Ausländer verlassen die Emirate

Aktualisiert

Die Party ist vorbeiAusländer verlassen die Emirate

Das Funkeln der beleuchteten Hochhaustürme von Dubai ist ein beeindruckendes Spektakel für jeden, der nachts in den arabischen Emirates landet. Doch bei Tag gewinnt man in den Golfstaaten inzwischen den Eindruck, dass die Party auch hier bald vorbei ist. Die Ausländer verlassen die Wüste: rund 40 Prozent geben an, die Abreise schon geplant zu haben.

Der Aussenminister von Kuwait, Scheich Mohammed al-Sabah, schätzte im Januar, dass die Golfstaaten durch die globale Finanzkrise und den gesunkenen Ölpreis seit vergangenem Herbst binnen vier Monaten 2,5 Billionen US-Dollar verloren haben.

In den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) wurde die Hälfte aller Bauvorhaben gestrichen oder verschoben. Im schicken Jumairah Beach Hotel in Dubai, wo man früher oft kein freies Bett fand, sind Einzelzimmer jetzt für 2200 Dirham (477 Euro) pro Nacht zu haben. Vor einem Jahr kostete es noch 3800 Dirham.

Zwar hat die Krise die islamischen Banken am Golf später getroffen als andere Kreditinstitute, weil Derivate, Hedgefonds und andere riskante Anlageformen bei ihnen aus religiösen Gründen tabu sind. Doch durch ihre staatlichen Investitionsgesellschaften, die inzwischen Grossaktionäre vieler internationaler Konzerne sind, sitzen sie letztlich doch mit im schlingernden Boot.

So belastet beispielsweise die Subprime-Immobilienkrise in den USA das Ergebnis des Immobilien-Grosskonzerns Emaar Properties aus Dubai, der noch kurz vor Beginn der Krise die US-Immobilienfirma John Laing gekauft hatte.

Die Araber am Golf müssen jetzt zwar noch nicht im grossen Stil ihre Autos und Villen verkaufen müssen. Doch die Nervosität ist gross und sie trifft vor allem die Ausländer. «Es herrscht Panik, einige meiner Bekannten sind schon gefeuert worden und haben das Land verlassen», erklärt eine Journalistin aus Australien, die seit vielen Jahren in Dubai lebt.

Einige der hoch bezahlten ausländischen Manager, die im Finanzviertel von Dubai arbeiten, fahren neuerdings manchmal zum Mittagessen nach Hause anstatt ins Restaurant zu gehen. Das tun sie, weil die Strassen längst nicht mehr so verstopft sind wie noch vor Jahresfrist. So mancher von ihnen hält es ausserdem für angebracht, den Gürtel enger zu schnallen.

Fast die Hälfte geht

Einer Umfrage zufolge, die diese Woche von der «Khaleej Times» in Dubai veröffentlicht wurde, planen 40 Prozent der ausländischen Angestellten in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) im kommenden Jahr, das Land zu verlassen. Sie fürchten, dass sie bald ihren Job verlieren werden.

Gleichzeitig beklagen sie sich aber auch über die gestiegenen Lebenshaltungskosten, die dazu geführt haben, dass das Arbeiten in Dubai oder Abu Dhabi trotz hoher Gehälter nicht mehr so lukrativ ist wie noch vor einigen Jahren.

Zwar ist der Staatshaushalt in Abu Dhabi oder in Katar auch dann noch vollständig durch die laufenden Einnahmen aus dem Energiesektor gedeckt, wenn der Ölpreis unter 40 US-Dollar pro Barrel sinken sollte. Doch für Saudi-Arabien, Kuwait, Oman und Bahrain, wo, als der Ölpreis noch um 100 Dollar höher lag als jetzt, grosse Projekte in Angriff genommen wurden, reicht das nicht aus.

An Reserven nagen oder aufs Eis legen

Sie müssen nun entscheiden, ob sie entweder an ihre Reserven gehen, die sie in den Zeiten hoher Ölpreise angesammelt haben oder ob sie grosse Investitionen in den Energiesektor und Infrastrukturprojekte auf Eis legen.

Selbst in Katar rechnen Experten mit einem Einbruch der Immobilienpreise um 25 Prozent im kommenden Jahr, was nur zum Teil den gesunkenen Preisen für Baumaterialien geschuldet ist. Abu Dhabi, wo deutlich mehr Öl gefördert wird als in der Handelsmetropole Dubai musste den «Brüdern» in Dubai kürzlich mit einem Zehn-Milliarden- Dollar-Hilfspaket unter die Arme greifen, damit diese laufende Kredite bedienen können.

Langfristig sind die Prognosen für die Golfregion jedoch nicht schlecht. Gestritten wird in den Expertenforen der Arabischen Halbinsel derzeit eher darüber, ob ein neuerlicher Aufschwung ein Jahr, drei Jahre oder vielleicht sogar sechs Jahre auf sich warten lassen wird.

Fest steht nur, dass nun auch die Golfaraber, die in Zeiten hoher Ölpreise mit ihren staatlichen Investitionsgesellschaften auf grosse Einkaufstour gegangen waren und sich an internationalen Konzernen wie der Citigroup und der britischen Supermarkt-Kette Sainsbury beteiligt hatten, einen Gang zurückschalten müssen.

(sda)

Deine Meinung zählt