iPhones werden von Hand zusammengesetzt

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Inside FoxconniPhones werden von Hand zusammengesetzt

Die erste TV-Reportage aus den Foxconn-Fabriken in China enthüllte Überraschendes: Die Jobs dort sind überaus begehrt. Und: In den schicken Apple-Gadgets steckt viel Handarbeit.

Daniel Schurter
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Daniel Schurter

Mit einiger Spannung war die erste TV-Reportage aus den chinesischen Foxconn-Fabriken erwartet worden. Bill Weir von ABC News ist zwar nicht der erste westliche Journalist, der sich in den Apple-Zulieferbetrieben umsehen konnte – das hatten vor ihm schon Undercover-Reporter geschafft. Doch Weir ist der erste, der mit offizieller Erlaubnis von Apple in den hermetisch abgeriegelten Produktionsstätten filmen durfte.

Um es kurz zu machen: Die skandalösen Enthüllungen sind erwartungsgemäss ausgeblieben. Dafür brachte die «Exklusiv-Reportage» einige interessante Fakten zu iPhone und iPad zutage. Was den meisten iPhone-Nutzern nicht bewusst sein dürfte: Jedes Apple-Smartphone wird praktisch in reiner Handarbeit gefertigt. Dazu sind 141 Arbeitsschritte erforderlich.

Einige der vom Reporter angesprochenen Arbeiter wussten allerdings gar nicht, für welches Apple-Gagdet sie gerade einen Arbeitsgang durchführten - offenbar hatten sie die Endprodukte gar nie zu Gesicht bekommen.

Kaum Roboter

Fertigungs-Roboter werden bei Foxconn kaum eingesetzt, wie kürzlich bereits die «New York Times» berichtet hatte. Wie die TV-Reportage nun zeigte, wandert jedes iPad während der fünftägigen Montage durch die Hände von 325 Arbeitern.

Die Fabrikräume wirkten sauber und hell, doch die Arbeit ist äusserst monoton: Einzelne Angestellte führen 3000-mal pro Tag den gleichen Handgriff aus. Und noch eine andere Zahl vermag zu beeindrucken: An einem einzigen Tag werden 300 000 Kamera-Module für die Apple-Tablets hergestellt, wie «The Verge» berichtet.

Apple ist Foxconns wichtigster, aber längst nicht der einzige Kunde. Unglaubliche 40 Prozent der weltweit verkauften Unterhaltungselektronik stammen aus den chinesischen Werken des Auftragsfertigers. Wanderarbeiter aus den ärmsten Teilen des Riesenlandes finden in den Fabriken eine – meist temporäre - Beschäftigung. Offiziell ist von 1,2 Millionen Angestellten die Rede, damit ist Foxconn nach dem chinesischen Staat der grösste Arbeitgeber.

60-Stunden-Woche

Die Arbeitsbedingungen sind alles andere als gut. Eine normale Schicht dauert zwölf Stunden, inklusive einer zweistündigen Mittagspause. Gearbeitet wird sechs Tage pro Woche. Dafür erhalten die Arbeiter einen Stundenlohn von umgerechnet 2 US-Dollar.

Eine Familie könne davon nicht ernährt werden, hiess es, selbst wenn das magere Einkommen mit Überstunden noch etwas aufgebessert werde. Der US-Reporter hat während seiner Betriebsbesichtigung keinen einzigen Arbeiter über 30 entdeckt. Viele sind laut Bericht erst 16 oder 17 Jahre alt.

Begehrte Jobs

Im Gespräch mit dem US-Reporter beklagten sich die Angestellten hauptsächlich über das geringe Gehalt. Laut Bill Weir gilt Foxconn aber dennoch als einer der besseren Arbeitgeber, insbesondere nachdem erst vor kurzem eine Lohnerhöhung angekündigt wurde. Offenbar reissen sich die Chinesen regelrecht um die Jobs. An dem Tag, an dem das Kamerateam da war, kamen ganze Busladungen mit Arbeitssuchenden bei den Fabriken an.

Foxconn bringt die Angestellten in eigentlichen Schlaf-Silos auf dem Firmengelände unter. Die Übernachtung in einem «Schlafsaal», in dem sechs bis acht Personen eingepfercht sind, ist nicht etwa gratis, sondern kostet 17.50 Dollar pro Monat. Bezahlen müssen die Foxconn-Arbeiter auch für das Essen. Jede Mahlzeit kostet umgerechnet 0,70 Dollar.

Inspekteure der Fair Labor Association (FLA) untersuchen zurzeit die Arbeitsbedingungen in den Foxconn-Werken (20 Minuten Online berichtete). Dazu werden insgesamt 35 000 Mitarbeiter anonym befragt. Die Verantwortlichen hoffen auf ehrliche Antworten. Allerdings werden die Befragungen in Räumen auf dem Fabrikareal durchgeführt.

Apple hat für den Beitritt zur FLA 250 000 US-Dollar hingeblättert und übernimmt auch die Kosten für die Überprüfung der chinesischen Zuliefer-Betriebe. Laut dem FLA-Chef könne der US-Konzern aber keinen Einfluss nehmen auf die Untersuchung.

Noch nicht im Netz

Bill Weirs vollständige Reportage ist noch nicht bei YouTube veröffentlicht worden. Die Sendung «ABC Nightline» kann auf der ABC-Newssite als Streaming-Video angeschaut werden. Allerdings werden alle nicht-amerikanischen IP-Adressen blockiert. Die Blockade kann theoretisch umgangen werden, indem mithilfe eines Web-Tools eine US-IP vorgetäuscht wird.

Update 23. Februar

Inzwischen ist die ABC-Reportage bei YouTube verfügbar.

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