Serono verlässt Schweiz«Grösster Abbau in Genfs Geschichte»
Noch nie habe es im Kanton Genf eine grössere Massenentlassung gegeben als bei der Schliessung des Serono-Hauptsitzes, sagt Staatsrat François Longchamp.

Bei Serono in Genf gehen die Lichter aus.
Der Genfer Staatsrat François Longchamp hat die angekündigte Schliessung des Merck-Serono-Hauptsitzes als eine traurige Nachricht für die Genfer Wirtschaft bezeichnet. Noch nie habe es im Kanton Genf eine grössere Massenentlassung gegeben, sagte er im Westschweizer Radio RTSun. Die Regierung habe, nachdem sie am Montag von Merck Serono über die Abbaupläne vorinformiert worden sei, Massnahmen getroffen, damit die Arbeitsämter die zusätzlichen Arbeitssuchenden betreuen könnten.
Die Arbeitnehmerorganisation Angestellte Schweiz will sich aktiv an der Suche nach Alternativen für die entlassenen Angestellten von Merck Serono beteiligen. Einmal mehr gehe es darum, für den Verbleib von Arbeitsplätzen in der Schweiz zu kämpfen.
Rendite auf Kosten der Angestellten maximieren
Die Offenheit von Merck Serono für Alternativen zu den Entlassungen dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass versucht werde, auf Kosten der Angestellten die Rendite zu maximieren. Trotzdem sollten die Chancen genutzt werden, die sich insbesondere durch den 30-Millionen-Franken-Fonds für Spin-offs und Start-ups eröffneten, so Angestellte Schweiz in einem Communiqué.
Die Schliessung des Hauptsitzes von Merck Serono sei eine bittere Pille für die Branche. Es sei besorgniserregend, dass nach Huntsman und Novartis bereits ein drittes Unternehmen der chemisch- pharmazeutischen Industrie in der Schweiz einen Massenabbau von Stellen plane. Das stimme für die Zukunft wenig optimistisch.
Unangenehme Situation
Für François Naef, den Verwaltungsratspräsidenten von Merck Serono, ist die Schliessung des Hauptsitzes in Genf sehr unangenehm. Der Unterhalt von zwei Hauptquartieren in Europa sei aber schlicht nicht möglich, sagte er auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA.
Es sei ein schwieriger Tag, und die Situation sei ihm unangenehm. Naef ist nicht nur Verwaltungsratspräsident von Merck Serono, er amtiert gleichzeitig auch als Präsident der Genfer Handelskammer.
Merck Serono sei wie die ganze Branche dem anhaltenden Preisdruck im Medikamentenmarkt ausgesetzt, sagte Naef. Gleichzeitig würden die Kosten für Forschung und Entwicklung dauernd steigen. Zudem habe die Firma Rückschläge bei der Kommerzialisierung gewisser Arzneien einstecken müssen.
Fonds von 30 Millionen Franken
Laut Naef hat Merck Serono die Genfer und Waadtländer Behörden über die Abbaupläne in Kenntnis gesetzt. Das Personal sei am Dienstag informiert worden. Die offizielle Konsultationsfrist laufe ab Mittwoch.
Das Unternehmen wende alles auf, um die Restrukturierungsmassnahmen so schmerzlos wie möglich zu vollziehen, versicherte Naef. Mehr als 750 in Genf abgebaute Arbeitsplätze würden anderswo ersetzt, etwa im Waadtland, in Darmstadt (D), Boston (USA) und Peking (China). Die entlassenen Mitarbeitenden würden bei der Stellensuche unterstützt, und es gebe ein Sozialplan. Zur Gründung neuer Unternehmen schaffe Merck Serono zudem einen Fonds von 30 Mio. Franken. (whr/sda/dapd)
Romandie verliert über 1300 Stellen
Der deutsche Chemiekonzern Merck schliesst das Genfer Hauptquartier seines Pharmaablegers Merck Serono. Von den 1250 Stellen werden 500 gestrichen und 750 nach Darmstadt, Boston und Peking verlagert. In den Schweizer Produktionsstätten Aubonne, Corsier-sur-Vevey und Coinsins werden im Zuge von Effizienzsteigerungsmassnahmen rund 80 Stellen abgebaut, wie Merck am Dienstag mitteilte. (AP)