Lärm-IndexZu viele Menschen leiden unter Zürcher Flughafen
Der Zürcher Fluglärm-Index schreibt vor, dass der Fluglärm höchstens 47'000 Personen stören darf. Im Jahr 2011 wurde diese Grenze erneut deutlich überschritten.

Südanflug auf den Flughafen Zürich-Kloten.
Die Zahl der Fluglärm-Geplagten um den Flughafen Zürich ist im vergangenen Jahr erneut gestiegen. 2011 galten 53'700 Personen als lärmbelästigt, das sind 2900 Menschen oder 6 Prozent mehr als im Vorjahr. Vor allem tagsüber ist die Belastung gestiegen.
Die Zahl derjenigen, die während des Tages unter Fluglärm leiden, hat im Vergleich zu 2010 um 3000 zugenommen. Dies entspricht einem Zuwachs von 9 Prozent, wie aus dem Zürcher Fluglärm-Index (ZFI) hervorgeht, der am Montag veröffentlicht wurde.
Stabil blieb hingegen die Lärmbelastung in der Nacht. In der Region um den Flughafen klagten 2011 rund 18'000 Personen darüber, vom Lärm der Flugzeuge geweckt zu werden. Dies sind gleich viele wie 2010, was auf die Mitte 2010 eingeführte, siebenstündige Nachtsperre zurückzuführen ist.
Förderprogramm für Schallschutzfenster
Der ZFI wurde 2007 eingeführt und sieht vor, dass höchstens 47'000 Personen vom Fluglärm gestört werden dürfen, was mit den Zahlen vom Jahr 2011 eindeutig nicht erreicht wird. Die Zahl der Geplagten liegt zum zweiten Mal in Folge darüber. Nur im Jahr 2009 wurde der Monitoringwert nicht überschritten. Die Regierung wird damit verpflichtet, Massnahmen zur Lärmbekämpfung einzuleiten.
Geplant ist ein Förderprogramm, mit dem unter anderem Schallschutzfenster finanziert werden sollen. Das Geld dafür stammt aus dem Flughafenfonds, in dem seit der Verselbständigung des Flughafens 300 Millionen Franken liegen.
Grosser Bevölkerungszuwachs trotz Fluglärm
Hauptgrund für den Anstieg der Lärmgeplagten ist das Bevölkerungswachstum. Die Flughafenregion verzeichnete in den vergangenen Jahren ein grösseres Bevölkerungswachstum als der Kantonsdurchchnitt - und dies trotz Fluglärm.
Um den Flughafen stieg die Einwohnerzahl in den Jahren 2010 und 2011 um 2,4 Prozent an. Die Zuwachsrate für den gesamten Kanton betrug in dieser Zeitspanne nur 1,4 Prozent. Wie die Regierung in einer Mitteilung schreibt, dürfte die Zahl der Lärmgeplagten in den kommenden Jahren deshalb weiter steigen, egal welche Lärmschutzmassnahmen eingeleitet werden. (sda)
Reaktionen reichen von «Kuschelpolitik» bis «Zynismus»
Die Fluglärm-Organisationen und Parteien reagieren grösstenteils empört auf die Präsentation des Zürcher Fluglärm-Index (ZFI) vom Montag. Die Regierung müsse endlich Verantwortung übernehmen und gegenüber dem Flughafen aktiv werden, so der Tenor.
Regelmässig erhebe die Regierung Zahlen, welche die Grenzwerte überschreiten würden und dann werde nichts dagegen unternommen, schreibt die SP des Kantons Zürich. So werde der ZFI ad absurdum geführt. Die Regierung müsse dem Flughafen endlich klarmachen, dass vor allem in den Randstunden weniger geflogen werden dürfe.
Die Grünen bezichtigen die Volkswirtschaftsdirektion in ihrer Mitteilung gar der «Kuschelpolitik» im Umgang mit der Luftfahrtindustrie. Von der 2011 vorgebrachten Idee, den ZFI zu ändern, halten die Grünen nichts. Es sei unlauter, wenn man die Spielregeln ändern wolle, um das Resultat zurechtzubiegen.
«Schuld nicht der Bevölkerung zuschieben»
Der Verein Flugschneise Süd Nein bezeichnet es als «zynisch», wenn Regierungsrat Ernst Stocker das Bevölkerungswachstum als Grund für die Richtwert-Überschreitung angibt. Man dürfe der Bevölkerung nicht die Schuld zuschieben, schreibt der Verein. Die primäre Ursache liege beim Flugbetrieb.
Auch die Region Ost fordert Massnahmen an der Quelle des Lärms. Schallschutzmassnahmen und Richtplanvorgaben seien lediglich Symptombekämpfung, schreibt die Region Ost. Im Gegensatz zu den Grünen stellen diese 86 Städte und Gemeinden im Osten des Flughafens den ZFI aber grundsätzlich in Frage.
Der ZFI als «untaugliches Instrument»
Der ZFI werde zu einem untauglichen Instrument. Wegen des Bevölkerungswachstumes und der zunehmenden Zahl an Flugbewegungen werde es mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein, den einmal festgelegten Grenzwert einzuhalten.
Diese Meinung teilt auch die CVP. Man müsse überdenken, ob sich der ZFI als Steuerungsinstrument wirklich eigne. Der Regierung rät sie zudem, «endlich entschlossener zu handeln». Die präventiven Massnahmen zur Lärmbekämpfung würden zwar vorliegen, die Regierung sei bei der Umsetzung aber sehr zaghaft. (SDA)