«Depeche Mode sind eine Demokratie»

Aktualisiert

Mit DM im Studio«Depeche Mode sind eine Demokratie»

Für das neue Album von Depeche Mode hat ein Schweizer Songs geschrieben: Kurt Uenala liefert exklusive Einblicke in die Arbeit mit der Band.

von
Marlies Seifert

Bei den Aufnahmen zum letzten Album von Depeche Mode war Kurt Uenala schon als Mitproduzent beteiligt. Diesmal durfte der Schweizer, der seit über zehn Jahren in New York lebt und arbeitet, sogar am Songwriting mitwirken. Im Interview mit 20 Minuten Online erzählt der Thurgauer von den Arbeiten an «Delta Machine».

Sie haben schon am letzten Album von Depeche Mode mitgewirkt. Inwiefern war die Zusammenarbeit diesmal anders?

Kurt Uenala: Da ich bei dieser Platte auch Lieder mitkomponiert habe, war ich sehr viel mehr involviert bei den Aufnahmen. Depeche Mode funktionieren im Studio als Demokratie: Jedes Mitglied und auch der Produzent (Ben Hillier Anm. der Redaktion) haben ein Stimmrecht bezüglich Sounds und Akkorde. Das Gute an dieser Arbeitsweise ist, dass eine homogene Platte entsteht.

Drei Songs, die Sie mitgeschrieben haben, sind auf der Platte gelandet. Macht Sie das stolz?

Aber klar, seit ich ein Teenie war und mein Bruder Erol mir das erste Mal eine Depeche-Mode-Platte vorgespielt hat, wollte ich Synthesizer lernen. Auf dem Pausenplatz haben mein Freund Angelo und ich sehr oft Depeche Lieder gesungen. Wir waren typische Aussenseiter, die die Klamotten ihrer Schwester trugen, ganz schlecht im Fussball waren und deshalb vom musikalischen Erfolg träumten (lacht).

Den haben Sie nun erreicht. Wie haben Sie Dave Gahan kennengelernt?

Ein befreundeter Produzent empfahl mich, um Demos für die Platte «Playing The Angel» aufzunehmen. Dave hatte sich gerade ein kleines Tonstudio eingerichtet – und wir mussten als erstes noch Möbel einkaufen. Letztes Jahr sang Dave ein Lied für mein Solo-Projekt kap10kurt. Es hat so perfekt geklickt, dass wir uns entschieden weiterzukomponieren.

Wie entstehen Ihre gemeinsamen Songs?

Normalerweise mache ich ein ziemlich detailliertes Demo, welches ich an Dave schicke. Dann treffen wir uns im Tonstudio, wo er mir seine Gesangsideen vorstellt und wir Änderungen an den Akkorden oder der Tonart vornehmen. Dann nehmen wir etliche Gesangs-Linien auf und hinterfragen nochmals die Melodie. Bei den Texten bleibe ich Dave aus dem Weg. Das wird dann erst mit der Band und dem Produzenten analysiert.

Wie war die Zusammenarbeit mit dem musikalischen Mastermind von Depeche Mode, Martin Gore?

Martin ist ein Schatz. Einen mehr oder weniger fremden Songwriter im Raum zu haben ist nicht immer einfach, aber er war sehr offen und warmherzig. Er hat sogar sein Studio zur Verfügung gestellt, wenn Dave und ich alleine arbeiten wollten.

Wie sind Dave, Martin und Fletch privat?

Die sind ganz nette, ziemlich normale Jungs mit englischem Humor. Martin und Dave waren sehr diszipliniert und gingen jeden morgen ins Fitnesscenter oder sind ins Studio gejoggt. Da habe ich mich oft als Faulpelz gefühlt, da meine morgendliche Aktivität aus einem Gipfeli und einem Kaffee im Whirlpool bestand.

Wie war die Stimmung bei den Aufnahmen in Martin Gores Heimstudio in Santa Barbara?

Gut. Es ist ist tolles Städtchen am Meer, was meiner Produktivität jedoch nicht immer behilflich war. New York ist da besser, da es einfach nicht möglich ist, in dem Trubel zu faulenzen.

Wie sehen Ihre nächsten Projekte aus?

Ich stecke in den Vorbereitungen für eine Platte mit der Band The Big Pink, die ich co-produzieren soll. Dann will ich unbedingt neue Songs für mein Solo-Projekt fertigstellen und wieder mal ein paar Konzerte spielen. Dave und ich werden auch weiter an neuen Songs schreiben. Wir haben schon einen im Kasten, der noch nicht veröffentlicht ist.

Welche Tipps geben Sie Depeche Mode für ihre Gigs in der Schweiz?

Sich Zeit nehmen, um in die Berge zu fahren und unbedingt im See oder Fluss schwimmen. Dazu gehört natürlich eine Flasche Rivella und auch Paprika-Chips müssen reingeschaufelt werden. Sommer in der Schweiz ist traumhaft!

Kurt Uenala

In der Thurgauer 7500-Seelen-Gemeinde Aadorf aufgewachsen, zog es Kurt Uenala 1993 in die USA. In Boston studierte er am Berkely-College Musik bis 1998. Später siedelte er nach New York um, wo er bis heute als DJ, Produzent und Songwriter agiert. Zu seinen Kunden zählt neben Depeche Mode auch Musikgrösse Moby. Unter seinem Pseudonym Kap10Kurt veröffentlicht Uenala eigene Lieder.

Deine Meinung zählt