Abzocker-DebatteVasella wandert in die USA aus
Ex-Novartis-Boss Daniel Vasella hat von der Schweiz genug. Er hat sich im Kanton Zug abgemeldet und ist in die USA ausgewandert. Seine Ex-Wohngemeinde verliert einen guten Steuerzahler.
Ein Geächteter hat von der Heimat, die ihn verstossen hat, genug: Daniel Vasella wandert in die USA aus. Der «SonntagsBlick» zitiert eine «gut informierte» Person und weiss auch, dass sich der langjährige Novartis-Präsident bereits an seinem Wohnort Risch ZG abgemeldet hat.
Die Gemeinde Risch bestätigte auf Anfrage von 20 Minunten Online den Wegzug des langjährigen Novartis-Chefs. Die Abmeldung Vasellas ist laut Gemeindepräsident Peter Hausherrbereits Ende Januar erfolgt - also noch vor der veröffentlichung der Details zu Vasellas 72-Millionen-Abschiedsgeschenk. «Wir bedauern den Wegzug. Herr Vasella hat sich stark für unsere Gemeinde eingesetzt», so Hausherr. Sollte der Umzug in die USA mit der massiven Kritik an Vasellas Person zusammenhängen, sei das Vorgehen nachvollziehbar.
Novartis hatte im Sommer 2011 angekündigt, mehrere Schweizer Geschäftseinheiten, darunter Consumer Health, in die Ortschaft Rotkreuz zu verlegen, die zur Gemeinde Risch gehört. Zudem plant der Pharma-Gigant in Vasellas ehemaligem Wohnort Risch ein Schulungszentrum. Das Projekt wurde 2011 von den Stimmbürgern gutgeheissen, wird derzeit aber durch Einsprachen blockiert.
Mit Vasellas Emigration dürfte die Zuger Gemeinde Risch einen seiner besten Steuerzahler verlieren. Der Novartis-Boss bezog als Verwaltungsratspräsident letztes Jahr rund 13 Millionen Franken. Das dürfte der Gemeinde und dem Kanton Zug Einkommenssteuern von gegen zwei Millionen Franken in die Kasse gespült haben. Hinzu kommen Steuern auf Vasellas Vermögen. Der Top-Manager soll in seiner Zeit bei Novartis insgesamt rund 300 Millionen Franken verdient haben. Ende 2012 besass Vasella laut Geschäftsbericht über 3,1 Millionen Novartis-Aktien, was ihm Dividenden von über 7 Millonen Franken eingebracht haben dürfte.
«Es ist immer Schade, wenn ein überdurchschnittlich guter Steuerzahler wegzieht», so Hausherr. In der Gemeinde werde es aber keine Steuererhöhung geben. Risch ist laut Hausherr breit aufgestellt und verfügt bei Privatpersonen und Firmen über eine Reihe guter Steuerzahler. In den letzten drei Jahren konnte es sich Risch leisten, den Steuerfuss von 67 auf 63 Prozent zu senken.
Bei Novartis will man zum Wegzug von Daniel Vasella keine Stellung nehmen. «Wir sind die falsche Ansprechspartnerin», sagt Novartis-Sprecher Satoshi Sugimoto Auf Anfrage von 20 Minuten Online. Zudem stehe zurzeit auch Daniel Vasella selbst für Anfragen nicht zu Verfügung.
Vasella als «König der Abzocker» beschimpft
In der Schweizer Bevölkerung ist Daniel Vasella seit Jahren als «König der Abzocker» verschrien, der in den Augen vieler unverschämt hohe Gehälter bezog. Seine Unpopularität erhielt vor einigen Wochen nochmals einen neuen Schub, als bekannt wurde, dass er sich ein sechsjähriges Konkurrenzangebot nach dem Ausscheiden bei Novartis mit 72 Millionen Franken vergolden lassen wollte. Nach einem breiten Sturm der Entrüstung verzichtete Vasella schliesslich auf das Geld. Die Abzocker-Initiative war trotzdem nicht mehr zu gewinnen, ging vor Wochenfrist haushoch verloren und Vasella wurde nun auch für seine Verbündeten zum Buhmann; sie schoben ihm die Schuld an der Abstimmungsniederlage in die Schuhe.
Daniel Vasella hat keine Lust, diese allgemeine Negativstimmung gegen ihn weiter erleben zu müssen. Dass er sich die USA als neuen Wohnort ausgesucht hat, macht Sinn. Der millionenschwere Bündner hat einst in Harvard studiert und ist immer noch im Beirat der ruhmreichen Universität. Vor rund zwanzig Jahren lebte er bereits einmal in den Vereinigten Staaten, zwei seiner drei Kinder kamen dort zur Welt und sind deshalb US-Bürger.
Wann wächst Gras über die Vasella-Affäre?
Den Umzug in die USA nachvollziehen, kann auch Kommunikationsberater Klaus J. Stöhlker. «Vasella ist schwer getroffen. Er zieht sich nun auf für ihn sicheres Gelände zurück», sagt der PR-Profi im Gespräch mit 20 Minuten Online. Wenn sich Vasella nun mindestens ein Jahr lang ruhig verhalte, werde die öffentliche Kritik stark abflachen.
Das Abzocker-Image rasch abzustreifen, dürfte Vasella aber dennoch nicht gelingen. Der Top-Manager habe es während seiner Karriere nicht geschafft, seine unternehmerische Leistung genügend ins Zentrum zu rücken, so Stöhlker. «Die Öffentlichkeit hielt ihn immer für einen Egoisten.»