Wie geil ist ein Veganer-Porno?

Aktualisiert

«Porny Days»Wie geil ist ein Veganer-Porno?

«Schnick Schnack Schnuck» wird heute Abend am Filmfestival «Porny Days» in Zürich gezeigt. 20 Minuten hat sich den Porno bereits angeschaut.

Andreas Hauri
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Andreas Hauri

Kai ist auf dem Weg zum Bahnhof. Er hat es eilig auf seinem Fahrrad, so eilig, dass er Steffi gar nicht sieht, wie sie aus der entgengesetzten Richtung kommend auf ihn zuradelt. Es kommt zum Zusammenprall der beiden. Steffi liegt mit geschürftem Knie am Boden. «Wie kann ich das wieder gutmachen?», fragt Kai. «Blas mir doch einen», sagt Steffi. Und schon gehts los — willkommen im Porno der etwas anderen Art.

«Schick Schnack Schnuck», eine kleine unabhängige und idealistische Low-Budget-Produktion der Kölnerin Maike Brochhaus, ist ein Sex-Streifen, der, wie sie sagt, «die Leute spielerisch dazu auffordert, über den Tellerrand hinaus zu schauen». Über diesen Tellerrand schaut man bei «Schnick Schnack Schnuck» schon zu Beginn, wenn Steffi und Kai die Rollen tauschen. «Blas mir doch einen», eine Anspielung auf das ach so oft benutzte, laut Brochhaus «sexistische Vokabular».

Echter Sex eben

Das Spiel mit den Geschlechter-Stereotypen setzt sich durch den ganzen Film fort. Starke Frauen verführen lustvoll die etwas verwirrt und schusselig wirkenden Männer. Sie lassen sich verwöhnen: zu zweit, zu dritt oder gleich mit einer Orgie. Feministisch ist das noch lange nicht. Auch die Heteros oder Homosexuellen kommen auf ihre Kosten. Es wird gebügelt, gebürstet, gestreichelt, gebumst, kopuliert und durchgenudelt, was das Zeug hält — ein echter Porno eben.

Regieanweisungen gab es nur bis zu den Sex-Szenen. Sobald der Sex beginnt, sind die Darstellerinnen und Darsteller sich selbst überlassen — echter Sex eben. Dazu gehören auch Unlust und nicht erigierte Penisse. Wo diese beim Mainstream-Porno weggeschnitten werden, rücken sie bei «Schnick Schnack Schnuck» in den Vordergrund. «Nicht nur erigierte Penisse können schön sein», so Brochhaus dazu.

Die Idee zum Porno kam der 30-Jährigen, die nebenher in Kunstgeschichte promoviert, nach langer Auseinandersetzung mit dem Thema Pornographie. Youporn habe zwar seine Berechtigung, ihr lag aber mehr daran, «den Sexfilm mit dem Spielfilm zu verknüpfen – in Anlehnung an die Pornofilme der Siebzigerjahre, in denen Porno noch gemeinsam im Kino konsumiert wurde». Mit Handlung, Story, Humor und eben echtem Sex.

Laien-Darsteller

Dafür mussten Darsteller her: Keiner der sieben Laien im Film hatte professionelle Erfahrung im Porno-Business. Olaf (Sören Störung) ist der Freund von Maike, der neben Schnitt, Drehbuch und Soundtrack auch mitspielt. Die anderen hatten noch nie Sex vor der Kamera. «Intensive Gespräche» halfen über allfällige Beklommenheit hinweg. Schwieriger war das Casting: Brochhaus hatte schon mal einen Pornofilm gedreht, wodurch die Bewerber die Stossrichtung ihrer Arbeit etwas erahnen konnten. Typen, die für etwas Kohle rumvögeln wollten, habe man damit gleich abschrecken können, so Brochhaus.

Dialoge im Porno hatten noch nie grossen Stellenwert. Bei «Schnick Schnack Schnuck» aber hören die Zuschauer quasselnde Hipster und Fahrrad fahrende Veganer, die für Gemüsebrote schwärmen, wenn sie nicht gerade mit funkelnden Augen miteinander in die Kiste steigen. Da kann einem schon mal warm ums Herz werden. Aber was ist mit der Hose? «Schön ist es doch, wenn Kopf und Körper stimuliert werden, das geht, auch ohne allzu seriös oder dramatisch sein zu müssen», meint Brochhaus.

«Schnick Schnack Schnuck» läuft heute Abend um 22.30 Uhr am Kunst-Film-Festival «Porny Days» in Zürich.

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