Gratis-Software für drei Franken

Aktualisiert

Partnerschaft mit SoftonicGratis-Software für drei Franken

GMX, Sueddeutsche.de, FAZ.net und Web.de verdienen hinter dem Rücken der Hersteller mit Freeware Geld. Diese sind empört und Verbraucherschützer warnen. Die Portalbetreiber sehen sich aber im Recht.

Henning Steier
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Henning Steier

«Hohe Ölpreise, unsichere Arbeitsplätze, heisse Diskussionen um niedrigere Mindestlöhne. Das sind nicht die einzigen ungünstigen Voraussetzungen für das Anspringen des Konsummotors in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Grosse Teile der Bevölkerung müssen den Gürtel immer noch eng schnallen, an Luxus ist in vielen Fällen nicht zu denken», heisst es in einer Pressemeldung von Softonic.com. Und weiter: «Ohne auf Qualität zu verzichten, greifen Computeranwender immer öfter auf kostenlose Software - so genannte Freeware - zurück und sparen so bares Geld.» Bereits 2005 veröffentlicht, hat die mit «Warum Geld ausgeben, wenn es auch umsonst geht?» überschriebene Mitteilung nichts an Aktualität eingebüsst, denn die Wirtschaftskrise ist noch nicht vorbei und Gratis-Tools wie das Büropaket OpenOffice.org und der VLC Media Player reichen für viele Anwender nach wie vor aus.

Grosse Portale wie CHIP Online haben daraus einen Teil ihres Geschäftsmodells gemacht: Sie bieten die Freeware über eigene Server gratis zum Download an, Nutzer sehen dafür Werbung, müssen mitunter unnötig viel klicken und steigern so ihre Verweildauer auf den Seiten, was auch deren Werbekunden gefällt. Sueddeutsche.de, FAZ.net, GMX und Web.de haben keine eigenen Server, bieten aber ebenfalls Software-Portale. Sie arbeiten dabei mit dem in Barcelona beheimateten Unternehmen Softonic zusammen.

Weder Viren noch Geschwindigkeitsverlust

Allerdings werden Besuchern der Seiten unter einem Link zum Gratis-Download vier Bezahl-Links präsentiert. User aus Deutschland sollen 1,99, Nutzer aus Österreich zwei Euro und Surfer aus der Schweiz drei Franken für Programme wie den Gratis-Virenscanner AntiVir Personal bezahlen. Erklärend heisst es: «Der Link Kostenloser-Download führt Sie auf den Download-Server des Programmherstellers. Diese Server sind zwar kostenlos, funktionieren aber oft nicht einwandfrei oder sind extrem langsam. Der Premium-Download erfolgt über eigene Server. Aus diesem Grund sind die Downloads schnell, zu 100 Prozent verfügbar und garantiert virenfrei.»

20 Minuten Online hat 15 der beliebtesten Gratis-Programme wie Google Earth und Skype über die Herstellerwebseiten heruntergeladen, konnte aber weder langsamere Geschwindigkeiten noch Virenbefall feststellen. «Sueddeutsche.de, faz.net, gmx.de und web.de machen den Preis eines Programms im Unterschied zu dubiosen Anbietern wie opendownload.de zwar transparent. Einen die Kosten rechtfertigenden Mehrwert kann ich aber auf den ersten Blick nicht erkennen», sagte Thomas Bradler, Referent für Telekommunikation bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, zu 20 Minuten Online.

«Auch wenn der Premium-Download nicht gegen geltendes Recht verstösst, muss der Download-Anbieter vorab die Zustimmung des Softwareherstellers zur Nutzung der Software einholen, was in der Realität leider aber häufig nicht geschieht», hiess es aus der Rechtsabteilung des Softwareherstellers Avira, dessen für Privatnutzer gratis verfügbares Sicherheits-Tool AntiVir Personal weltweit rund 100 Millionen Computerbesitzer nutzen.

«Anbieter agieren unfair»

«Wir unterstützen grundsätzlich keine Premium-Download-Links, können ihr Auftauchen im Web aber nicht verhindern», ergänzte Aviras Marketing-Chef Travis Witteveen im Gespräch mit 20 Minuten Online, «in der Regel erhalten Anbieter von Freeware-Downloads Geld von Werbekunden statt von Web-Usern. Meiner Meinung nach agieren Anbieter unfair, wenn sie versuchen unsere Gratis-Produkte zu verkaufen. Natürlich schöpfen wir erfolgversprechende Mittel aus, um solchen Machenschaften Einhalt zu gebieten, der rechtliche Aufwand hierfür ist allerdings sehr hoch.» Um sich vor sämtlichen Betrugsversuchen zu schützen, rät Avira Anwendern, Software immer direkt von den Download-Seiten des Herstellers zu beziehen. Um eine saubere Quelle zu haben, sollten PC-Anwender die URL direkt in die Adresszeile des Browser-Fensters eintippen und keine Links benutzen.

Das rät auch Matthias Meyer, Sprecher von Google Schweiz: «Gratis-Dienste wie Google Earth und Google Chrome ziehen Millionen von Nutzern weltweit an. Wir empfehlen unseren Anwendern, Google-Seiten zu besuchen, um die Dienste herunterzuladen, anstatt sie gegen eine Gebühr von anderen Quellen zu beziehen.» Mozilla wehre sich im Interesse von Nutzern gegen Webseiten, die Verbraucher in die Irre führen, ungerechtfertigte Kosten erheben und hierfür unsere Markenrechte missbrauchen, sagte Barbara Hüppe, Sprecherin von Mozilla Europa, zu 20 Minuten Online, «auch Seiten, die neben kostenpflichtigen auch eine kostenlose Download-Möglichkeit bieten, entsprechen nicht unseren Nutzungsbedingungen. Unsere Mittel sind allerdings begrenzt und wir konzentrieren uns daher auf Fälle, bei denen Nutzer bewusst in die Irre geführt werden. Wir werden weiterhin nicht hinnehmen, dass unter Nutzung unserer Marken und Produkte versucht wird, Verbraucher zu prellen. Verstösse können uns Internetnutzer über eine eigens eingerichtete Seite melden.»

«Einmal liegt die Datei bei Softonic, einmal beim Hersteller. Für die Speicherung der Datei verlangt Softonic einen Betrag. Das kann man in der Tat kritisieren und dazu sind wir auch mit dem Unternehmen im Gespräch», versucht Florian Pütz, Leiter des Verlagsbereichs FAZ.net, sich gegenüber 20 Minuten Online zu rechtfertigen. «Wir überprüfen sämtliche Partnerschaften fortlaufend im Hinblick auf Qualität und Erfolgsbeitrag. Für FAZ.NET bietet die Kooperation mit Softonic eine passende Ergänzung zu unserem Ressort Computer. Auf diese Weise können wir den Traffic in einem werberelevanten Umfeld steigern und zudem durch eine Umsatzbeteiligung Geld ausserhalb der Werbevermarktung verdienen.»

Freie Wahl

Ähnlich argumentierte Holger Neumann, Pressesprecher der GMX GmbH, die auch Web.de betreibt: «Die beiden Angebote sind deutlich differenziert und es steht jedem frei, sich für einen der beiden Wege zu entscheiden. Und wenn man die aktuelle Diskussion um das Thema Bezahlinhalte im Internet kennt, kann man sich vorstellen, wie das Verhältnis zwischen kostenlosen und Premium-Downloads aussieht.» Allein GMX hat hierzulande rund 800 000 elektronische Postfächer vergeben. «Wir haben über Softonic - einem international sehr renommierten Anbieter in diesem Segment - rund 10 000 Titel im Programm, darunter von Schwergewichten im Software-Markt wie Adobe oder der Mozilla Foundation. Hier sind auch beim normalen Download sicher keine Bedenken angebracht. Allerdings haben wir ja auch einige kleine und unbekannte Anbieter im Programm, bei denen das durchaus für Sicherheitsfanatiker Sinn haben mag. Denn wir, beziehungsweise Softonic, garantieren, dass die Software nochmals auf Viren überprüft wurde - und sind dafür haftbar, wenn tatsächlich ein Virus enthalten ist», so der Sprecher weiter. Seitens der Süddeutschen Zeitung hiess es nur, man werde das Angebot überprüfen.

«Der Premium-Download ist durchweg klar als solcher mit den Vorteilen für den User gekennzeichnet. Ausserdem ist festzuhalten, dass Softonic an den mündigen Konsumenten glaubt», sagte Tomás Diago, Chef von Softonic, zu 20 Minuten Online. Die Kooperationspartner seines Unternehmens seien seit Beginn der Zusammenarbeit darüber informiert, dass dieser Service angeboten wird und hätten ihm vertraglich zugestimmt. Dass FAZ.net und Co informiert wurden, davon ist auszugehen, die von 20 Minuten Online befragten Softwarehersteller wurden allerdings nicht gefragt, ob jemand mit ihrer Software Geld verdienen darf. Aber für sie hielt Diago einen Tipp bereit: «Den Softwareautoren ist es stets überlassen, sich Softonic.com mitzuteilen, falls sie mit unserem kostenpflichtigen Angebot nicht einverstanden sind. Dieses wird dann auf ihren Wunsch umgehend entfernt.»

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