Filesharing im VisierHärtere Gangart gegen Internet-Piraten gefordert
Die Unterhaltungsindustrie fährt schweres Geschütz auf. Eine neu gebildete Allianz wirft dem Bundesrat vor, nichts gegen die «Internet-Piraterie» zu tun und den Jugendschutz zu missachten.

Die Forderungen der Allianz zielen laut Stellungnahme nicht auf die Endkonsumenten. Vielmehr solle kriminellen Plattform-Betreibern das Handwerk gelegt werden.
Schweizer Organisationen aus der Film-, Musik-, Buch- und Medienwelt haben sich zu einer Allianz gegen «Internet-Piraterie» zusammengeschlossen. Gemeinsam fordern sie vom Bundesrat eine härtere Gangart gegen die aus ihrer Sicht unerlaubte Nutzung von Werken über das Internet.
«Die Internet-Piraterie dürfte in der Schweiz bei den Urhebern, der Kreativindustrie und den Steuerzahlenden einen jährlichen Schaden in dreistelliger Millionenhöhe verursachen», teilte die Allianz am Freitag mit. Sie wirft dem Bundesrat vor, bis anhin zu wenig unternommen zu haben, um diesen Schaden einzudämmen.
Insbesondere kritisiert die Allianz den Bericht zur unerlaubten Werknutzung über das Internet, der in Erfüllung eines Postulats von Ständerätin Géraldine Savary (SP/VD) erarbeitet worden war (20 Minuten Online berichtete).
Unvollständige Angaben
«Die Folgerungen sind inakzeptabel, weil jeder Handlungsbedarf verneint wird. Der Bericht kommt einer Kapitulationserklärung vor dem illegalen Anbieten von Medieninhalten über das Internet gleich», schreibt die Allianz.
Im Bericht fehlten beispielsweise Angaben über die Einnahmeausfälle der Rechteinhaber, wird kritisiert. Weiter halte der Bundesrat die als illegal anerkannte Upload-Praktik und Filesharing durch Internet-Kriminelle für tolerierbar. «Das Urheberrecht wird so schleichend ad absurdum geführt und mittelfristig sinnentleert.»
Gewaltverherrlichung und Pornos
Zudem bezeichnet die Allianz es als rechtspolitisch bedenklich, dass der Bundesrat künftig auf die Verfolgung von klaren Rechtsverstössen gegen die Eigentumsrechte der Kreativen verzichten wolle. Und nicht zuletzt missachte der Bundesrat den Jugendschutz, weil auf den illegalen Quellen gewaltverherrlichende und pornographische Inhalte direkt sichtbar seien.
Die Folge sei, dass sich die Schweiz international ins Abseits manövriere. Unterzeichnerstaaten der Verträge der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) bekämpften die unhaltbare Situation auf ihrem Territorium tatkräftig, weil sie Kultur und Arbeitsplätze retten wollten. Zudem verstosse die Haltung gegen unterzeichnete WTO-Verträge.
Bericht zurückweisen
Die Allianz, die gemäss eigenen Angaben mehrere zehntausend Arbeitsplätze in der Schweiz vertritt, fordert deshalb eine umfassende Auslegeordnung, einen «Masterplan gegen Internet-Piraterie». Darin sollen unter anderem Schweizer Daten enthalten sein, Instrumente zur Bekämpfung dargelegt und Präventionsmassnahmen aufgelistet werden.
In einem ersten Schritt jedoch solle das Schweizer Parlament den Bericht des Bundesrates zurückweisen und vom Bundesrat konkrete Massnahmen fordern. Mitglied der Allianz sind unter anderen die Autorinnen und Autoren der Schweiz, Cinésuisse, die Gewerkschaft Impressum, ProLitteris, die Suisa, der Schweizerische Buchhändler- und Verlegerverband, der Verband Schweizer Medien und Suissimage.
90 Prozent sind fürs Downloaden
Ende November hat der Bundesrat den umstrittenen Bericht veröffentlicht. Darin kommt die Schweizer Regierung zum Schluss, dass das Urheberrecht nicht angepasst werden müsse. Sprich: Das blosse Downloaden von Musik, Büchern und Filmen für den Privatgebrauch soll legal bleiben. Davon ausgenommen sind Computer-Programme und Games.
Das Internet habe die Nutzung von Medieninhalten zwar fundamental verändert, heisst es im Bericht. Auf das kulturelle Schaffen in der Schweiz wirke sich dies jedoch nicht nachteilig aus. Denn das Geld, das die Internetnutzer beim kostenlosen Herunterladen sparten, gäben sie weiterhin für den Konsum im Unterhaltungsbereich aus.
Eine von 20 Minuten Online durchgeführte Online-Umfrage ergab ein deutliches Resultat. Über 90 Prozent der 4002 Teilnehmer der nicht repräsentativen Umfrage wollen, dass das Downloaden urheberrechtlich geschützter Musik, Filme oder Bücher legal bleibt. Bei den unter 30-Jährigen ist Gratis-Herunterladen eine Selbstverständlichkeit – nur sechs Prozent stören sich an dieser Praxis.
Keine «Schulhof-Kriminalisierung»
Gegenüber 20 Minuten Online stellt ein Sprecher der Allianz klar, dass es nicht darum gehe, die heute erlaubten Downloads zu verbieten. Hingegen solle das bestehende Verbot von Upload und Filesharing «endlich durchgesetzt werden». In anderen Ländern nehme man dieses Problem ernster und habe mit Gegenmassnahmen auch Erfolge erzielt. Die Allianz wolle aber keine «Schulhof-Kriminalisierung», wird betont. (dsc/sda)
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