Über dieses Mail stolperte Hildebrand

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Neue EinblickeÜber dieses Mail stolperte Hildebrand

Gleichzeitig mit seinem Rücktritt veröffentlicht Philipp Hildebrand neue Dokumente. Es war eine Flucht nach vorne. Die Schriftstücke hätten den SNB-Präsidenten wohl so oder so gestürzt.

Martin Lüscher
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Martin Lüscher

«Das erleichtert natürlich die Geschichte nicht», sagte der Präsident der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mit Blick auf die beiden Schriftstücke, die nach seiner Darstellung nach der Medienkonferenz vom letzten Donnerstag auftauchten. In der Tat: Die Dokumente stellen Hildebrands bisherige Aussagen in Frage.

Beide Dokumente drehen sich um die zentrale Frage, wer den Auftrag für den Kauf von 504 000 Dollar am vergangenen 15. August gegeben hat. Hildebrand beharrt weiterhin auf seiner Darstellung, wonach es seine Frau Kashya war und er erst tags darauf von dem Geschäft erfuhr. Laut Angaben seines Bankberaters Felix Scheuber hat der damalige SNB-Präsident für Dollartransaktionen jedoch grundsätzlich grünes Licht gegeben. Dies geht aus einer E-Mail und einer Aktennotiz des Sarasin-Kundenberaters hervor.

Mit dem E-Mail reagierte Bankberater Scheuber am 16. August um 08.00 Uhr auf eine E-Mail-Nachricht, die ihn 24 Minuten zuvor von Hildebrand erreicht hatte. Darin zeigt sich der SNB-Präsident überrascht über die Dollartransaktion und wies den Berater an, künftig ohne seine Anweisung oder Bestätigung keine Währungsgeschäfte mehr auszuführen. Hildebrand verwies mit Kopie an den SNB-Chefjuristen und an seine Frau auch auf das SNB-Reglement über Eigengeschäfte. Dieses Mail von Hildebrand wurde denn auch der Sonntagspresse zugespielt, samt einem Mail seiner Frau Kashya, das bestätigt, dass sie die Transaktion in Auftrag gegeben hat.

Die verschwiegene Antwort

Die Antwort Scheubers, die in den Sonntagsmedien nicht auftauchte, lautet wie folgt: «Lieber Philipp, ich habe von dem, was Du unten sagst, gebührend Kenntnis genommen. Ich habe und werde auch die geltenden Handelsregeln der SNB beachten, von denen Du mir früher in diesem Jahr eine Kopie ausgehändigt hast. Was den aktuellen Dollar-Kaufauftrag betrifft: Ja, Kashya gab mir den mündlichen Auftrag, gefolgt von einem späteren E-Mail. Ich erinnere mich auch an Deine Aussage in unserer gestrigen Konversation, dass es für Dich in Ordnung sei, falls Kashya das US-Dollar-Exposure erhöhen will. Beste Grüsse, Felix.»

Die Aktennotiz betrifft das Gespräch, das Hildebrand am 15. August mit seinem Kundenberater geführt hat. Darin hält der Sarasin-Banker unter anderem fest: «Wir haben allgemein über die weltweiten Finanzmärkte sowie über die Aktien- und Devisenmärkte im Besonderen diskutiert.» Unter den Punkten, die Hildebrand ihm in Auftrag gegeben hat, schreibt Scheuber neben den bereits bekannten Aktienkäufen wörtlich: «Erwägen, sein Dollar-Exposure zu erhöhen, aber er wird dies seiner Frau Kashya zum Entscheid überlassen. Später habe ich Kashya in ihrem Büro besucht und sie war sehr interessiert, das zu tun.» Stimmen die Angaben Scheubers, stellt Hildebrand hier einen Freibrief für Dollartransaktionen seiner Frau Kashya aus.

Bankberater Scheuber verschweigt Disput

Beide Dokumente wurden zusammen mit der Rücktrittserklärung heute auf der Webseite der Nationalbank veröffentlicht. Ebenso wie eine briefliche Erklärung des Sarasin-Beraters mit Datum von heute Montag, worin Scheuber dem Hildebrand-Anwalt Peter Nobel versichert, dass ihm der Auftrag für den Dollarkauf von Kashya Hildebrand «aus eigener Initiative mündlich» erteilt worden sei. Scheuber verschweigt darin den Disput zwischen ihm und Hildebrand über die grundsätzliche Freigabe für Dollarkäufe.

Was passiert wäre, wenn diese Dokumente vorzeitig an die Öffentlichkeit gelangt wären, darüber lässt sich nur spekulieren. Hildebrands Situation wäre aber kaum komfortabler geworden. Insofern dürfte der SNB-Präsident die Notbremse gezogen haben, als er am Montag seinen Rücktritt einreichte. «Ich kann es nicht ein für alle Male beweisen, dass es so war, wie ich es erzählt habe», sagte er an der Medienkonferenz.

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