«Gold lässt sich nicht vernichten»

Aktualisiert

Ende der Goldrallye?«Gold lässt sich nicht vernichten»

Ist Gold immer noch Gold wert oder verliert das Edelmetall an Attraktivität? Rohstoffexperte Martin Arnold über den Zauber, den Stellenwert und das Ende von Gold.

S. Sturzenegger
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S. Sturzenegger

Herr Arnold, man sagt, etwas ist Gold wert, wenn etwas einen grossen Wert hat. Stimmt diese Aussage noch?

Martin Arnold: Gold ist nach dem Gewicht gemessen immer noch der wertvollste Rohstoff der Welt. Und es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich dies ändern wird.

Der Goldpreis ist in letzter Zeit unter Druck geraten und hat mehr als 5 Prozent eingebüsst.

Wir bewegen uns hier auf einem sehr hohen Niveau. Von der letzten Dekade sind wir uns gewohnt, dass der Goldpreis nur eine Richtung kennt – nach oben. Dieser Trend hat sich gewendet.

Warum?

Investoren und Hedgefonds haben letztes Jahr viel Gold verkauft. Auch die europäischen Zentralbanken und die US-Fed haben im neuen Jahr begonnen, Gold zu veräussern.

Was ist der Grund?

Gold galt in der Krise gegenüber Aktien als sichere Anlage. Offenbar glaubten sowohl Investoren als auch Notenbanken, das Schlimmste in der Finanz- und Wirtschaftskrise sei vorbei. Ich fürchte aber, viele waren zu früh zu optimistisch, wie wir sehen – deshalb hat sich der Goldpreis schon wieder gefangen.

Was ist passiert?

Die Verunsicherung an den Märkten ist immer noch gross. Die Rettungsaktion in Zypern ist das beste Beispiel dafür. Gleichzeitig haben die Zentralbanken in den Schwellenländern in diesem Jahr schon ausgiebig Gold gekauft, weil es günstig ist und Leitwährungen wie der US-Dollar und der Euro abgewertet wurden.

Investoren wie George Soros sollen ihre Goldanteile reduziert haben. Insgesamt sind Bestände um 110 Tonnen zurückgegangen. Ahmen die Anleger sich blind nach?

Ich weiss nicht, ob sie alle Soros kopieren, oder ob es ihre eigene Einschätzung war. Aber nur weil Soros Gold verkauft, ist der Wert dieses Rohstoffs noch nicht verloren. Tatsache ist auch: Noch nie haben Investoren und Hedgefonds so viel Gold gehortet wie heute, nämlich rund 150 Billionen Dollar.

Wie wird sich der Preis entwickeln?

Ich gehe davon aus, dass er vom aktuellen Stand von knapp unter 1600 US-Dollar pro Unze auf über 1700 Dollar steigen wird.

Was macht Sie so optimistisch?

Die Nachfrage nach Gold ist immer noch sehr gross, und das bei einem beschränkten Angebot. Die geförderte Menge wächst jährlich lediglich um fünf Prozent. Und Gold wird immer rarer.

Wer kauft denn das Gold?

Die Inder und die Chinesen, überhaupt ist in den Schwellenländern Gold sehr gefragt. Dort sind nicht nur die Zentralbanken an Gold interessiert, sondern auch Privatleute. Für sie ist Gold eine traditionelle und sichere Form des Investments. Die wachsende Mittelschicht in Indien und China kauft immer mehr Goldschmuck, Barren und Münzen.

Wie gross ist ihr Anteil?

Es ist der grösste Anteil. 45 bis 50 Prozent des gesamten Goldbestandes der Welt sind in den Händen von Privatbesitzern in den Schwellenländern. Das ist dort Big Business. Die Leute sind sich dort noch gewohnt, mit Gold auf dem Markt umzugehen.

Wie meinen Sie das?

Gold ist dort noch ein echter Warenwert. Ich habe das in der Türkei auf einem Basar erlebt. Es gibt ganze Kaufhäuser für den Goldhandel. In den Läden läuft Bloomberg-TV. Die Händler wissen genau, wie hoch der Goldpreis ist, von der Schwäche spüren sie nichts.

Wann haben wir kein Gold mehr?

Wir werden immer Gold haben, denn es lässt sich nicht vernichten oder in Energie umwandeln, wie zum Beispiel Öl. Aber man rechnet damit, dass in 10 bis 20 Jahren alles Gold aus dem Boden geholt wurde.

Was passiert dann?

Immer mehr Leute werden das vorhandene Gold kaufen wollen. Das wird interessant, ich kann nicht sagen, was genau passiert. Sicher ist aber schon jetzt: Die Förderung von Gold wird teurer, weil man immer tiefer graben muss. Heute kostet es im Schnitt 800 Dollar, eine Unze Gold zu schürfen. Es gibt auch Minen, bei denen die Unze 1400 bis 1500 Dollar kostet. Sie sehen: Es gibt mehr Faktoren, die den Goldpreis in die Höhe treiben, als dass sie ihn senken.

Die Schweiz hat Goldreserven von mehr als 1000 Tonnen. Was bedeutet das für unser Land?

Das bedeutet, dass die Schweiz nach wie vor zu den reichsten Ländern der Welt gehört. Und da ich davon ausgehe, dass der Goldpreis weiter steigt, steht die Schweiz gut da.

Martin Arnold ist Analyst bei der internationalen Fondsgesellschaft ETF Securities. Sie nimmt im Bereich Rohstoffinvestments eine Vorreiterrolle ein. Arnold stammt aus Australien. Er arbeitete bei der australischen Notenbank sowie im privaten Bankensektor. (egg)

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