«Die Einführung der D-Mark nützt der Schweiz»

Aktualisiert

Ein markiges Interview«Die Einführung der D-Mark nützt der Schweiz»

Eine Studie der UBS sieht den Euro in Gefahr. Balsam für die Seele des Buchautors Bruno Bandulet. Er gibt der Währung höchstens noch vier Jahre.

von
Sandro Spaeth

20 Minuten Online: Herr Bandulet, die Zukunft des Euros ist rabenschwarz. Ist die Währung auf der Intensivstation oder bereits auf dem Sterbebett?

Bruno Bandulet: Der Euro ist zunächst noch auf der Intensivstation; schwer zu sagen, wie lange er noch durchhält. Ich schätze drei bis vier Jahre. Alles was man bisher für die Währung unternahm, dient dem Zeitgewinn. Die Probleme werden damit aber nur verschleppt. Es wird munter weitergewurstelt. Klar ist, so wie der Euro konzipiert wurde, ist er gescheitert. Die Macher aus der Euro-Zone selbst haben die Regeln verletzt.

Was heisst das konkret?

Die Vorgaben betreffend Neuverschuldung und Defizitmaximum wurde von fast allen Staaten nicht eingehalten – auch von Deutschland nicht. Zudem hätte die EZB im Fall Griechenland keine maroden Staatsanleihen aufkaufen dürfen. Die Probleme der Eurozone begannen nicht erst mit der Wirtschaftskrise. Bereits zuvor besass die Währung lediglich Scheinstabilität.

Mit ihrem Buch «Die letzten Jahre des Euro» haben sie den Euro bereits totgesagt und von der Wiedereinführung der D-Mark gesprochen. Wann kommt sie?

Das ist schwer zu sagen. Es ist eigentlich in den Verträgen nicht vorgesehen, dass Länder aus der Eurozone aussteigen. Die neue D-Mark wäre aber sicherlich die eleganteste Lösung für die gesamte Währungsunion. Die schwächeren Länder würden dann die gewünschte Abwertung erhalten. Dies brächte für sie eine grosse Erleichterung.

Die neue D-Mark würde hingegen aufwerten…

Ja, zum Missfallen der deutschen Exportindustrie. Doch an einer starken Währung ist noch nie jemand verarmt. Eine starke D-Mark hätte zudem für Deutschland den Vorteil, dass man die alten Staatschulden in Euro leichter bedienen könnte, da auch sie abgewertet würden. Erleichterung gäbe es auch für den Schweizer Franken, denn mit einer neuen D-Mark hätten die Anleger eine Alternative.

Ist ein Zurück zur D-Mark überhaupt zu realisieren? Wenn die Leute davon Wind bekämen, dürfte der Euro doch enorm unter Druck kommen?

In der Tat könnte man eine solche Aktion nur schwer geheim halten. Fachleute haben mir aber bestätigt, dass in Deutschland eine Währungseinführung möglich wäre. Die Infrastruktur ist noch vorhanden; in der Bundesdruckerei liegen die Notendruckplatten bereit.

Dann haben Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Schäuble dieses Szenario bereits vorbereitet?

Wahrscheinlich haben sie noch keinen Plan. Dafür denkt Merkel einfach nicht strategisch genug. Aber wie gesagt: Der Ausstieg Deutschlands wäre das eleganteste Szenario.

Ist die Eurozone auch ohne Austritt Deutschlands zu retten? Das Hauptproblem sind doch die Ungleichgewichte.

Vernünftig lösen lässt sich dies nicht. Die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der Staaten im Süden lässt sich nicht aufholen. Dafür müssten Griechenland 30 Prozent abwerten, doch das ist in der Währungsunion nicht möglich. Ein Ausweg wäre das Teilen in eine starke Euro-Nord-Zone mit Deutschland, Österreich, Finnland und den Niederlanden sowie einer schwache Süd-Zone mit Griechenland und Spanien und dem Rest. Stellt sich die Frage, wo Frankreich hingehört.

Hätte man Griechenland im Frühjahr besser einfach Pleite gehen lassen sollen?

Möglicherweise schon. Das wäre zumindest für Griechenland einfacher gewesen. Man scheute sich aber vorerst davor; auch weil französische und deutsche Banken massiv in Griechenland engagiert waren.

Könnte nicht auch Griechenland aus der Eurozone aussteigen?

Das ist in der Tat ein Szenario für die Stunde der Wahrheit, wenn auch ein weniger schönes als jenes mit dem Austritt Deutschlands. Die Märkte würden dann nämlich voll darauf setzten, dass Portugal, Irland und andere bald ebenfalls aussteigen dürften.

Sogar die UBS sagt nun, dass die Existenz des Euro in Gefahr sei. Sie aber haben schon lange davor gewarnt. Ist es eine Genugtuung für Sie?

Ja und nein. Man freut sich immer, wenn man recht hat. Doch die Länder in Europa hätten mit dem Experiment Euro am besten nie beginnen dürfen. Eine Fiktion wird immer von der Wirklichkeit eingeholt.

Wurde Deutschland beim Beitritt zum Euro übers Ohr gehauen?

Ja, Deutschland wurde reingelegt. Man versprach Ausgabendisziplin, doch die Staaten haben mit ihrer Schuldenwirtschaft weitergemacht wie bisher. Der Vertrag von Maastricht wurde schlicht und einfach gebrochen. Die Engländer haben das von Anfang an durchschaut und ihre Währung behalten.

Bruno Bandulet

Der Publizist und Dozent Dr. Bruno Bandulet ist 68-jährig und ein Euro-Kritiker der ersten Stunde. Er studierte Geschichte, Politikwissenschaft und Volkswirtschaft. Seit 1979 ist er Herausgeber des monatlichen Informationsdienstes Gold & Money Intelligence (G&M) und seit 1995 Herausgeber des Hintergrunddienstes DeutschlandBrief. Bandulets jüngstes Buch trätgt den Titel «Die letzen Jahre des Euro» und erschien im Juli 2010 im Kopp Verlag. ISBN-Nr. 978-3-942016-35-3

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