Draghis Worte führen zu Kursfeuerwerk

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EurokriseDraghis Worte führen zu Kursfeuerwerk

Darauf hatte die Finanzwelt gewartet: EZB-Präsident Mario Draghi verkündete in London, dass die Zentralbank alles tun werde, um den Euro zu erhalten. Die Märkte dankten es ihm mit steigenden Kursen.

Der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) Mario Draghi hat am Donnerstag in London die richtigen Worte gefunden und die Hoffnung auf ein weiteres Eingreifen der Währungshüter in der Eurokrise genährt: «Die EZB wird im Rahmen ihres Mandats alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten.» Wörtlich fügte er hinzu: «Und glauben Sie mir - es wird ausreichen.» Die Reaktion der Märkte liess nicht auf sich warten: Der zuletzt massiv unter Druck geratene Eurokurs schnellte in die Höhe. Auch die internationalen Börsen schossen nach oben.

Wichtiger noch als die demonstrative Entschlossenheit werteten Händler Aussagen des EZB-Präsidenten, die auf eine Wiederaufnahme des seit März ruhenden Anleihekaufprogramms der EZB hindeuten könnten. «Die Notenbank dürfte Draghis Andeutungen nun auch Taten folgen lassen», sagte Thomas Amend, Experte des Bankhauses HSBC Trinkaus.

Draghi sagte, sollte der Transmissionsmechanismus für die Wirkung der Geldpolitik durch das hohe Zinsniveau gestört werden, falle dies in den Aufgabenbereich der Notenbank. Mit ähnlichen Formulierungen hatte die EZB bereits früher Eingriffe am Anleihemarkt begründet.

Viele sehen im massiven Kauf von Anleihen durch die Notenbank kurzfristig den einzigen Weg, die hohen Zinsen zu drücken, die Länder wie Spanien oder Italien derzeit am Markt für frisches Kapital bezahlen müssen.

Umstrittene Anleihenkäufe

Fraglich ist aber, wie dauerhaft die Renditen damit gesenkt werden können. Ein Kritikpunkt ist, dass mit einem solchen Eingriff der EZB der Reformdruck in den Krisenländern sinken könnte. Ohnehin sind Anleihenkäufe durch die Notenbank wegen der Nähe zur unerlaubten Staatsfinanzierung durch die Notenpresse umstritten. Das Programm ruht seit Monaten. Daher sorgt jeder Hinweis auf eine mögliche Wiederaufnahme für heftige Marktbewegungen.

So auch am Donnerstag: Nach Draghis Rede schnellte der Kurs des Euro um rund 1,5 Cent nach oben - über die Marke von 1,23 US-Dollar.

Am stärksten profitierten jedoch die angespannten Anleihemärkte der Krisenstaaten Spanien und Italien, also der Krisenherd, auf den die mutmasslichen Eingriffe der EZB zielen würden: Im längeren und richtungsweisenden Laufzeitbereich von zehn Jahren sank die Rendite für spanische Staatsanleihen erstmals seit einer Woche wieder unter die kritische Marke von sieben Prozent.

Bei kurzlaufenden Titeln von zwei Jahren gaben die Renditen sowohl in Spanien als auch Italien noch kräftiger um mehr als einen halben Prozentpunkt nach.

Härtere Sparmassnahmen in Griechenland

Euro-Sorgenkind Griechenland will unterdessen mit einem Bündel noch härterer Sparmassnahmen die internationalen Geldgeber beruhigen. Es geht um Einsparungen in Höhe von mehr als 11,5 Milliarden Euro für die kommenden zwei Jahre.

Am härtesten dürften diese Massnahmen abermals die Rentner treffen. Übereinstimmenden Medieninformationen zufolge soll es künftig in Griechenland keine Renten mehr geben, die 2200 Euro übertreffen. «Wer viel verdient, muss mehr bezahlen», sagte ein hoher Funktionär des Finanzministeriums der Nachrichtenagentur DPA. Kürzungen soll es auch nochmals im Gesundheitsbereich geben.

Die Eckpunkte des neuen, harten Sparprogramms präsentierte der neue griechische Finanzminister Ioannis Stournaras den Experten der Troika von EU, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) am Donnerstag.

Treffen zwischen Barrose und Samaras

Am Abend traf sich EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso mit dem griechischen Regierungschef Antonis Samaras. Er forderte dabei Griechenland erneut eindringlich zu Fortschritten bei seinen Sparanstrengungen auf.

Athen werde der europäischen Währungsunion nur weiter angehören können, wenn es seinen Gläubigern «Ergebnisse, Ergebnisse, Ergebnisse» liefere, sagte Barroso. Samaras unterstrich erneut seine Entschlossenheit zur Umsetzung der Sparvorgaben.

Die EU-Kommission arbeitet Barroso zufolge intensiv an einer Bankenunion. Ein Vorschlag, die Aufsicht über Finanzinstitute bei der Europäischen Zentralbank anzusiedeln, solle im September unterbreitet werden.

Die Sparprogramm sei noch nicht endgültig festgelegt, hiess es unterdessen aus Regierungskreisen. Gerungen wird zudem noch um zahlreiche geplante Privatisierungen.

Die Sparmassnahmen müssen von den Geldgebern genehmigt werden. Die Kontrolleure der Troika wollen sich am Freitag mit Samaras treffen. Vorläufig sei die Abreise am 6. August geplant. Von ihrem endgültigen Bericht hängt ab, ob Athen weitere Gelder aus den Hilfsprogrammen bekommt oder das Land zahlungsunfähig wird. (sda)

Auch der SMI profitiert

Der Schweizer Aktienmarkt hat am Donnerstag kräftig zugelegt. Der Leitindex Swiss Market Index (SMI) startete zwar verhalten in den Handel, nahm aber um die Mittagsstunden Fahrt auf.

Auslöser für den Steigerungslauf in der zweiten Handelshälfte waren Aussagen des EZB-Präsidenten Mario Draghi, der weitere Hilfen für Euro-Krisenstaaten in Aussicht gestellt hatte. Eine zusätzliche Stütze boten besser als erwartet ausgefallene US-Konjunkturdaten.

Bis Börsenschluss notierte der SMI bei 6277,74 Punkten 1,57 Prozent im Plus. Am Nachmittag kletterte der Leitindex zeitweise bis auf beinahe 6300 Punkte. Der breite Swiss Performance Index (SPI) stieg um 1,45 Prozent auf 5807,09 Punkte.

Von den SMI-Titeln legte ABB am stärksten zu: Die Aktie gewann 5,2 Prozent an Wert. Der Industriekonzern hatte zwar mit Umsatz und Gewinn die Erwartungen nicht ganz erfüllt. Erfreulich sei aber der Auftragseingang ausgefallen, hiess es im Handel.

Enttäuscht zeigten sich die Anleger vom Zahlenausweis des Computerzubehörherstellers Logitech. Die Aktie stürzte zunächst ab, erholte sich aber wieder und schloss mit einem Minus von 1,6 Prozent.

Die Finanzwerte erhielten am Mittag von den Äusserungen Mario Draghi's Auftrieb. Am Ende gewannen die Papiere von UBS 2,7 Prozent, von Swiss Life 3,0 Prozent oder von Swiss Re 2,2 Prozent.

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