Moneten für MusikerRestorm fordert Musikindustrie heraus
Die Musik-Plattform Restorm.com will die komplizierte Musik-Lizenzierung radikal vereinfachen. Das Ziel: Geld für die Künstler und schnelle Lizenzen für die Kunden.
Jährlich wird für Musik in der Werbung, in Filmen und in TV-Serien über 2.5 Milliarden Dollar ausgegeben. Davon profitiere in erster Linie die Musik-Industrie, die die Konsumenten immer mehr in die Ecke des Download-Piraten dränge, sagt Restorm-Gründer Philippe Perreaux.
Die Krux für die Künstler: Private und Unternehmen, die etwa ein YouTube-Video, einen Werbe-Spot oder ein PC-Game mit einem Song aufpeppen, kümmern sich meist nicht gross um Lizenzierungs-Fragen oder wissen schlicht nicht, wie und wo sie ein Musikstück lizenzieren können. Dadurch verlieren Musiker Einnahmen und YouTube-Nutzer machen sich, ohne es zu wissen, oft strafbar. Böse Absichten kann man den «Musik-Piraten» nicht verallgemeinernd unterstellen. Die Musik-Linzenzierung ist ein rechtlicher Dschungel, die Wenigsten blicken da durch.
Hier kommt das Schweizer Musik-Portal Restorm.com ins Spiel. 2007 wurde es als Alternative zum damals noch erfolgreichen sozialen Netzwerk MySpace aus der Taufe gehoben. Fünf Jahre später will das inzwischen auf 13 Köpfe angewachsene Team den Lizenzierungsprozess mit der am Donnerstag gestarteten Online-Plattform rightclearing.com massiv vereinfachen.
So funktionierts
Das Prinzip hinter rightclearing.com ist simpel: Musiker können ihre Songs auf der Webseite hochladen und die Nutzungsrechte bestimmen - beispielsweise keine Verwendung für politische Werbung. Sie legen den Preis fest und können den Track direkt an Private, Werbefirmen, Filmemacher oder Gameproduzenten lizenzieren, sprich verkaufen.
Den Preis legt somit nicht die Musik-Industrie fest, sondern der Künstler selbst. Die Höhe ist unter anderem abhängig vom Verwendungszweck des Songs: Ein Lied für ein YouTube-Video gibt es fast umsonst, das gleiche Stück für eine Radio-Werbung kann rasch mehrere hundert Dollar kosten. Soll der Song gar in einem aufwändigen TV-Spot oder einem Film zu hören sein, können zehntausende Dollar fällig werden. Etablierte, international bekannte Künstler können ihre Preise naturgemäss höher festsetzen als Newcomer.
Rasch den passenden Song finden
Die Lizenznehmer ihrerseits suchen sich auf rightclearing.com den passenden Song für ihr Projekt – sei dies ein YouTube-Video, ein TV-Spot oder ein Kinofilm – und bezahlen direkt den Künstler. Restorm.com erhält für seine Vermittlungs-Dienstleistung 10 bis 30 Prozent Provision.
Ein konkretes Beispiel: Sucht ein Bier-Produzent einen ähnlich guten Ohrwurm für seine Werbung, wie ihn die pfiffige Konkurrenz nutzt, lädt er das Lied auf rightclearing.com hoch und eine spezielle Software schlägt automatisch passende Lieder vor. Abhängig vom Budget des Projekts (günstiges YouTube-Video, Radio-Werbung, teurer TV-Spot) berechnet das System den Preis für den Song. Nach der Bezahlung übers Internet können die Kunden den Track herunterladen und legal nutzen. Für den ganzen Prozess fällt kein einziges Papierdokument an (siehe Video).
Rightclearing startet mit 13 000 Tracks, die ab sofort zur weltweiten Lizenzierung zur Verfügung stehen. Durch die Kooperation mit der US-Lizenzierungsplattform Rumblefish wird die Anzahl verfügbarer Tracks im Verlauf der nächsten Wochen auf mehr als 100 000 Titel wachsen.
Die Platten-Industrie zögert
Seit der Jahrtausendwende beklagt die Musikindustrie einbrechende Umsatzzahlen und setzt mit dem umstrittenen ACTA-Abkommen verstärkt auf Verbote im Internet. Bei der Zürcher Firma Restorm.com glaubt man nicht, dass man die Konsumenten als Piraten sehen sollte oder sie dazu bringen kann, für alles zu bezahlen. «Gesetze wie ACTA verhindern alle Bemühungen, eine urheberrechtliche Landschaft zu schaffen, die die Kulturentwicklung fördert», sagt Geschäftsführer Perreaux. Mit rightclearing.com ermögliche man jedem, der legal Musik für seine Projekte verwenden möchte, die Rechte dafür in wenigen Minuten zu erwerben. Dies werde auf lange Sicht auch den finanziellen Interessen der Musikindustrie zu Gute kommen.
Bis es so weit ist, muss Perreaux noch viel Überzeugungsarbeit leisten: Die grossen Platten-Labels Universal, Sony, EMI und Co. sind noch nicht an Bord. Songs von Stars wie Lady Gaga oder den Rolling Stones können somit noch nicht lizenziert werden. Entscheidend für den Erfolg wird zudem sein, ob wichtige Akteure wie der YouTube-Besitzer Google seine Nutzer auf rightclearing.com hinweisen wird.
Durchstarten will Restorm.com-Gründer Perreaux bald auch in den USA. Für die Umsetzung seiner ehrgeizigen Ziele nutzt das Start-Up Beziehungen zu Investoren und PR-Profis aus dem Umfeld von Napster, der Foto-Community Flickr oder last.fm, dem sozialen Netzwerk für Musikfreaks.
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