Gänsehaut in KlotenUngarn, der Weltmeister der Herzen
Vor rund einem Monat verlor die ungarische Eishockey-Nati ihren Captain durch einen Herzinfarkt. Trotzdem oder vielleicht wegen dem zeigte der Aufsteiger in seinen WM-Gruppenspielen eine unglaubliche kämpferische Leistung. Für die Zwischenrunde gereicht hats trotzdem nicht.
Für die Ungarn war es das Spiel der Spiele. Ein Sieg gegen Weissrussland hätte das Ticket für die Zwischenrunde und die Sensation bedeutet. Mit viel Herzblut hielt sich der Aufsteiger im Rennen. 54 Minuten lang. Bis das Tor des Weissrussen Ugarov das Schicksal der Ungarn besiegelt. Das 3:1 ins leere Tor wenige Sekunden vor Schluss tat nichts mehr zur Sache.
Weissrussland im Glück, Ungarn im Elend. Die einen bei der Siegeshymne mit hervorgestreckter Brust, die anderen mit gesenktem Kopf. Doch die ungarischen Fans zeigten eine Solidarität mit ihrer Mannschaft wie bisher kaum gesehen. Aus voller Brust stimmten sie nach dem Abklingen der weisrussischen Hymne ihre eigene Nationalhymne an, die Spieler setzten mit ein. Gänsehautstimmung in der Klotener Arena.
In Gedanken bei Gabor Ocskay
Eine Gänsehautstimmung, die so schnell nicht verging. Beide Trainer rangen bei der offiziellen Pressekonferenz nach dem Spiel um Worte. «Zuallererst möchte ich Gabor gedenken», sagte Weissrusslands Trainer Glen Hanlon an der Stelle, wo Siegertrainer meistens ihrer eigenen Mannschaft ein Kränzchen winden. Gabor Ocskay war Ungarns Captain und starb Ende März an einem Herzinfarkt. «Er war sicherlich ein grossartiger Mensch, leider durfte ich ihn nie persönlich kennenlernen», so Hanlon weiter. Es sei beeindruckend gewesen, wie die Ungarn trotz diesem Verlust aufgespielt hätten.
Gar den Tränen nahe war Ungarns Nationalcoach Pat Cortina, als er sein Statement zum Spiel abgeben sollte. «Gabor war ein spezieller Hockeyspieler», begann der Trainer, als ihm die Stimme versagte und er mit den Tränen zu kämpfen begann. Einige Sekunden Stille, nicht einer der rund 20 anwesenden Journalisten rührte sich. «Er war heute bei uns», fuhr Cortina schliesslich fort. Er sei sehr stolz auf seine Mannschaft, die gezeigt habe, dass sie mit den Top-Ten-Teams mithalten könne. Viel Lob hatte der Trainer auch für die zahlreich angereisten ungarischen Fans übrig, die die Halle Mal für Mal zum Brodeln brachten. Cortina: «Sie waren unglaublich. Zusammen mit Gabor haben sie uns geholfen, eine tolle Leistung zu zeigen.»
Der Kampf gegen den Abstieg beginnt
Aufsteiger Ungarn - ein Land, in dem lediglich 2000 Leute Eishockey spielen (zum Vergleich: in der Schweiz sind es deren 25 000) - hat an dieser WM wahrlich überrascht. Die Slowakei, Weltnummer 8 und Weltmeister von 2002, schaffte erst 13 Sekunden vor Schluss das entscheidende Tor zum 4:3. Weissrussland, die Weltnummer 9, konnte die Partie gegen Ungarn auch erst in den letzten fünf Minuten zu seinen Gunsten wenden. Nur Kanada zeigte dem Aufsteiger klar seine Grenzen auf (0:9).
Doch für gute Leistung alleine gibt es bekanntlich keine Punkte. Es sind die Tore, die zählen. Und die vier, die Ungarn in drei Spielen schoss, waren zu wenig. Bisher sieglos muss das Team von Pat Cortina nun in die Abstiegsrunde. Doch es wird auch dort kämpfen. Und eines sind die Ungarn schon jetzt: die Weltmeister der Herzen.