«Nicht akzeptabler Eingriff in Grundrechte»

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«Servergate»«Nicht akzeptabler Eingriff in Grundrechte»

Auch die Schweizer Piratenpartei war von den drastischen Polizeimassnahmen in Deutschland betroffen. Parteipräsident Denis Simonet nimmt Stellung.

Daniel Schurter
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Daniel Schurter
«Wir werden unsere demokratischen Grundrechte immer verteidigen», sagt der Präsident der Schweizer Piratenpartei, Denis Simonet.

«Wir werden unsere demokratischen Grundrechte immer verteidigen», sagt der Präsident der Schweizer Piratenpartei, Denis Simonet.

Herr Simonet, wie beurteilen Sie aus Schweizer Sicht die Vorkommnisse in Deutschland?

Für die Arbeit einer modernen Partei ist die IT-Infrastruktur das wichtigste Werkzeug. Ob E-Mails, Webauftritte, Diskussionsforen oder die gemeinsame Erarbeitung von Texten, praktisch alles läuft zentral auf den Servern. Die Abschaltung der Server kommt also der Handlungsunfähigkeit der betroffenen Piratenpartei gleich.

Wie war Ihre Partei betroffen?

Da wir in der Piratenpartei Schweiz selber mit dem Piratenpad der Piratenpartei Deutschland arbeiten, waren auch wir von der Abschaltung der Server betroffen und in unserer Arbeit behindert. Diese Aktion der deutschen Behörden war unverhältnismässig und ein nicht akzeptabler Eingriff in demokratische Grundsätze. Es hätte gereicht, die Piratenpartei Deutschland um eine Kooperation zu bitten. Ich finde es richtig, dass die Piratenpartei Deutschland beim verantwortlichen Gericht Beschwerde eingelegt hat.

Kann so etwas auch in der Schweiz passieren?

Ja, ein Gericht kann natürlich solche Massnahmen anordnen. Ich hoffe aber, dass in der Schweiz die Verhältnismässigkeit gross geschrieben wird. Im Moment ist unser Partei-Server übrigens noch in Deutschland, wir planen aber schon länger einen Umzug in die Schweiz.

Was können Sie konkret gegen das Abschalten von Servern unternehmen?

Gegen gerichtliche Anordnungen kann man natürlich per se nichts tun. Wir arbeiten nun aber mit den Piratenparteien Deutschland und Luxemburg eine gemeinsame internationale Lösung aus, um im Falle einer solchen Abschaltung unsere Handlungsfähigkeit aufrecht erhalten zu können. Wir werden unsere demokratischen Grundrechte immer verteidigen.

Wie beurteilen Sie die Sicherheit der IT-Infrastruktur?

Wir verwenden moderne Sicherheitsstandards und halten uns pingelig an wichtige Grundsätze, um den Datenschutz zu gewährleisten. Unsere Mitgliederdaten sind das wichtigste Gut, das vor Fremdzugriffen geschützt sein muss. Daran sollten sich Konzerne wie Sony ein Beispiel nehmen.

Wie wichtig ist diese Infrastruktur für die Piratenpartei?

Wie bereits gesagt, ist sie unerlässlich für unsere Arbeit. Wir sind sowohl auf eigene Dienste, wie auch auf das Piratenpad der deutschen Piratenpartei angewiesen. Ausserdem werden wir für die Nationalratswahlen 2011 eine Wahlkampfplattform auf unserem Server betreiben.

Piraten vernetzen sich

«Justiz kapert Piratenserver – Internationale Piraten leisten Hilfe»: Unter diesem kriegerischen Titel haben die Piratenparteien aus Deutschland, Luxemburg und der Schweiz am Samstag eine engere Zusammenarbeit angekündigt. Die politischen Kleinparteien wollen sich besser gegen staatliche Zwangsmassnahmen wappnen, indem sie ihre Online-Angebote mehrfach auf Servern im In- und Ausland speichern. Durch eine solche «redundante Technikinfrastruktur» soll gewährleistet werden, dass das Abschalten eines Servers in einem Land nicht zum Totalausfall führt.

Eine entsprechende Aktion der deutschen Polizei hat am vergangenen Freitag zu heftigen Reationen geführt. Zwei Tage vor den Parlamentswahlen in Bremen schaltete das Bundeskriminalamt die Server der Piratenpartei Deutschland ohne Vorwarnung ab. Die Website der Bundespartei war stundenlang offline und es standen verschiedene Internet-Dienste wie E-Mail und das sogenannte «Piratenpad» nicht zur Verfügung. In den Diskussionsforen ist bereits von «Servergate» die Rede.

Dadurch sei die Partei «ihrer zentralen Kommunikationswege und Meinungsbildungsinstrumente beraubt» worden, heisst es in einer schriftlichen Stellungnahme, die auch auf der Website der Schweizer Piratenpartei veröffentlicht wurde. Der Chef der deutschen Piratenpartei, Sebastian Nerz, spricht von einem Skandal: «In Deutschland können offenbar die Kommunikationseinrichtungen einer demokratischen Partei ohne Rücksicht auf die rechtliche Situation und in einer verfassungwidrigen Weise einfach abgeschaltet werden.» Dies dürfe sich nicht wiederholen. «Wird es doch versucht, werden wir mithilfe der internationalen Piratenparteien verhindern, dass uns staatliche Behörden zum Schweigen bringen.»

Um in Zukunft «den reibungslosen Betrieb der politischen Arbeit in Deutschland zu gewährleisten», hätten mehrere Piratenparteien – darunter die Schweiz – spontan ihre Hilfe angeboten.

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