Schwede erhält IV-Rente – wegen Heavy-Metal-Sucht

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Seltene KrankheitSchwede erhält IV-Rente – wegen Heavy-Metal-Sucht

Ein Schwede hat wirklich Grund zum Headbangen: Weil ein Psychologe seine Heavy-Metal-Liebe als Sucht einstuft, erhält er in seiner Heimat Invaliden-Rente.

Julia Panknin
von
Julia Panknin
Ein paar Heavy-Metal-Fans dürften sich nach dieser Nachricht ein Auswandern nach Schweden ernsthaft durch den Kopf gehen lassen.

Ein paar Heavy-Metal-Fans dürften sich nach dieser Nachricht ein Auswandern nach Schweden ernsthaft durch den Kopf gehen lassen.

Roger Tullgren aus Schweden rannte jahrelang zu verschiedenen Ärzten, um sie davon zu überzeugen, dass er an einer Sucht nach Heavy-Metal-Musik leide. «Ich habe zehn Jahre lang versucht, das als Gebrechen einstufen zu lassen», bestätigt er gegenüber der schwedischen «Local». Er sei süchtig, seitdem sein Bruder ein «Black Sabbath»-Album nach Hause gebracht habe. Damals sei er zwei Jahre alt gewesen, erklärt er.

Und er hatte Erfolg: Ein Psychologe attestierte ihm, dass seine Fan-Liebe als Sucht eingestuft werden müsse. Auf gut Deutsch heisst das: Weil Tullgren im Jahr auf 300 Konzerte gehe, könne er keinen normalen Fulltime-Job ausführen. In seiner Heimat erhält er deshalb Invaliden-Rente.

Für Konzertbesuche bekommt er frei

Der 42-Jährige, der typischerweise lange schwarze Haare und zahlreiche Tattoos trägt, arbeitet halbtags als Tellerwäscher in einem Restaurant in Hassleholm und erhält dank Attest zusätzliche Unterstützung vom Staat.

Sein Chef lässt Tullgren kleidertechnisch tragen, was er möchte. Während der Arbeit darf er seine Musik hören und auch auf Konzerte kann er weiterhin gehen, da sein Vorgesetzter ihm dafür extra frei gibt.

«Er instrumentalisiert seine Fan-Liebe zu seinem Zweck»

Martin Stricker, selbst Heavy-Metal-Musiker und Veranstalter der Zürcher Karaoke-From-Hell-Partyreihe, hat kein Verständnis für die angebliche Sucht des Schweden: «Meiner Meinung nach instrumentalisiert er seine Fan-Liebe zu seinem eigenen Zweck.» Und das obwohl Stricker selbst mit 16 Jahren seine Lehrstelle wegen der Liebe zu Heavy Metal verlor: «Mein Lehrmeister meinte, lange Haare seien als Verkäufer nicht repräsentativ.»

Allerdings sei er damals nicht nur Fan gewesen, sondern habe bereits mit seiner Band Hellhammer selbst Musik gemacht: «Lange Haare gehörten da einfach dazu.» In der heutigen, aufgeklärten Welt können er sich jedoch nicht vorstellen, dass irgendjemand noch seinen Job wegen langer Haare oder Tattoos verliere: «Vor allem nicht in Schweden, wo Heavy-Metal-Musik viel etablierter und akzeptierter ist als bei uns.»

Korrekt

Die Geschichte des schwedischen Metal-Fans, der wegen seiner Metal-Sucht Invalidenrente erhält, hat einen Schönheitsfehler: Sie ist schon älter. Das Attest der Krankheit wurde Roger Tullgren 2007 erteilt. Dennoch dreht die Geschichte aktuell wieder durch die Medien: Sie ist ein virales Topthema. Das ist der Grund, wieso sie auch bei 20 Minuten landete. Wir entschuldigen uns für den Fehler.

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