernst.
Neben anderen Sicherheitsvorkehrungen sei im Moment deshalb ein Detektionssystem in Planung. «Ziel der Massnahme soll es sein, Drohnen frühzeitig zu erkennen und sie dann bei einem Absturz oder Abwurf in der JVA auch lokalisieren zu können», sagt de Silva. Die Erkennung der Fluggeräte ist beispielsweise per Radar, GPS-Signal oder Funkfrequenzanalyse möglich.
Drohnen dringen unbemerkt ein
Sowohl in der Strafanstalt Bostadel in Menzingen ZG als auch in der JVA Lenzburg AG ist ein solches System ebenfalls geplant. Erstere verzeichnete bereits vor zwei Jahren einen Zwischenfall, bei dem es einem Unbekannten gelang, ein Handy mithilfe einer Drohne zu einem Insassen zu fliegen (20 Minuten berichtete).
Seitdem seien zwar keine Fälle mehr registriert worden – man könne aber auch nicht ausschliessen, dass es welche gab, sagt Andreas Gigon, Direktor der Strafanstalt Bostadel. «Die grosse Problematik mit Drohnen ist ja, dass man sie im Zweifelsfall nicht bemerkt.» Derzeit laufe im Bostadel noch der Evaluationsprozess, um den richtigen Drohnen-Detektor zu finden.
Auffangnetze und Hunde im Einsatz
In Lenzburg gab es bisher noch keine Vorfälle. Dennoch wird sich das Gefängnis bereits im nächsten Monat für einen Hersteller eines Drohnen-Abwehrsystems entscheiden und dann die sechsmonatige Installation in Angriff nehmen, sagt Marcel Ruf, Direktor der Anstalt (siehe Box).
Selbst bei jenen Anstalten, die weniger stark gefährdet sind, sind Drohnen ein Thema: «Das Gefängnis Bässlergut und das Untersuchungsgefängnis Basel-Stadt sind aufgrund der baulichen Gegebenheiten weniger anfällig für Schmuggeltätigkeiten mittels Drohnen. Selbstredend verfolgen und beurteilen wir die technischen Entwicklungen aber aufmerksam», sagt Martin Schütz, Mediensprecher des Justiz- und Sicherheitsdepartements Basel-Stadt.
In den Solothurner Gefängnissen kommen noch weitere Mittel zum Einsatz: «Möglichen Gefahren wie Schmuggel wird unter anderem mit Massnahmen wie Netzen über dem Spazierhof, Überwachung des Vorgeländes der Institution sowie regelmässiges Absuchen des Anstaltareals mit Hunden begegnet», schreibt Thomas Fritschi, Leiter beim Solothurner Amt für Justizvollzug, in einem Mail.

Drei Fragen an Marcel Ruf, Direktor der Justizvollzugsanstalt Lenzburg.
Herr Ruf, welche Bedrohung geht für Gefängnisse von Drohnen aus?
Das grösste Risiko besteht im Einfliegen von Schusswaffen, Munition und Sprengstoff. Unter anderem in Frankreich gab es bereits solche Fälle.
Braucht es dafür nicht eine sehr grosse Drohne?
Eine 9-Millimeter Glock ist schon eine relativ grosse Schusswaffe und wiegt zwischen 570 und 780 Gramm. Eine 200-Franken-Drohne schafft das zwar nicht, aber wenn man ein wenig investiert, geht das durchaus. Zudem kann man ja auch mehrmals mit Einzelteilen fliegen.
Sie planen die Installation eines Drohnedetektors. Wieso arbeitet man in Lenzburg nicht mit Auffangnetzen?
Anstalten wie die JVA Lenzburg oder Pöschwies erstrecken sich über mehrere Hektar. Es müssten also viele 1000 Quadratmeter abgedeckt werden, was in unserem Fall circa 3,8 Millionen Franken kosten würde. Der Detektor liegt preislich bei etwa 150'000 Franken. Mal von der Kostenfrage abgesehen, würden wir wegen dem Ortsbild keine Baugenehmigung bekommen. Und der Naturschutz würde ebenfalls Einspruch erheben, weil sich Vögel in den Netzen verfangen und sterben könnten. (lia)