Warum Nokia Googles Android links liegen lässt

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Windows statt AndroidWarum Nokia Googles Android links liegen lässt

Das Android-System für Smartphones ist bekannt, hat massenhaft Apps und ist erst noch gratis. Windows Phone ist unbekannt, hat weniger Apps und kostet. Trotzdem hat sich Nokia für den Underdog entschieden.

von
owi
Nokia-CEO Stephen Elop (links) und Ralph de la Vega vom US-Mobilfunkprovider AT&T wollen mit Windows Phone eine Alternative zu Android etablieren.

Nokia-CEO Stephen Elop (links) und Ralph de la Vega vom US-Mobilfunkprovider AT&T wollen mit Windows Phone eine Alternative zu Android etablieren.

Handys und Smartphones von Nokia gelten seit Jahren als besonders robust. Auch mit innovativer Hardware wie der 41-Megapixel-Kamera im neuen Lumia 1020 setzen die Finnen immer wieder ein Ausrufezeichen. Trotzdem blieb der frühere Erfolg in jüngster Zeit aus. Viele machen dafür Nokias Entscheidung für Microsofts Betriebssystem Windows Phone und gegen Googles Android verantwortlich.

Rund drei Viertel aller Smartphones laufen heute mit Android. Das Betriebssystem wird von Samsung, Sony, HTC und fast allen grossen Herstellern unterstützt. Windows Phone hingegen ist der breiten Öffentlichkeit kaum ein Begriff und läuft erst auf drei bis vier Prozent aller Smartphones. Warum also setzt Nokia auf den Underdog und nicht auf das Siegerpferd?

Nokia fürchtete Samsungs Dominanz

Theorien gab es bislang viele, nun redet Nokia-Chef Stephen Elop erstmals Tacheles. Der Grund für Windows Phone und gegen Android heisst Samsung. Als Nokia erkannte, dass seine Smartphone-Strategie mit den eigenen Betriebssystemen Symbian und MeeGo zum Scheitern verurteilt war, gingen die Finnen eine Allianz mit Microsoft ein. Zuvor sprach Nokia auch mit Google. Den Finnen passte aber die Vorstellung nicht, dass «ein Hardware-Hersteller mit Android zu dominant werden könnte». Dieser eine Hersteller ist natürlich Samsung. Nokia fürchtete offenbar zu Recht die Marketing-Macht der Südkoreaner. Ausser Apple kann niemand dermassen viel Geld in Werbung buttern wie Samsung. Nokia wollte sich das Schicksal von HTC und Sony ersparen, die im Android-Lager gegen den Galaxy-Konzern den Kürzeren ziehen.

Windows Phone soll dritte Kraft werden

Windows Phone ist zwar noch klein, hat aber laut Elop einen entscheidenden Vorteil: Mit Windows Phone liefere Nokia den Mobilfunkprovidern eine Alternative zu Googles Android und Apples iOS (iPhone). Insbesondere in den USA werden fast alle Mobiltelefone über Mobilfunkanbieter verkauft. Sie entscheiden, welche Geräte in den Schaufenstern ausgestellt werden.

Derzeit diktieren jedoch die Platzhirsche Apple und Samsung den Mobilfunkanbietern die Bedingungen. Eigentlich muss jeder Provider das iPhone und Galaxy im Angebot haben, will er nicht Kunden verlieren. Apple und Samsung sitzen daher am längeren Hebel und entsprechend wenig Geld bleibt pro verkauftem Gerät in den Taschen von Providern wie Swisscom, Sunrise und Orange. Anscheinend so wenig, dass im Ausland die ersten Telekomfirmen die Konsequenzen ziehen: Erst vor einer Woche hat auch der dritte der drei grossen russischen Mobilfunkanbieter das iPhone aus dem Sortiment genommen, berichtet das Online-Portal PhoneArena.com.

Provider in der iPhone-Falle

Auch für US-amerikanische Provider ist das iPhone ein zweischneidiges Schwert: Dort droht dem führenden Mobilfunkprovider Verizon Ungemach, falls er dieses Jahr die mit Apple vereinbarte Menge an iPhones nicht absetzen kann. Es drohen Entschädigungen in Millionenhöhe.

Solche Verträge zeigen, dass Apple (und Samsung) die Provider in der Hand haben. Mit einem dritten starken Betriebssystem wäre es für die Mobilfunkanbieter wieder möglich, Druck auf die beiden dominierenden Hersteller auszuüben. Deshalb wäre ein erfolgreiches Nokias mit Windows Phone von den Mobilfunkanbietern hocherwünscht. Das wussten auch die Finnen, als sie sich für Microsofts Betriebssystem entschieden hatten.

Mit Apps Geld verdienen

Ein noch unbekanntes Betriebssystem zu verkaufen, ist schwierig. Das zeigen Nokias mässige Lumia-Verkaufszahlen. Die Finnen setzen daher nicht alleine auf den Verkauf von Smartphones, sie versuchen auch mit Apps Geld zu machen. Die Anwendungen und Dienste sind wie bei Google grösstenteils gratis, Geld soll vielmehr durch Werbung eingenommen werden.

Nokia Maps, Nokia Navigation und Nokia Music sind zwar für die eigene Kundschaft gratis, wer ein Windows-Smartphone von Samsung oder HTC kauft, wird für Premium-Dienste von Nokia künftig aber zur Kasse gebeten. Beispielsweise bieten die Finnen die eigene Navigations-App für Lumia-Nutzer gratis an, Besitzer eines Samsung-Smartphones mit Windows Phone werden für die Nutzung sämtlicher Navi-Funktionen aber zahlen müssen.

Auch Nokias Kartendienst ist auf Windows Phone bereits ähnlich dominant wie Google Maps auf Android. Die Überlegung ist klar: Auf Android würden die eigenen Apps gegen Googles Dienste untergehen, im Windows-Phone-Lager hat Nokia alle Chancen, der dominante Geräte- und App-Hersteller zu werden. Die Frage bleibt, ob es der Allianz Microsoft und Nokia gelingt, Windows Phone als drittes starkes Betriebssysstem zu etablieren.

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