Wo Samsung schlottert, macht Apple schlapp

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Smartphones im KältetestWo Samsung schlottert, macht Apple schlapp

Finnische Forscher haben 15 populäre Smartphones in die Kältekammer gesteckt. Nur ein aktuelles Modell überlebte bis -35° Celsius. Gewonnen haben ein Billig-Handy und ein uraltes Gerät.

Daniel Schurter
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Daniel Schurter

Wer sein iPhone bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt benutzt, tut dies auf eigene Gefahr. Sollte das Gerät den Geist aufgeben, übernimmt Apple keine Verantwortung. Denn es gilt, was vielen Nutzern nicht bewusst sein dürfte: Kälteschäden sind gemäss den Garantiebestimmungen nicht gedeckt, so ist es auch auf der Apple-Website nachzulesen.

Selbst wenn die meisten Hersteller vor tiefen Temperaturen warnen, kommen die schlauen Handys natürlich auch bei eisiger Kälte zum Einsatz. Eine finnische Computer-Zeitschrift hat 15 populäre Smartphone-Modelle testen lassen - darunter das iPhone 4S und iPhone 4 sowie mehrere Modelle von Samsung und Nokia (siehe unten).

In der Kältekammer

Der ultimative Härtetest wurde in einem Forschungslabor im hohen Norden durchgeführt. Dabei gingen die Prüfer weit über die von den Herstellern festgelegten Spezifikationen hinaus. In einer speziellen «Kältekammer» konnten sie die Temperatur auf das Zentelgrad genau einstellen. Bei 0° Celsius ging die «Folter» los, dann wurde die Temperatur schrittweise jeweils um fünf Grad gesenkt. Es wurde geprüft, bei welcher Temperatur die ersten Probleme auftraten und wann die Geräte wegen der Kälte den Geist aufgaben.

Das Fazit: Bereits bei -5° Celsius tauchten beim iPhone 4S und dem Nokia N9 die ersten Symptome auf. Bei -10° Celsius folgte der erste Totalausfall (siehe Bildstrecke). Das aktuelle Apple-Smartphone konnte den frostigen Temperaturen nicht trotzen, hingegen schnitt ausgerechnet der grösste iPhone-Konkurrent auffallend gut ab. Das Samsung Galaxy S2 funktionierte als einziges Smartphone noch bei -30°Celsius. Damit wurden auch die Angaben des Herstellers übertroffen. Laut Samsung ist eine Mindest-Temperatur von -20° erforderlich.

Je billiger, desto ...

Bei den allermeisten Smartphones war bei Temperaturen zwischen -15° und -20° Celsius der Ofen aus. Nur zwei Handys funktionierten auch bei -35° Celsius, wenn auch nur sehr langsam und mit «Erfrierungen» beim LCD-Display. Sehr zum Stolz der (finnischen) Auftraggeber des Kältetests waren dies zwei von finnischen Ingenieuren entwickelte Nokia-Handys. Dabei handelt es sich um vergleichsweise einfache Geräte, die ohne empfindlichen Touch-Screen auskommen: das fünfjährige Nokia E65 und das Billig-Nokia C1-01. Bei sibirischen -40°Celsius war aber auch für die Testsieger Schluss.

Das Resultat dürfte Fachleute nicht verwundern. Das Motto lautet offensichtlich: Je billiger, desto robuster. Im Gegensatz zu den älteren Handys sind die mit Elektronik vollgepackten Smartphones deutlich fehleranfälliger bei Kälte.

Voller Akku bringt nichts

Der Kältetest bestätigte einmal mehr: Schwachpunkt der modernen Smartphones ist der Akku. Wenn die Aussentemperatur deutlich unter Null fällt, nimmt ein Handy irgendwann an, die Batterie sei leer und schaltet sich automatisch ab. Das passiert selbst dann, wenn der Akku eigentlich voll aufgeladen wäre.

Die Erklärung liegt in der Funktionsweise des Akkus: Die chemische Reaktion im Innern verlangsamt sich bei zunehmender Kälte. Sobald die Akku-Leistung unter einen gewissen Schwellenwert sinkt, geht nichts mehr. Das Gerät sollte darum auch unterwegs warm (nicht zu warm!) gehalten werden. Dazu kann es in einer Innentasche nahe am Körper oder gut verpackt im Rucksack mitgeführt werden.

Sorgenkind Display

Der finnische Kältetest brachte auch die Schwächen der Bildschirm-Technologie zutage. LCD-Displays bekundeten ab -10° Celsisus Mühe mit der Darstellung der Farben. Die Erklärung: Mit zunehmender Kälte werden die flüssigen LED-Kristalle immer zähflüssiger, was zu unschönen Pixel-Effekten führt. Hingegen zeigten sich die AMOLED-Displays, die aus organischen Leuchtdioden bestehen, deutlich widerstandsfähiger und funktionierten auch noch bei tieferen Temperaturen.

Der Test wurde im Auftrag der finnischen Computer-Fachzeitschrift «MikroPC» durchgeführt und ist von der britischen «Computer World» ins Englische übersetzt worden. Der informative Beitrag zeigt auch eine Grafik mit den Resultaten aller 18 getesteten Geräte.

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